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Goettin meines Herzens

Goettin meines Herzens

Titel: Goettin meines Herzens
Autoren: Elizabeth Beacon
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1. KAPITEL

    Mit dem Auge des Besuchers betrachtet wirkte Wychwood Court auf Mrs. Miranda Braxton noch imposanter, als sie es in Erinnerung hatte. Nach ihrem fünf Jahre währenden Exil kamen ihr die goldgelben Steine des prächtigen Tudorherrenhauses hinter dem feinen Dunstschleier geradezu einladend vor, und sie lehnte sich in ihrem Sitz zur Seite, um das Haus noch eingehender zu betrachten. Unwillkürlich dachte sie dabei an ihren jugendlichen Leichtsinn, denn all dies hier gab sie damals unbekümmert für Nevin Braxton auf, nur um festzustellen, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte.
    In der Woche, in der es ihr erlaubt war, sich auf dem Anwesen aufzuhalten, musste es ihr lediglich gelingen, die Fassung zu bewahren, weshalb sie Tante Clarissa und Cousine Celia wohl besser aus dem Weg ging. Sie fragte sich, warum ihr Großvater auf ihrer Anwesenheit bei der Verlesung seines Testaments bestand, da er ihr doch unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, ihr nie wieder Zutritt zu seinem Haus gewähren zu wollen. Allerdings ist es nun auch nicht mehr sein Haus, also ist es ihm wohl auf recht schlaue Weise gelungen, Wort zu halten, dachte Miranda. Da sein Erbe indes der Sohn eines Mannes war, den er zutiefst verabscheute, musste sich ihr Großvater ob der Anwesenheit so vieler Kuckuckseier in seinem wertvollen Nest indes wohl im Grabe umdrehen.
    Selbst im Norden Wales sprach man davon, welch tüchtiger Geschäftsmann der Erbe Lord Carnwoods sei. Insgeheim musste Miranda darüber lachen, da sie wusste, wie unwillkommen diese Nachricht in Wychwood aufgenommen worden sein musste. Selbst wenn er, wie man sagte, mit seinem Geschäftssinn zu großem Vermögen gekommen war, musste es Tante Clarissa wahrhaft verhasst sein, dass er den noblen Namen Alstone mit der Anrüchigkeit profaner Geschäfte beschmutzte. Miranda sinnierte eine Weile über die abstruse scheinheilige Heuchelei der aristokratischen Gesellschaft und fragte sich, auf welche Weise wohl nach Meinung ihrer Tante die Familie zu ihrem Vermögen gekommen war.
    „Das sieht Seiner Lordschaft ähnlich, sein Testament erst Monate nach seinem Tod verlesen zu lassen. Er ist immer ein eigensinniger alter Brummbär gewesen“, bemerkte Leah, Mirandas Zofe und Gesellschafterin, als die Kutsche ihr Tempo verlangsamte. „Sieht aus wie immer, nicht wahr?“, fuhr sie danach schroff fort, was Miranda erkennen ließ, dass Leah diesen wunderbaren Ort ebenso sehr vermisst hatte wie sie.
    „Ja, das tut es.“
    „Innen wird es anders sein, will ich meinen, wegen dem neuen Earl und allem. Lady Clarissa muss sich darüber wohl ganz grün und blau ärgern, wo sie sich doch Ihren Großvater nach ihren Wünschen erzogen hat, möchte ich sagen.“
    „Ich hoffe, das tust du nicht, Leah.“
    „Was soll ich nicht tun?“, fragte diese mit Unschuldsmiene. Seit Kindertagen verband die beiden eine enge Freundschaft. Eine Kluft zwischen Herrin und Zofe bestand für Miranda nicht, denn wo wäre sie jetzt bloß ohne Leah?
    „Offen deine Meinung äußern.“
    „Und warum nicht?“
    Vor langer Zeit schon hatte Leah beschlossen, nicht die Art Zofe zu sein, die man zwar sieht, aber nicht hört. Zudem hatten sie die letzten fünf Jahre in einem recht ungewöhnlichen Haushalt verbracht, weshalb es Miranda unwahrscheinlich erschien, ihre Freundin davon überzeugen zu können, ihr Verhalten nun zu ändern. „Es könnte vielleicht helfen, den Haussegen zu bewahren“, antwortete sie deshalb matt.
    „Ha! Manche Dinge sind es nicht wert, dass man sie bewahrt.“
    „Gleich, ob dem so ist oder nicht, in diesem Haushalt bin ich zu Gast. Ich wäre dir dankbar, wenn du dies im Kopf behieltest“, beharrte sie.
    „Es ist Ihr Zuhause, Miss Miranda.“
    „Nein, es ist einmal mein Zuhause gewesen“, erwiderte sie ruhig. Zwar mochte sie sich verzweifelt nach Wychwood gesehnt haben, als dessen Pforte ihr für immer verschlossen bleiben sollte, doch ihre liebenswerte Taufpatin hatte ihr ein neues Heim gegeben, eines, das sie liebte und schätzte. In Nightingale House hatte sie vieles gelernt, Dinge, die sie als verwöhnte Enkelin eines Earls wahrscheinlich nie erfahren hätte, obwohl sie zugeben musste, dass sie in Wychwood Court wohl immer mehr sehen würde als ein prächtiges Herrenhaus. Tief in ihrem Herzen nannte sie es ihr wahres Heim. In ihrer Fantasie versetzte sie sich gelegentlich immer noch hierher, dennoch war sie in diesen Räumen immer noch ebenso unwillkommen wie vor fünf
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