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Neverwake

Neverwake

Titel: Neverwake
Autoren: Tobias O. Meissner
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reinrassiger Furcht ergriffen. Zum zweiten Mal war er jetzt so weit gekommen, zum ersten Mal heute ließ die Zusammenarbeit mit Centipede sich nichtig gut an – und schon wieder sollte er knapp an Rêve vorbeischrammen? Wie alt mußten er und Suicider denn noch werden, um endlich einen Einstieg in die Liga zu finden?
    Viel konnte nicht mehr fehlen. Die Scanner zeigten eine größere Halle im Süden – wahrscheinlich die Mannschaftska n tine –, die noch verschlossen war. Sie fanden den Türöffnung s code in der Privatkabine des Schiffskochs, in der fette Milben von der Decke hingen, die sich beim Flammen wie Popcorn zu unförmigen Eiweißklumpen verformten. Es war auch bei dieser Mission nicht nötig, daß sie beide am Ende noch lebten, es mußte nur alles Extraterrestrische ausgelöscht werden. Also verfiel Smugglerboy auf eine Taktik, die er von Suicider gelernt hatte: Er wies Centipede an, außerhalb der Kantine in Deckung zu gehen, rollte sich dann unter dem langsam hoc h fahrenden Schott durch – inzwischen wurden Winnie Mamba und Partnerin als neuntes Team benannt – und löste dahinter alles aus, was er an Granaten, Minen, Bomben und Raketen mit sich führte. Das irrsinnige Feuerwerk mündete in eine Kette n reaktion von Explosionen, die Smugglerboys Spielfigur in ihre sämtlichen Polygone zerfetzte. Es gab ein gewisses Restrisiko, daß irgendwelche Aliens dem Inferno entkamen, in diesem Fall hätte Centipede nun noch in der Kantine nachsäubern müssen, aber der Plan ging auf. Das letzte Alien-Lebenszeichen erlosch gleichzeitig mit dem Übertragungssignal, das Centipede auf ihrem Split-Screen-Segment von Smugglerboys Status unte r richtete. Sie waren das zehnte Team. Sie durften mit Rêve s pielen. Nur achtzehn Sekunden nach ihnen beendete Team 11 die Mission, und das Wehklagen und Schimpfen dieser beiden Virts war im gesamten verwinkelten Erinnerungen zu hören.
    Smugglerboy legte Centipede eine Hand auf die Schulter, vielleicht sogar nur, um sich aufzustützen, vielleicht aber auch aus tief empfundenem Dank. Centipede lächelte nicht, ihr Mund war dünn und gerade wie ein Strich, aber sie strahlte, sie leuchtete genauso von innen heraus wie der Bildschirm, dem sie die ganze Zeit huldigten.
    Jetzt wurde umstrukturiert.
    Die zwanzig Spieler, die sich für den Traum qualifiziert hatten, wurden auf neue Monitore in der Mitte des Raumes verteilt, damit die ursprünglichen Zuschauer und die jetzt zum Z u schauen verdammten Ex-Spieler gut sehen konnten. Die Techniker vom V-League-Channel- Lokalfenster gaben sich gegenseitig Okay-Zeichen als Bestätigung dafür, daß die Übertragung pünktlich losgehen konnte.
    Dann erschien Rêve . Sie trug ein metallisch glänzendes Nichts, das ihr wahrscheinlich direkt auf die Haut gepinselt worden war, wackelte mächtig mit den muskulösen Hinterbacken und gab allen zwanzig Mitspielern nacheinander lachend die Hand. Centipede fühlte sich abgestoßen von der Billigkeit und Prim i tivität, die Rêves Persona ausstrahlte, aber allein Rêves Pher o mon-Parfum reichte schon aus, alle männlichen Mitspieler in artig fiepende Hündchen zu verwandeln.
    Die Mission trug den Titel Queen Bitches. Es ging darum, in den labyrinthischen Maschinen- und Beiboothangardecks des havarierten Raumfrachters das Alien-Hauptnest aufzuspüren und die drei unterschiedlich großen Insektenköniginnen zu vernichten. Rêve spielte sich selbst, ein fast fotorealistisch exaktes Duplikat in einem hautengen, feucht aussehenden Raumanzug, wahrend die zwanzig Mitspieler als klobige Battle-Armour-Schwadron unter ihrem Kommando durch die Gänge stapften. Centipede hielt nicht lange durch. Sie wurde bereits als dritte der einundzwanzig Verwegenen von den scharfkantigen Widerhakenarmen gottesanbeterinnenähnlicher Alien-Nest-Soldaten durchbohrt und zersägt, aber das war ihr ziemlich gleichgültig. Sie hatte ihr Ziel schon längst erreicht: nicht vollkommen dabei zu versagen, Smugglerboys großen Auftritt im Fernsehen zu ermöglichen. Von jetzt an war das sein Spiel, und er spielte für sie und Suicider und Daigoro und für wen immer sie noch kannten und mochten mit.
    Die Jungs wetteiferten alle darin, wer von ihnen Rêve am spektakulärsten das Leben retten konnte, und Rêve verkörperte diese Beauty-in-Distress-Rolle erstaunlich überzeugend, wenn man bedachte, daß ihre Figur so gut wie untötbar war. Winnie Mamba schied irgendwann aus, seine freche Freundin hielt sogar länger durch und wurde erst durch
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