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Neverwake

Neverwake

Titel: Neverwake
Autoren: Tobias O. Meissner
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eine vollkommen unübersichtliche Friendly-Fire-Situation bezwungen. Marek Scheer und Smugglerboy etablierten sich bald als SubKo m mandeure, jeder von ihnen scheuchte etwa fünf weniger en t schlossene Mitspieler durch die schleim- und säuretriefenden Gänge.
    Das Gemetzel dauerte etwa drei Stunden, dann zerbarst die dritte und massigste Alien-Queen unter einem Raum-Beiboot, das über ihr hängend entkoppelt worden war. Der Jubel und Beifall im Erinnerungen an Akalabeth war ohrenbetäubend. Rêve war die Größte, die Schönste, die Klügste, sie hatte wieder einmal gesiegt, und die sechs durchgeschwitzten Nerds, die bis zuletzt an ihrer Seite verblieben waren, hatten jetzt das Charisma von Helden. Smugglerboy hatte bis zum Ende überlebt, Marek Scheer ebenso. Sie waren jetzt beide für mindestens ein Jahr Ritter in Rêves digital erlesener Tafelru n de.
    Selbstverständlich unterhielt sich Rêve anschließend noch mit ihren sechs Galanen, sie wußte ganz genau, wie man Hörigkeit auf Lebenszeit erzeugt. Marek Scheer spreizte sich penetrant und kündigte sich selbst als künftigen Gildemeister an. Rêve hatte solche Sprüche schon millionenfach gehört. Smugglerboy war schüchterner, wagte es kaum, ihr in die Augen zu sehen, deshalb fand sie ihn viel interessanter.
    »Und du?« fragte sie. »Hast du gar keine Lust auf die Gilde der Meister?«
    Sogar ihr Atem roch nach exotischen Früchten.
    Smugglerboy gestand ihr, daß er und sein bester Freund zwar grafische Konzepte h ä tten für Kämpfer in klassischer Sword ’ n ’ Swashbuckler-Manier, aber noch nicht die nötigen Connections, um diesen Figuren Leben einzuhauchen.
    Rêve lächelte ein glitzerndes Lächeln.
    »Wie soll dein Kämpfer denn heißen?«
    Smugglerboy wurde von ihrem Lächeln gepfählt. Wenn er jetzt zugab, daß er und Suicider sich noch nicht mal auf einen Namen hatten einigen können, würde sie ihn auslachen, und die Erinnerung an ihren süßen Atem würde alles sein, was ihm von dieser Begegnung blieb. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Der einzige wirklich gute Name, der ihm einfiel, war Suicider, aber den gab es ja schon.
    Smugglerboys Blick schweifte hilfesuchend umher. Das Erinnerungen war voller Werbeslogans und breit ausgestellter Herstellernamen. Buchstaben, die von überallher auf ihn einprasselten wie ein Hornissenschwarm. In dem jetzt erblind e ten Monitor, vor dem sie standen, spiegelte sich der Stray-Freighter -Schriftzug : RETHGIERF YARTS in gedrechselten, spiegelverkehrten, roten Buchstaben. RETHGIERF. RHETGRIEF. RHETT GRIEF. Die Entscheidung mußte jetzt fallen, jetzt, in absoluter Nullzeit.
    »Red Grief«, antwortete Smugglerboy wie in Trance. »Roter Gram.«
    Rêves Lächeln wurde intimer.
    Der Stummfilmschauspieler Ivor Novello in einem scharlac h farbenen Umhang, das blasse, ausdrucksvolle Gesicht vom kreuzförmigen Schatten eines Fensters konturiert.
    Suicider würde stolz auf ihn sein.
    Dies war die Geburt des roten Kummers.
     

_Blick_zurück_auf_den_Zorn_
    Eine Gegenüberstellung von Darina Esch
     
    Am Anfang war wohl Rollerball.
    Obwohl man auch The most dangerous game (Graf Zaroff – Genie des Bösen) anführen könnte, den es bereits 42 Jahre länger gibt, der jedoch zwar den potentiell tödlichen Extre m sport »erfindet«, aber noch zu sehr privatistisch und pervers ist, um als offiziell anerkannte Sportart durchzugehen.
    Sieht man sich den Original- Rollerball heute an, stechen einem zuerst die fürchterlichen Klamotten ins Auge und das läche r lich machohafte Gespreize, das James Caan pausenlos an den Tag legt. Frauen sind in diesem Film – ähnlich wie in Soylent Green – nur Inventar und Statussymbol für potente großbrus t korbige Alpha-Männchen. Die Story ist dünn, die Kulissen sind so unglaubwürdig steril, wie man sich im zwanzigsten Jah r hundert unsere Gegenwart oft vorstellte.
    Aber Rollerball transportierte etwas, einen Keim, der mehrere Jahrzehnte im Untergrund vor sich hinschlummerte und erst zu Beginn unseres Jahrhunderts – begünstigt auch durch das energetische Remake – richtig aufblühte. »In nicht allzu ferner Zukunft wird es keine Kriege mehr geben – aber dann gibt es Rollerball.« Eines von beidem muß es geben. Krieg oder Spiele. Wir haben das erstere durch das zweitere ersetzt, und wer würde sich ernstlich darüber beklagen wollen? Ist es nicht ein Zeichen von Zivilisiertheit, daß wir heute Kriege nur noch spielen, anstatt sie tatsächlich zu führen? Die Virts tun ihren
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