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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Autoren: Andrea Schacht
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genau dies.«
    »Tröpfe.«
    »Wohl kaum.«
    »Goldgierige Tröpfe!«
    »Schon eher.«
    »Wer?«
    Gislindis zuckte mit den Schultern.
    »Ich höre viel, ich sehe viel, Mats Schlyffers spricht seine eigene Sprache.«
    »Ein neuer Handel?«
    »Wenn Ihr wollt.«
    »Zum selben Preis?«
    »Wenn Ihr könnt.«
    Marian lachte laut auf.
    »Wollt Ihr eine Probe, liebliche Gislindis?«
    Gislindis schenkte ihm einen langen Blick aus ihren Augen. Grün waren sie nicht, grau waren sie nicht, blau auch nicht. Sie schillerten im Licht der Sonne, das durch die kleinen runden Glasscheiben des Fensters fiel.

    Marian fühlte sich schwindelig. Gislindis war ein seltsames Weib. Spöttisch und herausfordernd auf den Gassen, geheimnisvoll in ihren dunklen Andeutungen, flink an Geist und Zunge, bereit zu jedweder Tändelei – und doch entzog sie sich einem jeden, der ihr näher kam. Er hatte es sich leichter vorgestellt, mit ihr zu verhandeln, dachte, bei einem heiteren Spiel in den Federn ihr Lust zu bereiten. Aber nun fühlte er sich befangen und wie gelähmt von ihrem verwirrenden Blick.
    »Gebt mir von dem gewürzten Wein, Herr Marian. Und einen Honigkuchen.«
    Ihre Stimme war leise, rau und lockend. Doch sie blieb sitzen, regungslos.
    Marian löste sich aus dem Bann ihres Blickes, stand auf, nahm zwei tönerne Becher vom Kaminsims und füllte Wein aus dem Steinkrug, den er mitgebracht hatte. Die Kuchen legte er vor sie hin.
    Sie nahm den Wein und nippte daran.
    »Eure Mutter weiß Tränke zu mischen«, murmelte sie.
    »Wein und Most, ja. Mit Kräutern aus ihrem Garten und Gewürzen aus unseren Truhen.«
    »Ja, ja, doch die Zutat, die Liebe weckt, verrät sie nicht!«
    Gislindis’ schillernde Augen glitzerten.
    »Was wollt Ihr damit sagen?«, fragte Marian sie streng.
    »Nicht, dass sie eine Zaubersche ist. Da gibt es ganz andere. Trinkt mit mir, Herr Marian. Es ist nur der Wein Eurer Mutter.«
    Natürlich – er hatte ihn selbst abgefüllt, hergetragen und in die Becher gegossen.
    Er trank.
    Dann erhob er sich. Sie tat es ihm gleich.

    »Ich werde Euch Nachricht senden, wenn ich etwas höre.«
    »Tut das, liebliche Gislindis.«
    Er stand vor ihr. Sie waren gleich groß, denn Marian war ein zierlicher Mann. Einen Augenblick lang war er versucht, ihr einen Kuss auf die Lippen zu drücken, doch eine ungewöhnliche Scheu hielt ihn zurück.
    »Sagt Eurer Schwester, die Scheren und Messer, mit denen die Trauben geschnitten werden, soll Mats Schlyffer bald schleifen.«
    Verblüfft sog er den Atem ein.
    »Was wisst Ihr?«
    »Was ich der wohledlen Frau Alyss sage, wenn sie mir einen Silberling gibt und mich in ihre Hände schauen lässt.«
    Dann lachte Gislindis, drehte sich mit schwingenden Röcken um, ging zur Haustür und öffnete sie.

5. Kapitel
    D as Erntedankfest war vorüber. Man hatte eine ganze Woche auf dem Gut derer vom Spiegel in Villip verbracht, eine heitere Zeit, für Alyss auch deshalb, weil ihr Gatte es vorgezogen hatte, sie nicht zu begleiten. Nun aber hatte der Himmel sich bewölkt, und ein heftiger Herbststurm hatte just eingesetzt, als sie wieder in Köln eingetroffen waren. Die tägliche Arbeit wurde um das Schaffen von Vorräten für den Winter erweitert. Die Körbe voll Pilze, die sie mitgebracht
hatten, mussten gesäubert und zum Darren aufgefädelt werden, ebenso Apfelringe und Birnenschnitze. Trauben vom Gut wurden auf Binsenmatten ausgebreitet, damit sie zu Rosinen trockneten, die Nüsse verlesen und in Jutesäcke abgefüllt. Die wollenen Winterkleider und Umhänge wurden aus den Truhen geholt und gelüftet; hier und da musste ein Mottenloch gestopft werden, eine zerschlissene Nestel ersetzt oder ein Saum neu umgenäht werden. Hedwigis und Leocadie füllten die Leinenbeutelchen mit getrocknetem Lavendel, damit die Sommergewänder vor Ungeziefer geschützt wären, Lauryn erntete die letzten Kräuter und hängte sie gebündelt im Lagerraum auf, und Alyss bereitete nach einem Rezept ihrer Freundin Catrin aus feinstem Schmalz, weichem Bienenwachs und allerlei Heilkräutern eine Salbe, die gegen Frostbeulen helfen würde. Tilo und Frieder mussten die Dächer von Hühner- und Pferdestall ausbessern, und Arndt kümmerte sich um seine Weinfässer, die über den Rhein zu den niederländischen Häfen transportiert werden sollten.
    Man ging einander aus dem Weg, bis auf die abendliche Mahlzeit. Die allerdings verlief zumeist in tiefem Schweigen. Auch die üblichen Gäste blieben aus – Merten, Arndts Stiefsohn, ein
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