Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc.
Autoren: Stephanie Linnhe
Vom Netzwerk:
dass du bald Glück mit der Jobsuche hast«, bemerkte sie und öffnete eine Brangelina-Fanseite . »In deinem Alter ist es wichtig, auf eigenen Füßen zu stehen.«
    Sie war die einzige Mutter in meinem Bekanntenkreis, die ihre Tochter aus dem Haus haben wollte. Ehe ich hier wieder eingezogen war, hatte sie mein Zimmer in einen begehbaren Kleiderschrank verwandelt.
    Aber sie hatte vollkommen recht. Ich überlegte, ihr von der E-Mail zu erzählen, allerdings hatte sie sich bereits in die News der Seite vertieft. Seufzend wandte ich mich ab und tappte in mein Zimmer.
     
    Am nächsten Tag wurde meine Situation nicht besser. Am Abend hatte ich lange gegrübelt, und dann verfolgte mich die Chefsekretärin bis in meine Träume, sodass ich kaum geschlafen hatte. Ich war mit dem Gefühl aufgewacht, eine große Chance zu verschenken.
    Um mich abzulenken, fuhr ich zu meiner Oma. Immerhin hatte ich Zeit und ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich länger nicht blicken ließ. Außerdem wollte ich nach dem Gespräch mit Alessia seelisch versorgt werden, und Omas waren schließlich für solche Dinge da.
    Meinen Entschluss bereute ich schnell, genau genommen fünf Minuten, nachdem ich mich zu Oma an den Küchentisch gesetzt hatte.
    Großeltern fragten immer nach der Schule, der Arbeit oder der Ehe. In keiner dieser Disziplinen konnte ich eine Medaille aufweisen. Oma dachte nicht daran, deswegen das Thema zu wechseln.
    Mist, damit hatte ich in meiner Gutgläubigkeit nicht gerechnet. Bluthunde und alte Menschen hatten oft viel gemeinsam. Ich wusste nicht, ob das an ihrer Hartnäckigkeit lag oder an der Tatsache, dass sie es nicht anders kannten.
    »Und, was macht deine Stellensuche?«
    Ich studierte das Blumenmuster der Tasse und merkte, dass meine gute Laune mir entglitt wie ein glitschiger Fisch, den ich mit bloßen Händen zu halten versuchte.
    »Bisher noch nichts.« Ich verschwieg ABM geflissentlich. Bis ich die ganze Internetsache erklärt hatte, wären meine Nerven durch den Boden gesickert.
    Meine Oma schüttelte leicht ihren Kopf und starrte zu unserem Familienfoto an der Wand.
    Ich ahnte, was nun kam.
    »Robert hat damals auch viele Bewerbungen geschrieben, aber dann hat es doch geklappt«, begann sie das Loblied auf meinen älteren Bruder.
    Ich verdrehte die Augen und hoffte, sie würde es bemerken und zur Abwechslung auf Dinge wie schlechtes Benehmen eingehen. Sie tat mir den Gefallen nicht.
    »Die Ausbildung war nicht leicht, da musste er sich anstrengen und konzentrieren«, fuhr sie unbeirrt fort. »Aber er ist übernommen worden«, beendete sie ihre Ode mit stolzgeschwellter Brust.
    Mein Bruder arbeitete als Lagerist bei Absolom, einem Getränkemarkt am Rand von Westburg. Das war kein Job, um den ich ihn beneidete, aber er war nun mal Omas Lieblingsenkel. Da brachte es wenig, ihr zu erklären, warum meine Ausbildungsfirma mich nicht hatte übernehmen können.
    Heute war ich empfindlicher als sonst, also stellte ich die Tasse ab und stand auf. »Ich muss los.«
    »Was hast du denn vor?«
    »Bewerbungen schreiben«, antwortete ich ein wenig eisig.
    »Ja, man muss immer dran bleiben.« Sie lächelte mich an und zeigte auf ihren Herd, wo drei chromblitzende Töpfe standen. »Willst du noch etwas zu essen mitnehmen?«
    Sie war trotz allem die Mutter meines Vaters.
     
    Zu Hause stürzte ich in Alessias Arbeitszimmer. In meinen Ohren rauschten die vorwurfsvollen Worte meiner Mutter mit Omas Lobpreisungen auf Robert um die Wette.
    Sie hatten beide vollkommen recht. So ging das nicht weiter.
    Am Schreibtisch wühlte ich die Tastatur unter Hochglanzmagazinen und Parfümproben hervor, rief die Mail von ABM auf und kaute an meiner Unterlippe.
    Sollte ich wirklich?
    Ich klickte den Antworten-Button an.
    Und nun? Sollte ich die Zeilen lapidar und in der Annahme formulieren, einem Streich aufgesessen zu sein, oder ernsthaft schreiben, um mehr Informationen zu erhalten?
    Beides gefiel mir nicht. Ich musste einen Mittelweg finden.
     
    Sehr geehrte Frau Enn, ich bedanke mich für Ihre rasche Antwort.
     
    Nein, das war nicht gut. Ich wusste nicht, ob es sich überhaupt um eine Antwort handelte. Sollte es ein Witz sein, durfte ich hier nicht von Dank reden.
    Ich grummelte, löschte den Satz wieder und startete einen zweiten Versuch.
    Sehr geehrte Frau Enn, ich beziehe mich auf ihre Mail vom
     
    Ich sah noch einmal auf das Datum und fügte es ein.
     
    Da dieser jegliche Angaben bezüglich genauer Uhrzeit und Ort fehlen, ist es mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher