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Nackige Engel

Nackige Engel

Titel: Nackige Engel
Autoren: Max Bronski
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besorgt um sein Wohlergehen und Fortkommen geblieben. Nie traktierte ihn ein arbeitsloser Alkoholikervater, auch ging seine Mutter nicht auf den Strich. Keine Prolls, sondern gediegene Bürger. Verständnis brachte man ihm im Übermaß entgegen, aber er lehnte alle Angebote ab. Eigentlich wollte er nicht mehr vom Leben, als lässig mit seinen Freunden und einer Bierflasche in der Hand durchs Viertel tackern. In ihrer Hauptschule waren die Milchgesichter nun aber mit einer Türkengang aneinandergeraten, die sie gehörig aufmischte.
    – Vorne keine Zähne mehr, Arm gebrochen, Kiefer auch.
    Er erzählte von seinem Freund. Daraufhin hatten sie überlegt, was sie von den Türken unterschied, und waren darauf gekommen, dass sie Deutsche waren. Wenn er nicht gerade seinen Pass hatte vorzeigen müssen, war ihm das bislang ziemlich egal gewesen. Aber bei den national Gesinnten stand es hoch im Kurs. Eine Haltung war das nicht oder vielleicht noch nicht, was er da kundtat, sondern Unbeholfenheit. Vor allem aber wurde klar, dass er und seine Kumpels noch nicht organisiert, sondern allenfalls Sympathisanten der rechten Szene waren.
    – Jetzt mal zur Sache, was ist eigentlich passiert, dass sie dich so zugerichtet haben?
    Mit Ben habe er wegen einer Frau Stress gehabt. Auch schon mal handgreiflich. Beim gestrigen Stammtisch seien sie dann von den NKM aufgefordert worden, bei einer Aktion mitzumachen.
    – NKM?
    – Nationale Kameraden München.
    – Und worum ging es?
    – Diesem Kabarettisten, der sie so verarscht hat, einen Denkzettel zu verpassen.
    – Wolfertshofer?
    Er nickte. Genau das hatte ich befürchtet. Wolfertshofer war zu sorglos.
    – Und was wäre euer Part gewesen?
    – Seine Wohnung ausfindig machen. Er steht nicht im Telefonbuch.
    Das war eine gute Nachricht.
    – Aber?
    – Ich wollte nicht.
    Mit einer Menschenjagd wollte Maik dann doch nichts zu tun haben. Ben habe ihn daraufhin als feige Sau angeprangert. So sei es schließlich zu einer Prügelei gekommen, bei der sich seine anderen Kumpels auf Bens Seite gestellt hätten. Man habe ihn fertiggemacht und ihm gesagt, er solle sich verpissen.
    – Und deine Eltern?
    – Meine Mutter hat den achtzehnten Geburtstag abgewartet. Dann bin ich bei ihr rausgeflogen. Wegen dieser Nazisachen. Seither haben wir nicht mehr miteinander geredet. Und zu dem Kumpel, bei dem ich immer unterkriechen konnte, kann ich ja nun auch nicht mehr zurück.
    – Und was willst du von mir?
    Verlegen herumdrucksend starrte er auf den Boden.
    – Vielleicht könnte ich bei dir pennen? Und dass du mir für morgen eine Starthilfe gibst? Einen Fünfziger oder so.
    Ich drehte mir eine Zigarette und dachte nach. Schließlich gab ich mir einen Ruck und ging in die Kammer nebenan. Die Klappliege hatte ich zuletzt für meine Pflegetochter aufgebaut.
    – Okay, hier kannst du schlafen. Eine Nacht.
    Ich deutete auf sein Sweatshirt und meinen Bullerofen.
    – Wenn du dieses Teil entsorgen möchtest, dort hinein. Und jetzt lass mich allein, ich habe noch zu tun.
    Er hörte, gehorchte und verschwand in der Kammer. Seufzend griff ich mir das Telefon. Ich hatte einige Namen im Kopf, die mir in seinem Fall einen Tipp geben konnten.

10
    Ich wachte morgens noch vor meinem Wecker auf. Mein Verstand war so klar wie eine Isarquelle. Zuerst ging ich zum Bäcker und holte Hörnchen. Dann ließ ich einen großen Kaffee durchzischen. Maik streckte wenig später seinen Kopf aus der Tür. Ich gab ihm ein Sweatshirt aus meinem Schrank, und wir frühstückten anschließend. Er wirkte bedrückt. Natürlich wusste er nicht, wie es nun weitergehen sollte.
    – Fertig?, fragte ich.
    Er nickte. Ich hatte ein Kuvert für ihn fertig gemacht.
    – Hier sind drei Chancen für dich. Erstens die Handynummer deiner Mutter. Die neue. Ich habe gestern noch mit ihr geredet. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass ihr euch wieder arrangiert und sie dich neu eintopft. Zweitens die Nummer meines Freundes Hinnerk. Er arbeitet in einer Gärtnerei in Astbach. Dort suchen sie einen Lehrling. Könnte ja sein, dass du einen guten Eindruck machst. Und zuletzt noch fünfzig Euro. Und jetzt ab die Post!
    Er hatte noch immer diesen verstellten Blick nach unten, dieses Am-Boden-Stochern. Immerhin gab er mir die Hand. Er wandte sich zur Tür.
    – Eins noch, sagte ich.
    Er drehte sich um.
    – Wo finde ich diesen Ben und seine Freunde?
    – Burg Berneck. Hinter dem Gotzinger Platz. Aber alleine würde ich da nicht reingehen.
    – Mach’s
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