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Nicht von dieser Welt

Nicht von dieser Welt

Titel: Nicht von dieser Welt
Autoren: Vanessa Mansini
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Rote Beete
    Veröffentlicht am Donnerstag, 28. Juli 2011 – 21:12
    Geht das eigentlich nur mir so? Oder würde es nicht super passen, beim Bloggen gemütlich ein Glas Weißwein zu trinken? Ich könnte mich auf unseren Balkon setzen (wenn er fertig wäre), mir die untergehende Sonne ins Gesicht scheinen lassen (wenn sie in diesem Sommer überhaupt mal zu sehen wäre), dort mit dem Laptop im Internet surfen (wenn unser WLAN endlich funktionieren würde) und den Wein genießen (wenn ich nicht verdammt nochmal schon wieder schwanger wäre!). Aber, hey, Kümmeltee ist auch schön. Und hier in meinem (zunehmend falsch benannten) „Arbeitszimmer“, auf das ich ja damals so sehr bestanden habe, kann ich wunderbar vor mich hin pupsen, ohne jemanden zu stören.
    Stefan Müller. So heißt der vermeintliche Traummann. Auf den Namen kommen wir später nochmal zurück. Bei der ersten Begegnung in Konstantins Restaurant habe ich ihn nicht kennengelernt. Er hat mich gar nicht wahrgenommen. Dachte ich. Aber ein paar Tage später hat er mittags im selben Gorilla wie ich gegessen. Da war ich gerade bei Sat.1. Gab’s da beides noch. Gorilla und Sat.1 in Berlin. Gorilla war ein richtig gute Bio-Fast-Food-Kette und ich war eine richtig gute Drehredakteurin für Lifestyle-Reportagen. Damals.
    Als ich ihn im Gorilla sah, dachte ich: ‚Oh … mein … Gott. Was macht der denn hier?‘
    Ab da war er jeden Mittag im Gorilla. Und ich sowieso.
    Nach drei Tagen kamen wir so ins Gespräch über den Rote-Beete-Wrap. Ich habe nur Unsinn vor mich hin gestammelt. Über meine großartigen Eisenwerte und … ja … ich habe ihn sogar gewarnt, dass sein Stuhlgang sich verfärben könnte. Beziehungsweise ich war kurz davor. Aber wie kommt man da raus, wenn man einen Satz anfängt mit „Nicht erschrecken, wenn Sie nachher ’ne rote Färbung in Ihrem …“?
    Ich glaube, ich habe dann „Hemd haben“ gesagt, aber er hat ein T-Shirt getragen. Oder so. Es war auf jeden Fall extrem peinlich. Er hat sich das alles mit so einem unglaublich souveränen Lächeln angehört. Überhaupt wirkte er so überlegen. So … vertrauenswürdig. Anders kann ich das nicht erklären. Ich hätte ihm auf der Stelle all meine Pin-Codes und Passwörter verraten, wenn er mich danach gefragt hätte. Hat er aber nicht. Und nach meiner Telefonnummer auch nicht. Auch nicht am nächsten Tag. Und auch nicht an den anderen. Später mehr.

Suppe sein
    Veröffentlicht am Freitag, 29. Juli 2011 – 13:41
    Gestern musste ich so abrupt aufhören, weil mich wieder einer dieser Müdigkeitsanfälle überkommen hat. Wie am Anfang der ersten Schwangerschaft: Manchmal werde ich bereits um neun schlagartig hundemüde, als ob kleine Menschen sich an meine Augenlider hängen. Mh, ja. Streng genommen ist es ein kleiner Mensch. Ein sehr kleiner Mensch. 4,5 Zentimeter zur Zeit. Ich war eben beim Frauenarzt …
    Zurück zum vermeintlichen Traummann, der gerade meine Welt auf den Kopf stellt. Passende Formulierung, aber dazu später. Im Wartezimmer beim Frauenarzt hatte ich genug Zeit, um nochmal über unsere Begegnungen im Gorilla nachzudenken. Ich bin jetzt sicher: 2008 war das. Es müssen insgesamt sieben Mittagessen gewesen sein. Zwei stumme, dann das mit der Rote-Beete-Stuhlgang-Unterhaltung. Und dann noch vier mehr oder weniger zivile Gespräche beim Essen.
    Oh, nein! Das Babyfon! Bitte nicht, bitte nicht. Noch nicht! (Ben macht Mittagsschlaf, soll Mittagsschlag machen!) Puh, er schläft weiter.
    Auf jeden Fall kam Stefan Müller (der Name, ich weiß …) am Tag vier im Gorilla von ganz alleine auf mich zu und knüpfte bei den Eisenwerten an. Ja! Er wollte wissen, wie ich das mit den guten Eisenwerten mache, von denen ich erzählt hatte. Damit war das Eis gebrochen. Jeden Mittag haben wir nett geplaudert. Glaube ich zumindest. Denn ich habe keinen Schimmer, was ich gesagt habe. Ich war nur auf ihn fixiert. Ich habe seinen Geruch in mich aufgenommen, der sogar stärker (und schöner!) war als der der leckeren Kürbissuppe. Ich habe geschaut, wie langsam und genießend, aber auch unaufgeregt er die Suppe mit seinen wunderschönen Händen gelöffelt hat. Er liebte diese Suppe. Und ich wünschte mir nichts mehr, als diese Suppe zu sein. (Nie zuvor und auch nie wieder danach habe ich mir übrigens gewünscht, eine Suppe zu sein.) Dazu muss man wissen: Konstantin und ich hatten drei Monate vorher geheiratet. Wir waren glücklich, die Zukunft gehörte uns! Ich hatte überhaupt keinen Grund,
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