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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen
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seinen Gefühlen in einem Lied, einer Melodie oder einer Tonfolge Luft machte. Sie setzte sich neben ihn und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
    »Er war einer von uns«, sagte Brian nach einer kurzen Pause. »Er war von Anfang an bei uns.«
    »Ich weiß.«
    »Als ich sah, wie er seine Hände auf dich legte, da hätte ich ihn am liebsten eigenhändig umgebracht. Und jetzt... Ich kann kaum glauben, dass all das wirklich geschehen ist. Warum?« Er drehte sich um und nahm seine Tochter in die Arme. »Warum um alles in der Welt hat er das getan?«
    Emma hielt ihn an sich gedrückt und lauschte dem Geräusch der Wellen. Keinesfalls durfte sie ihm die Gründe für Petes Taten erklären. Wenn er die wahren Beweggründe für dessen Handlungsweise erfahren würde, könnte er nie wieder mit Leib und Seele Musik machen. »Ich weiß es nicht. Und wenn wir ein Leben lang darüber nachgrübelten, es würde doch nichts bringen. Wir müssen damit leben, Papa. Nicht vergessen, sondern verarbeiten.«
    »Ein neuer Anfang?«
    »Um Gottes willen, nein.« Sie lächelte leicht. »Um nichts in der Welt möchte ich noch einmal von vorne anfangen, nicht jetzt, wo ich endlich weiß, wohin ich gehöre. Ich muss nie wieder vor etwas Angst haben, und ich werde mir nie wieder die Schuld an Darrens Tod geben, denn diesmal bin ich nicht weggelaufen.«
    »Es war nie deine Schuld, Emma.«
    »Keinen von uns trifft Schuld. Komm herein.« Sie schob ihn ins Zimmer, in die Wärme, dann ging sie schweigend zum Fernseher und schaltete ihn ein. »Ich möchte hören, wie dein Name genannt wird.«
    »Jetzt wird's ernst, Leute.« Als die Kandidaten für den Song des Jahres angekündigt wurden, legte Johnno Brian die Hand auf die Schulter.
    Emma hielt den Atem an, dann lachte sie befreit auf, als die Namen Brian McAvoy und Johnno Donovan fielen. »Ich gratuliere! Ach, ich wünschte, ich hätte euch den Preis überreichen können!«
    »Nächstes Jahr«, grinste Johnno.
    »Das ist ein Versprechen«, bestätigte Emma ernst. »Es bedeutet, wir dürfen nicht zulassen, dass diese Ereignisse unser Leben ruinieren. Ich...« Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie.
    »Aha, der liebestrunkene grauäugige Bulle naht«, spottete Johnno.
    »Du halt dich geschlossen.« Emma war schon an der Tür, den aufgeregt hechelnden Conroy dicht auf den Fersen. »Michael?«
    »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.« Michael hielt den Hund am Halsband fest. »Alles okay?«
    »Alles okay. Wir verteilen gerade Glückwünsche. Papa und Johnno haben den Preis für den Song des Jahres gewonnen.«
    »Eigentlich wollten wir gerade gehen.« Bev griff schon nach ihrem Mantel. Wenn sie je einen Mann gesehen hatte, der mit einer Frau allein sein wollte, so war es Michael. »In der Küche ist noch Tee«, fügte sie hinzu. Ehe Emma Einwände erheben konnte, umarmte Bev sie. »Die Zeit ist zu kostbar, um sie zu vergeuden«, murmelte sie dann. »Michael, ich danke dir.«
    Nacheinander verließ die kleine Gruppe das Haus, während ein gelangweilter Conroy sie beschnüffelte und sich dann gähnend in eine Ecke verzog.
    »Du hast doch nichts dagegen, wenn wir morgen abend alle zusammen essen?« wollte Emma wissen.
    »Nein.« An den morgigen Tag wollte er gar nicht denken. Nur das Heute zählte. »Komm her.« Er streckte die Arme nach ihr aus, und als sie sich an ihn schmiegte, hielt er sie nur wortlos fest. In den vergangenen Stunden hatte er gedacht, er habe seine innere Ruhe wiedergefunden, doch jetzt brach alles wieder über ihn herein.
    Beinahe hätte er sie für immer verloren.
    Emma spürte, wie seine Muskeln sich spannten. »Bitte nicht«, flüsterte sie. »Es ist vorbei. Diesmal ist es wirklich vorbei.«
    »Schscht.« Michael presste seinen Mund hart auf den ihren, wie um sich davon zu überzeugen, dass sie wirklich da war. Lebte. Ihm gehörte. »Wenn er...«
    »Er hat nicht.« Sanft nahm Emma sein Gesicht zwischen ihre Hände. »Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Ja.« Er löste sich von ihr und schob die Hände in die Hosentaschen. »Wenn du eine Dankesrede halten willst, bring es hinter dich.«
    Emma legte den Kopf schief. »Wir hatten noch keine Gelegenheit, miteinander zu reden.«
    »Es tut mir leid, dass ich nicht mit dir zurückkommen konnte.«
    »Das verstehe ich. Vielleicht war das ganz gut so, so sind wir beide ein wenig zur Ruhe gekommen.«
    »Ich werde damit einfach nicht fertig.« Ihr Bild stand ihm noch allzu lebhaft vor Augen, wie sie halb über dem Abgrund geschwebt hatte.
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