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Das Juwel der Elben

Das Juwel der Elben

Titel: Das Juwel der Elben
Autoren: Alfred Bekker
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Kapitel 1
    Ein Ungeheuer wird gezähmt
    „Vorsicht, Daron!“
    Sarwen sah das riesige Fledertier auf ihren Bruder zufliegen. Wenn es die lederigen Flügel ausbreitete, war es so breit wie ein Haus. Scharfe Zähne blitzten in dem Maul des ansonsten vollkommen dunklen Geschöpfs auf. Die Arme waren mit den Flügeln verwachsen, während die Hinterbeine in kräftigen Krallenfüßen endeten.
    Das Fledertier stieß einen Schrei aus, der so durchdringend war, dass Daron im ersten Moment glaubte, er würde taub. Elben hatten ein sehr empfindliches Gehör, und Daron machte da keine Ausnahme: Der durchdringende, schrille Ruf des Fledertiers verursachte einen höllischen Schmerz in seinen Ohren.
    Dann stieß das geflügelte Monstrum einen fauchenden, drohend klingenden Laut aus.
    Daron warf sich zu Boden, rollte sich um die eigene Achse, sodass ihn die Krallen an den Hinterbeinen des Fledertiers verfehlten. Ein wütender Laut und ein weiterer schriller Schrei waren zu hören –
    aber diesmal schmerzte es Daron nicht mehr in den spitz zulaufenden Ohren, die unter dem feinen, dunklen Haar hervorschauten. Der Elbenjunge hatte seine magischen Kräfte angewandt und mit ihnen den schrillen Schrei gedämpft.
    Das Fledertier flog davon, und Daron rappelte sich wieder auf. Der Schmutz, durch den er sich gewälzt hatte, blieb an seinem mit Elbenseide durchwirkten Wams nicht haften.
    Daron stand wieder auf beiden Beinen. Er umfasste mit der Rechten kurz den Griff des Dolchs, den er am Gürtel trug.
    Seine Zwillingsschwester befand sich mehrere Schritte von ihm entfernt. Der Wind fuhr ihr durch das lange Haar, das ihr bis über die Schultern fiel. Auch bei ihr stahlen sich die spitzen Ohren immer wieder durch das feine Elbenhaar. Sarwen trug ein Kleid, das aus der gleichen Elbenseide gewebt war wie Darons Wams.
    „Alles in Ordnung?“ , fragte sie. Aber Sarwen sprach nicht laut. Es war nur ein intensiver Gedanke, doch der reichte völlig aus. Die beiden Elbenzwillinge waren so eng miteinander verbunden, dass sie oft die Gedanken des anderen verstehen konnten.
    „Ja“, sagte Daron laut und setzte noch in Gedanken hinzu: „Bis auf die Tatsache, dass dieses Riesenviech im Moment nicht auf uns hört!“
    Sarwen verstand auch diesen stummen Gedanken. Die beiden Elbenkinder befanden sich mitten in der gebirgigen Wildnis von HochElbiana auf dem Kamm eines Höhenzugs. Von dort oben konnte man im Westen das Meer sehen. An der Küste lag Elbenhaven, die Hauptstadt des Elbenreichs von Elbiana. Im Osten erhoben sich schroffe Felsmassive und zum Teil schneebedeckte Gebirge. Ein zerklüftetes, unwegsames Land. Einer dieser Felsen hatte die Form eines Turms und wurde deswegen Elbenturm genannt.
    Daron und Sarwen waren von Elbenhaven aus auf dem Rücken des Riesenfledertiers geflogen. Mit ihrer Magie hatten sie den Geist des Tiers gelenkt.
    Doch auf einmal wollte ihnen das Monstrum auf einmal nicht mehr gehorchen!
    Ein ganzes Jahr versuchten sie bereits, das Riesenfledertier zu zähmen, das sie verletzt in einer Schlucht gefunden hatten. Die Elben waren berühmt für ihre Heilkunst, und auch wenn die Zwillinge natürlich keine ausgebildeten Elbenheiler waren, so verstanden sie doch genug davon, um ein Riesenfledertier mit gebrochenen Flügeln gesund zu pflegen. Einen Namen hatten sie ihm auch gegeben. Rarax nannten sie das fliegende Ungetüm. Das war eigentlich der Name eines gezackten Felsen an der Küste nördlich von Elbenhaven. Der Schatten, den dieser Felsen warf, erinnerte nämlich an die ausgebreiteten Schwingen des Riesenfledertiers.
    Rarax flog in einem weiten Bogen in Richtung des Elbenturms.
    „Wir haben ihn verloren!“, vernahm der Elbenjunge Sarwens Gedanken.
    Daron sah sie an, und seine Augen füllten sich dabei vollkommen mit Schwärze, sodass nichts Helles mehr darin zu sehen war. „Nicht, wenn wir unsere magischen Kräfte vereinen!“, meinte er.
    Offenbar war Daron noch nicht bereit aufzugeben. Zu viel Mühe hatten sie in die Zähmung des Monstrums gesteckt. Erst hatten sie Rarax mühsam gefüttert und gepflegt, bis er wieder einigermaßen wiederhergestellt war, und dann versucht, aus ihm ein Reittier zu machen, das seinen Besitzern ebenso treu folgte wie ein Elbenpferd. Elbenpferde reagierten bereits auf die Gedanken ihrer Reiter –
    zumindest wenn es sich dabei um Elben handelte. Diese Pferde brauchten keine Zügel und liefen niemals fort.
    Genauso stellte sich Daron auch die Eigenschaften eines gezähmten Riesenfledertiers
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