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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
Autoren: Andy NcNab
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Bewegungsfreiheit ging mir auf die Nerven.
    Meine Verletzungen schmerzten kaum noch, aber ich
    musste weiter eimerweise Antibiotika schlucken. Die
    Eintrittswunde war zum Glück sehr gut verheilt.
    Zurückgeblieben war nur eine Vertiefung im Magen, die ebenso hellrosa war wie die verheilten Bisswunden an meinem linken Arm.
    Als ich die letzten Stufen zum Gehsteig hinunterging, sah 571
    ich nach links zu den Leuten hinüber, die an den Tischen vor dem Pub bei einem Drink zur Feier des Wochenausklangs saßen. Der Stoßverkehr am Freitagabend hatte die gesamte Cambridge Street in einen Parkplatz verwandelt. Ich glaubte die Abgas-Schwaden in der frühen Abendsonne bläulich schimmern zu sehen. Die gegenwärtige Hitzewelle war
    ungewöhnlich. Die Temperaturen erinnerten eher an Los Angeles als an London.
    Ich überquerte die Straße zwischen den stehenden
    Fahrzeugen und hielt auf den Gemischtwarenladen an der Ecke zu. Die beiden Asiaten – Vater und Sohn –, die ihn betrieben, kannten mich inzwischen: Dad faltete einen Evening Standard zusammen, als er mich hereinkommen sah. Danach schlängelte ich mich wieder zwischen den Autos hindurch und erreichte den Pub auf der anderen Straßenseite. Drinnen herrschte nicht weniger Gedränge als draußen, und aus voll aufgedrehten Lautsprechern versuchte Robbie Williams den Lärm zu
    übertönen. Der Gestank nach Rauch, schalem Bier und
    Schweiß erinnerte mich daran, dass ich mir einen anderen Pub suchen wollte. Das wollte ich jeden Abend.
    Ich arbeitete mich nach hinten durch, wo es nicht so voll sein würde – und wo es Salzstangen und Erdnüsse gab. Ich begann einige der Stammgäste zu erkennen: traurige Gestalten wie ich, die hier ihrer Einsamkeit zu entfliehen versuchten, oder alte Männer, die Selbstgedrehte rauchten und eine Stunde bei ihrem immer wärmer werdenden Bier saßen.
    Ich bestellte meine gewohnte Flasche Pils, griff mir eine Hand voll Erdnüsse aus einer der Schalen und suchte mir einen Platz in einer Sitznische. In einer saß nur ein alter Mann, der aussah, als sei er mit der British Legion unterwegs gewesen: 572
    Anzug, Krawatte und massenhaft Auszeichnungen und
    Erinnerungsmedaillen. Er saß offenbar noch nicht lange da, denn er hatte seine Flasche leichtes Ale noch nicht in sein halbes Bitter gekippt.
    »Sitzt hier jemand, Kumpel?«
    Er sah auf und schüttelte den Kopf. Ich glitt langsam auf die Sitzbank, wobei ich darauf achtete, dass mein Jeansbein nicht hochrutschte und die elektronische Fußfessel an meinem rechten Knöchel sehen ließ. Dann trank ich einen Schluck Pils und fing an, den Evening Standard zu lesen.
    Auf der Titelseite standen die üblichen
    Katastrophenmeldungen. Die Luftwaffen Äthiopiens und Eritreas hatten vorläufig aufgehört, sich mit ihren MiG-23 zu bombardieren, damit Ausländer aus dem Kriegsgebiet
    ausgeflogen werden konnten. Das war Arbeit, die mir gefiel –
    ein einfacher, ehrlicher Krieg. Bei diesem Scheiß wusste man, woran man war.
    Ich überflog die übrigen Meldungen aus dem Ausland, aber dort stand weiterhin nichts über die Ereignisse in Washington.
    Die Verwundungen, die Josh und der ERT-Mann erlitten hatten, wurden noch immer nicht gemeldet, und ich wusste, dass die Medien nie von ihnen erfahren würden. Bei einer unserer abendlichen Fahrten durch London hatte Lynn mir die amerikanische Parteilinie erläutert. Die Presseerklärung war kurz und knapp gewesen: Eine überarbeitete Mitarbeiterin des Hauspersonals hatte im Keller des Weißen Hauses einen Nervenzusammenbruch erlitten. Dieser kleine Zwischenfall war binnen Minuten bereinigt worden. Die drei
    Spitzenpolitiker waren erst viel später darüber informiert worden. Die Story war nicht mehr als eine Kurzmeldung in der 573
    Washington Post vom Folgetag wert gewesen.
    Ich war froh, dass der ERT-Mann überlebt hatte. Er hatte nur einen Oberschenkelsteckschuss erlitten – etwas, wovon er später seinen Enkeln erzählen konnte. Josh war durch einen Schuss schwer im Gesicht verletzt worden. Lynn sagte, die Kugel habe ihm die rechte Wange aufgerissen, sodass es ausgesehen habe, als reiche sein Mund bis zum Ohr. Wie ich später hörte, war die Operation gut verlaufen, aber ich bezweifelte, dass er jemals ein Angebot bekommen würde, sich für Calvin Klein fotografieren zu lassen.
    Meine einzige Hoffnung war, dass Joshs neue Hinwendung zum Christentum sich zu meinen Gunsten auswirken würde.
    Als ich vor einigen Tagen im Apartment auf die Ankunft des Vernehmungsteams
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