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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
Autoren: Andy NcNab
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Ruder gelaufen ist die Geschichte, als Sarah sich aktiv an den Vorbereitungen für das Attentat beteiligt hat«, sagte er. »Wie hätten wir das unseren Freunden in Übersee erklären können?
    Deshalb haben wir Sie gebraucht.«
    Ich ließ diese Mitteilung auf mich einwirken – wie all den übrigen Scheiß, den ich zu kapieren versuchte.
    579
    Das Ermittlerteam klammerte sich an Strohhalme, um eine Erklärung für Sarahs Verhalten zu finden, und mir erging es nicht viel besser. Ich fragte Lynn: »Wissen Sie, warum sie übergelaufen ist?« Da er alles zu wissen schien, konnte er vielleicht auch diese Frage beantworten.
    »Das werden wir nie ganz sicher wissen, nicht wahr? Ein Mann wie T. E. Lawrence gibt uns noch heute Rätsel auf …
    und wer kennt die wahren Motive Philbys und seiner
    Mitspione?« Lynn machte eine Pause. »Ein Team hat Sarahs Mutter aufgesucht, um ihr die Mitteilung vom Tod ihrer Tochter zu überbringen. Sie ist natürlich traurig gewesen –
    aber auch sehr stolz darauf, dass ihre Tochter sich im Dienst ihres Landes heldenmütig geopfert hat.«
    »Ich dachte, ihre Eltern seien tot.«
    »Nein, nur ihr Vater. Er ist gestorben, als sie siebzehn war.
    Unser Team ist mehrere Wochen lang mit der Mutter im Gespräch geblieben. Es hat sie unter Vorwänden ausgehorcht, wissen Sie, um vielleicht nützliche Hinweise oder
    Querverbindungen zu entdecken.«
    Sarahs Vater, George, hatten die Ermittler erfahren, war in führender Stellung bei einem Ölkonzern tätig und privat ein strenger Erzieher und großer Heuchler gewesen. Er hatte sein gesamtes Arbeitsleben im Nahen Osten verbracht, ohne die Araber jemals zu mögen – außer sie waren von königlichem Geblüt oder reich, am besten beides, und nahmen alles, was aus dem Westen kam, bereitwillig an. Zu diesen »guten«
    Arabern gehörten ganz bestimmt nicht sein
    Hausbesorgerehepaar und dessen neunjähriger Sohn.
    Nach Aussage von Sarahs Mutter war die Freundschaft
    zwischen Sarah und Abed völlig harmlos. Tatsächlich war ihre 580
    Tochter nur sehr einsam gewesen. Aber nach Georges
    Überzeugung steckte in jedem Araber ein Vergewaltiger, der nur auf eine günstige Gelegenheit lauerte.
    Die beiden Kinder waren bald unzertrennlich. Sarah war ein vernachlässigtes Einzelkind mit einem unnahbaren,
    dominanten Vater, mit einer nachgiebigen, lebensuntüchtigen Mutter und ohne Gelegenheit, dauerhafte Beziehungen
    aufzubauen. Man brauchte keine Kummerkastentante zu sein, um zu begreifen, wie selig sie darüber war, endlich einen Freund gefunden zu haben.
    Aber George war diese Freundschaft ein Dorn im Auge.
    Eines Tages kamen Abeds Eltern nicht zur Arbeit. Auch der Junge kam nicht wie sonst nachmittags vorbei. Die ganze Familie schien verschwunden zu sein. Und nur wenige Tage später beendete Sarahs Vater ihren Schulbesuch in Saudi-Arabien und schickte sie in ein englisches Internat.
    Erst nach dem Tod ihres Vaters erfuhr Sarah, was damals passiert war. Als sie ihrer Mutter half, seinen Nachlass zu sichten, stieß sie auf eine goldene Rolex Navigator.
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass Daddy eine Rolex hatte«, sagte Sarah.
    Ihre Mutter starrte die Armbanduhr an und brach in Tränen aus.
    Diese Rolex Navigator, ein Geschenk eines dankbaren
    Geschäftsfreundes, war Georges ganzer Stolz gewesen. Er hatte Abed beschuldigt, sie gestohlen zu haben, und unter diesem Vorwand die ganze Familie auf die Straße gesetzt. Da sie nun im Verdacht standen, ihren Arbeitgeber bestohlen zu haben, würden die drei nie wieder Arbeit finden. Sie würden ihr Leben als »Staubleute« fristen müssen – als Ausgestoßene 581
    der saudiarabischen Gesellschaft, die sich dem Verhungern nahe als Bettler durchschlugen. Sarah wartete, bis ihre Mutter ausgesprochen hatte, und verließ dann das Haus, ohne ein Wort zu sagen. Ihre Mutter hatte sie nie wieder gesehen.
    »Ich halte natürlich nichts von dieser blödsinnigen Masche, alles im Leben mit Kindheitstraumata zu entschuldigen«, sagte Lynn. »Meine Eltern haben mich bis zum zehnten Lebensjahr in ganz Südostasien herumgeschleppt, dann bin ich nach Eton gekommen. Hat mir nie geschadet.«

    Die junge Frau, die mich schon früher bedient hatte, knallte die Speisekarten lustlos auf die Theke. Sie schien die Vorstellung, weitere hundert Portionen Zeug mit Fritten servieren zu müssen, nicht allzu aufregend zu finden.
    Ich entschied mich für die Fleischpastete und ein weiteres Bier. Genau wie gestern Abend und vorgestern Abend. Ein Blick auf die
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