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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen
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würde.
    Niemand, der dieses schmale Persönchen mit dem herzförmigen Gesicht so dasitzen sähe, in engen Hosen und einem weißen Hemd, die Beine untergeschlagen, käme auf die Idee, dass sie im zweiten Monat schwanger war.
    »Bev.«
    »Brian, ich hab' dich gar nicht gehört.« Sie drehte sich um, im Begriff aufzustehen, und hielt dann inne. »Oh.« Die Farbe wich aus ihrem Gesicht, als sie das Kind auf seinem Arm erblickte, aber sie fing sich rasch wieder und machte den beiden Dekorateuren, die sich wegen einiger Muster nicht einig wurden, ein Zeichen. »Brian und ich müssen die endgültige Auswahl noch besprechen. Ich rufe Sie gegen Ende der Woche an.«
    Nachdem sie sie unter Versprechungen und Schmeicheleien hinausgedrängt und die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, holte sie tief Luft und legte eine Hand schützend über ihren Bauch.
    »Das ist Emma.«
    Bev rang sich ein Lächeln ab. »Hallo, Emma.«
    »'lo.« In einem Anflug von Schüchternheit vergrub Emma ihr Gesicht an Brians Hals.
    »Emma, möchtest du ein bisschen fernsehen?« Brian gab ihr einen aufmunternden Klaps auf den Po. Als sie nicht reagierte, fuhr er verzweifelt fort: »Hier in dem Zimmer steht ein schöner großer Fernseher. Du und Charlie, ihr könnt auf dem Sofa sitzen.«
    »Ich muss Pipi«, flüsterte sie.
    »Ja, dann...«
    Bev blies ihre Ponyfransen aus der Stirn. Beinahe hätte sie gelacht, wäre ihr nicht so elend zumute gewesen. »Ich bring' sie auf die Toilette.«
    Aber Emma klammerte sich noch fester an Brians Hals. »Ich glaube, ich bin der Auserwählte.« Er führte sie ins Bad, warf Bev noch einen hilflosen Blick zu und schloss die Tür.
    »Kannst du schon, äh...« Er brach ab, als Emma ihr Höschen abstreifte und sich setzte.
    »Ich mach' nicht mehr in die Hose«, meinte sie sachlich. »Mama sagt, nur dumme, ungezogene Mädchen tun das.«
    »Du bist ja auch schon groß.« Er unterdrückte einen neuerlichen Wutanfall. »Und schon so klug.«
    Sie war fertig und kämpfte sich in ihr Höschen. »Kommst du mit, fernsehen?«
    »In einer Weile. Ich muss erst mit Bev reden. Sie ist wirklich lieb, weißt du«, fügte er hinzu und hob sie zum Waschbecken. »Sie lebt auch mit mir zusammen.«
    Emma spielte einen Moment mit dem fließenden Wasser. »Wird sie mich schlagen?«
    »Nein.« Er nahm sie fest in die Arme. »Niemand wird dich je wieder schlagen, das verspreche ich dir.«
    Gerührt trug er sie an Bev vorbei in ein Zimmer mit einem gemütlichen Sofa und einem großen Schrankfernseher, den er einschaltete und eine lustige Schau aussuchte. »Ich bin bald zurück.«
    Emma sah ihm nach, als er das Zimmer verließ, und bemerkte erleichtert, dass er die Tür offenließ.
    »Wir gehen besser hier hinein.« Bev zeigte zum Wohnzimmer. Dort setzte sie sich wieder auf den Boden und machte sich an den Mustern zu schaffen. »Es scheint, dass Jane die Wahrheit gesagt hat.«
    »Ja, Emma ist meine Tochter.«
    »Das sehe ich, Bri. Sie sieht dir so beängstigend ähnlich.« Sie fühlte aufsteigende Tränen und hasste sich dafür.
    »O Gott, Bev.«
    »Nein, lass mich«, sagte sie, als er den Arm um sie legen wollte. »Ich brauche eine Minute Zeit, es ist ein Schock.«
    »Für mich war es auch einer.« Er zündete sich eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. »Du weißt, warum ich mit Jane Schluss gemacht habe.«
    »Du hast behauptet, sie hätte dich am liebsten mit Haut und Haaren vereinnahmt.«
    »Sie war unbeständig, Bev. Sie war schon so, als wir noch Kinder waren.«
    Noch konnte sie ihm nicht ins Gesicht sehen. Sie selbst hatte ihn beschworen, Jane wiederzusehen und die Wahrheit über das Kind herauszufinden. Mit gefalteten Händen starrte Bev auf den staubigen Marmorkamin. »Du hast sie lange gekannt.«
    »Sie war das erste Mädchen, mit dem ich geschlafen habe. Ich war gerade dreizehn.« Er rieb sich die Augen, wünschte, es wäre nicht so einfach, sich zu erinnern. »Mein Vater war regelmäßig betrunken und steigerte sich dann in einen seiner berüchtigten Wutanfälle, bis er das Bewusstsein verlor. Dann habe ich mich immer im Keller versteckt. Eines Tages war Jane da, als ob sie auf mich gewartet hätte, und bevor ich mich versah, hatte sie mich in den Klauen.«
    »Bri, du musst nicht alles wieder aufrühren.«
    »Ich möchte, dass du Bescheid weißt.« Er ließ sich Zeit, sog den Rauch ein und stieß ihn langsam wieder aus. »Jane und ich hatten anscheinend viel gemeinsam. Bei ihr zu Hause gab's auch immer Krach, und nie war genug Geld
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