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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc.
Autoren: Stephanie Linnhe
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zurück. Meine Mutter erstand währenddessen zwei neue Sommerkleider, drei Strumpfhosen, einen Gürtel, zwei Glamourtops und einen Augenschutz, gegen den jede Fashionbrille einschläfernd wirkte. Nachdem sie mich müde gehetzt hatte, kaufte ich das nächstbeste Kostüm, das mir halbwegs passte.
    Nachmittags rief meine Oma an und überprüfte alle Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt. Ob mein erster Arbeitstag wirklich am Montag wäre. Ob es wirklich in Camlen war. Ob die Firma wirklich ABM hieß. Ob man mich wirklich abholen wollte. Ob ich schon gegessen hätte.
    Mein Bruder Robert kam vorbei und beglückwünschte mich zwischen zwei Schlucken Bier zu meinem Triumph. Allerdings klang er, als würde er mich auslachen. Vielleicht lag das auch daran, dass er fragte, ob ABM eine Firma zur Vermittlung von Facility Managern sei.
    Kim zitierte mich am Abend zu sich nach Hause. Ich erzählte ihr von der Mail und der Antwort.
    Sie fand es ohne Frage höchst interessant. »Wenn jemand dahintersteckt, den wir kennen, sagst du einfach, du hättest nur mitgemacht, um zu sehen, wo seine kleine Inszenierung noch Lücken aufweist.«
    »Lücken?« Ich verstand gar nichts mehr.
    Kim hob die Arme wie eine Tempeltänzerin. »Eine Alibi-Erklärung solltest du schon bereithalten.«
    »Was, wenn es da um etwas ganz anderes geht? Wenn es gefährlich ist?«
    »Nala.« Kim kräuselte ihre Lippen. »Das ist Camlen. Die wissen nicht einmal, wie man Verbrechen schreibt.«
    »Wäre ich ein Krimineller, würde ich mir auch einen harmlosen Ort suchen und meine Opfer dorthin locken.«
    Sie kicherte. »Gut, dass du keine Kriminelle bist, weil sie dich sofort drankriegen würden. Mach dir mal keine Sorgen. Ich würde dich ja fahren, aber ich muss ausnahmsweise an der Uni auftauchen. Gespräch mit dem Prof.«
    Daran, jemanden zur Sicherheit mitzunehmen, hatte ich noch gar nicht gedacht.
    »Irgendwer sollte mich begleiten«, murmelte ich.
    »Frag doch deine Eltern«, gab Kim sich unbekümmert. »Oder deinen Bruder. Da findet sich schon jemand.«
    Manchmal kannte sie meine Leute wirklich schlecht.
     
    Pa ließ sich in meinem Zimmer blicken, als ich von Kim zurückkehrte, und drückte mir einen Becher Kokosmousse samt Löffel in die Hand.
    »Hier, zur kleinen Feier.«
    Ich drehte das Silber zwischen Daumen und Zeigefinger. Er beobachtete mich genau.
    »Bist du aufgeregt?«
    Ich überlegte, probierte etwas Mousse und atmete aus. »Pa, kannst du mich morgen nach Camlen bringen?«
    Ich sah, wie sich die Sorgenfalten auf seiner Stirn ausprägten, eine nach der anderen.
    »Was ist los, Nala? Du wolltest ihnen doch schreiben und um mehr Informationen bitten. Haben sie zurückgeschrieben? Was genau macht ABM denn nun?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist komisch.«
    »Was meinst du? Die Firma? Der Job? Hast du aufgeklärt, dass du dich überhaupt nicht beworben hattest?«
    Er nickte, so als wollte er mir die Antwort vorausnehmen.
    Ich nickte nicht mit.
    Er blinzelte ungläubig. »Du hast es nicht …?«
    »Ich habe ihnen zurückgeschrieben, dass ich nicht weiß, wo ich hin muss. Spätestens da hätte ihnen der Fehler ja auffallen müssen, oder?«
    Ich merkte, wie ich mich rechtfertigte, und das passte mir ganz und gar nicht.
    Pa fuhr mit einer Hand über sein glatt rasiertes Kinn. Ich konnte die Erkenntnis in seinen Augen lodern sehen.
    »Deshalb willst du, dass ich dich fahre.«
    Ich nickte nachdrücklich und erzählte ihm von den vergeblichen Recherchen und Staceys seltsamen Angaben. Danach schwiegen wir beide eine Weile, bis er sich räusperte. »Das klingt, als hättest du mehr als die Hälfte ausgelassen. Du hättest gründlicher nachhaken sollen.«
    »Was hättest du denn getan?«
    »Geschrieben, dass ich durchaus in der Lage wäre, das Gebäude zu finden, und nach der genauen Adresse gefragt.«
    Unter normalen Umständen hätte ich das auch. Ich ärgerte mich, dass mich Alessia, Oma und Robert so sehr auf die Palme brachten, dass mein gesunder Menschenverstand nicht funktioniert hatte.
    Doch nun war es zu spät. Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen und bemerkte, wie sie zitterten. »Ich pass schon auf mich auf.«
    Ich klang sorglos und unbeschwert, obwohl mir tief im Inneren absolut nicht so zumute war.
    Pa kannte mich zu gut, um mir durch seine Skepsis noch mehr Angst zu machen. Nachdem er gegangen war, umarmte ich mein Kissen, sank langsam und theatralisch auf mein Bett und schloss die Augen.

3
    Ehreneskorte
     
     
     
    A m nächsten
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