Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicht von dieser Welt

Nicht von dieser Welt

Titel: Nicht von dieser Welt
Autoren: Vanessa Mansini
Vom Netzwerk:
Besucher haben soll …
    Na ja, auf jeden Fall ist er nicht da.
    So, jetzt muss ich Ben wecken, weil ich einen Zahnarzttermin habe. Ich hasse es, Ben zu wecken. Er ist so wunderschön, wenn er schläft. Ihn an sein Kissen gekuschelt zu sehen, ist jedes Mal eine kleine Injektion Glück. Hach.

Schlag in den Nacken
    Veröffentlicht am Samstag, 6. August 2011 – 14:34
    Heute muss ich mal was anderes loswerden. Mein außerirdischer Freund hat sich noch nicht gemeldet. Dafür hatten wir heute Morgen einen Termin beim Frauenarzt. Einen sehr wichtigen Termin. Ich bin immer noch … sehr, sehr durcheinander.
    Wir waren bei der Nackenfaltenmessung. Und als die Ärztin mit dem Ultraschall an der entscheidenden Stelle war, der Nackenfalte, kam da dieses: „Oh!“. Das werde ich nie vergessen. Das ging mir durch den ganzen Körper. Konstantin musste die ganze Zeit Ben ablenken, er hat es erst gar nicht mitbekommen. Aber als wir dann diesen ausgedruckten Zettel bekommen haben mit den ganzen Maßen und Risikowerten, da war alles klar. Das Risiko für Trisomie 21 war bei Ben irgendwo bei 1:Paartausende. Heute war es bei 1:165.
    Natürlich hat meine Frauenärztin zehn Mal gesagt: „Das muss noch gar nichts heißen!“, aber wieso machen wir dann diesen Test? Und wieso hat sie beim letzten Mal erzählt, dass man sich erst bei einem Risiko unter 1:300 Sorgen machen muss. 1:165 ist unter 1:300! Sogar ein ganzes Stück. Oder? Wir sollen die Blutuntersuchung mal abwarten. Die dortigen Ergebnisse können den Wert nochmal deutlich verbessern (aber auch verschlechtern!). Dienstag kann ich sie abholen. Das werden die längsten drei Tage meines Lebens. Ich sitze jetzt schon seit einer Stunde hier und google alles über Down-Syndrom. Ich weiß. Das sollte man nicht machen. Aber ich bin so verdammt allein mit dem Mist.
    Konstantin? Wollt Ihr echt wissen, wie er reagiert hat? Hat sich den Zettel angeschaut. Nix gesagt. Gut, er redet nicht so oft über seine Gefühle und ich dachte: Vor der Ärztin und so. Das will er nicht. Dann waren wir im Auto. Er wirkte sehr nachdenklich. Mir ging es beschissen. Ich frage ihn: „Und? Was denkst du?“
    Er antwortet ungelogen: „Mich nervt’s total, dass die Hertha ausgerechnet heute am Abend spielen muss! Samstag. Warum nicht morgen, wenn ich mir freinehmen kann?“
    Ich hätte ihm eine klatschen können. Ich hätte es wahrscheinlich auch gemacht, wenn Ben nicht dabei gewesen wäre. Ich fauche ihn an: „Was?“
    „Bin total angefixt. Gestern Dortmund – war so ’n klasse …“
    „Das ist dein Problem?“, unterbreche ich ihn wütend. „Dass unser Kind behindert sein könnte – das juckt dich nicht?“
    Er winkt ab.
    „1:165. Immer noch total unwahrscheinlich. Lass uns die Blutwerte abwarten.“
    Sagt es, startet den Wagen und fährt los. Das war es. Kein Wort sonst. Ich hatte dann auch keinen Bock, es nochmal anzusprechen. Habe dicht gemacht. Jetzt ist er schon los ins Restaurant und will versuchen, dass sie dort „wenigstens in der Küche“ einen Fernseher aufstellen können, weil das ja so wahnsinnig wichtig und toll ist, dass die Hertha heute spielt.
    Ich wünschte, Malo wäre hier.

Wespen
    Veröffentlicht am Sonntag, 7. August 2011 – 21:58
    Ich weiß nicht, ob es mein neues Shampoo ist oder dieses beknackte Biohaarfärbemittel, mit dem ich meine Ansätze kaschieren wollte (hat nicht funktioniert!), aber in diesem „Sommer“ lieben die Wespen mich. Manchmal komme ich unten aus der Tür und habe sofort drei Viecher um meinen Kopf herum. Ich hasse es! Eigentlich habe ich nicht wirklich Angst vor denen, aber in den Haaren möchte ich sie wirklich nicht haben. Ich werde zunehmend panisch.
    Warum ich das erzähle? Weil es gleich wichtig wird. Heute Morgen hat Konstantin mal wieder auf Papa gemacht und ist mit Ben auf den Spielplatz gegangen. Wart Ihr mal sonntagmorgens auf ’nem Spielplatz? Nur Väter! Die glauben, mit einmal in der Woche Rutschen und Schaukeln würden sie alles wettmachen. Ich weiß, ich bin unfair. Die müssen arbeiten. Aber Konstantin hat im Moment bei mir verschissen. Er merkt doch, dass ich – seit wir gestern dieses furchtbare Ergebnis bei der Nackenfaltenmessung bekommen haben – neben mir stehe. Aber er sagt nichts, macht nichts, tut so, als ob alles dufte wäre. Auf jeden Fall ist er mit Ben raus und ich hab’s allein hier nicht ausgehalten. Fand mich schon wieder vor dem Computer, um mir Seiten über das Leben mit Behinderten anzuschauen. Also bin ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher