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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Autoren: Andrea Schacht
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aufzuhalten, was den Gefangenen im Turm anbelangte. Und am gestrigen Tag hatte er ihre Nachricht erhalten, dass sie ihn sprechen wollte.
    Je nun, sprechen …
    Alles hatte seinen Preis, und Gislindis verlangte den ihren. Nicht in Gold oder Silber, sondern in der Form persönlicher Aufmerksamkeit. Kein unbotmäßig hoher Preis, fand Marian, denn Gislindis war ein hübsches Weib, und er hatte genügend Selbstvertrauen, ihr einen wonniglichen Nachmittag bereiten zu können. Feurige Küsse wollte sie und sanftes Kosen, mochte sein, dass sie auch weitere Aufmerksamkeiten zärtlicher Art zu würdigen wusste.
    Gewiss aber Honigkuchen und gewürzten Wein.
    Und Rosen.
    Beschwingt machte er sich auf den Weg zur alten Burgmauer, wo Mats Schlyffers ein kleines Häuschen bewohnte. Marians Mutter zufolge hatte einst ihre Halbschwester Aziza darin gelebt, doch dann war es bei einem bösen Anschlag auf
ihr Leben niedergebrannt worden, und sein Großvater, Conrad Bertolf, hatte es wieder aufgebaut. Indes – Aziza hatte Leon de Lambrays geheiratet und war mit ihm nach Burgund gezogen.
    Das Häuschen schmiegte sich in eine ganze Zeile recht gepflegter Fachwerkbauten, in denen Handwerker, kleine Händler und Geldwechsler ihre Geschäfte betrieben. Als er an die hölzerne Tür pochte, stellte Marian tatsächlich so etwas wie ein leichtes Herzklopfen fest, das nicht nur etwas damit zu tun hatte, dass er neugierig auf die Nachrichten war, die Gislindis ihm angekündigt hatte.
    Die junge Frau öffnete ihm selbst, und für einen Moment verschlug es ihm die Sprache.
    Üblicherweise begleitete Gislindis ihren Vater auf die Märkte, durch die Straßen und Höfe, gekleidet in einen Kittel, dessen Saum oft staubig war, mit bloßen Beinen, die blonden Haare mit einem Kopftuch bedeckt. Heute hatte sie sich ein blaues Gewand angezogen, das sauber und adrett bis auf die lederbeschuhten Füße fiel, und zwei schimmernde Zöpfe wanden sich zu einer Krone um ihr Haupt. Sie lächelte ein wenig spöttisch.
    Er nahm die Blumen aus dem Korb und reichte sie ihr.
    »Die Rosen, schöne Gislindis, steckt in Euer Haar. Dort gehören sie hin, um ihren Zauber zu mehren.«zu
    »Eine Dornenkrone für mich, Herr Marian?«
    »Ich nahm ihnen den Stachel, nur Duft und Süße sind ihnen geblieben und samtzarte Blätter.«
    »Samtzart wie Eure Zunge, Herr!«
    »Glaubt Ihr?«
    »Hören tue ich es schon, das Weitere wollen wir im Hause klären. Tretet ein, Herr Marian.«

    Das untere Geschoss war, wie in den Handwerkerhäusern üblich, dem Werken gewidmet, und so fand sich denn auch ein Schleifstein nahe dem Fenster, und vielerlei Klingen und Scheren lagen aufgeräumt auf Wandborden. Doch vor dem Kamin stand ein breiter Tisch, bleich geschrubbt, schimmernd gewachst und mit einem bestickten Tuch belegt. Auf den Holzbänken lagen ein wenig abgenutzte Polster, und eine Schale mit Äpfeln und Trauben lud zum Zugreifen ein.
    »Euer Vater …?«
    »Besucht am Sonntag seinen Freund.«
    Gislindis nahm Marian den Korb ab und blickte neugierig hinein.
    »Noch mehr Süße, Herr Marian? Ihr kommt mit großzügigen Gaben. Oder wollt Ihr Euch damit loskaufen?«
    »Aber nimmermehr, liebliche Gislindis. Unser Haus hat den Ruf, ehrlichen Handel zu treiben.«zu
    Gislindis nickte unerwartet ernst und setzte sich. Marian nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz.
    »Ja, Herr Marian, das habt Ihr. Und auch Mats Schlyffers ist ein ehrlicher Mann, dem ich keine Schande machen werde. Und darum wird unser Handel kurz sein. Denn ich habe Euch nichts zu bieten.«
    »So sagt Ihr.«
    »So sage ich. Denn mein Angebot lautete, Euch zu berichten, wer den einhändigen Mörder gedungen hat. Und diese Frage kann ich Euch nun nicht mehr beantworten.«
    »Verstarb der Nordmann im Kerker?«
    »Nein, Herr Marian. Er entkam ihm.«
    Mit Mühe unterdrückte Marian ein hässliches Wort. Dann dachte er schweigend nach, während die junge Frau ihn still
beobachtete. Schließlich sagte er: »Der Turm ist gut bewacht, die Mauern dick, der Mann lag im Fieber – so war meine letzte Kenntnis.«
    »Und so war es auch. Doch gestern Nacht verschwand der Heide.«
    »Doch nicht durch die Macht seiner barbarischen Gottheit?«
    Ein hauchdünnes Lächeln zeigte sich in Gislindis’ Gesicht.
    »Warum glaubt Ihr das nicht?«
    »Ich glaube viel, Liebliche, doch weder an Geister noch Dämonen und schon gar nicht an heidnische Götter, die durch Mauern greifen und halbtote nordische Riesen entführen.«
    »Die Wachen aber glauben
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