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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition)
Autoren: Leslie Tentler
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Sehr sogar.
    Ihre Gedanken wanderten zu dem Anrufer in der Sendung und zu den zudringlichen Fragen, die er gestellt hatte. Obwohl sie nur am Telefon mit ihm gesprochen hatte, hatte er ihr Angst gemacht.
    Sie stellte einen Teller mit Katzenfutter für Dahlia auf den Boden und strich der Katze ein letztes Mal über den Kopf. Dann nahm sie ihr Glas Wein, schaltete die Alarmanlage ein und ging nach oben.
    Als sie am Schalter drehte, erfüllte sanftes Licht das Schlafzimmer. Wie der Rest des Hauses hatte der Raum eine hohe Decke und einen Parkettboden. Ein Kamin aus Marmor schmückte die Wand am Fußende des Himmelbettes. Über dem Kaminsims hing ein Bild von Desiree. Darauf trug ihre Mutter ein schwarzes Kleid mit tiefem Ausschnitt, der den Blick auf ihre zarte, weiße Haut freigab. Desirees mandelförmige, haselnussbraune Augen, die Rains so sehr glichen, blickten von der Leinwand auf sie hinunter.
    Dante hatte wissen wollen, wie es sich anfühlte, dass durch ihre Adern dasselbe Blut wie das von Desiree Sommers strömte. Obwohl Rain daran gewöhnt war, nach ihrer berühmten Mutter gefragt zu werden, erschien ihr seine Wortwahl doch sonderbar und irgendwie beängstigend.
    Sie ging ins Bad, um sich fürs Bett fertig zu machen, und kehrte kurz darauf in einer Pyjamahose und einem Top zurück.
    In der Aufsatzkommode verbarg sich der Fernseher. Sie stellte ihn an und zog die gesteppte Tagesdecke vom Bett. Rote Laken kamen zum Vorschein. Rain kuschelte sich in die dicken Kissen, die sich am Kopfende auftürmten. Ein Bein zog sie unter sich. Als sie einen weiteren Schluck Wein trank, fiel ihr Blick auf ein Foto in einem Silberrahmen auf dem Nachttisch. Sie setzte das Glas ab und nahm das Foto zur Hand. Mit dem Finger zeichnete sie behutsam die Konturen nach.
    Desiree und Gavin Firth wirkten glücklich. Der Schnappschuss war vor dreißig Jahren aufgenommen worden – 1981, in demselben Jahr, als die beiden gestorben waren. Gavin lächelte breit und hielt die zierliche rothaarige Frau, die neben ihm stand, fest umschlungen. Rain geriet ins Grübeln.
    Sie war gerade mal zwei Jahre alt gewesen, als die beiden ums Leben gekommen waren. Alles, was sie über ihre Eltern wusste, stammte aus den Erinnerungen ihrer Tante Celeste, Desirees älterer Schwester, und aus den Zeitungsberichten über die leidenschaftliche, aber tragische Liebe ihrer Eltern. Ihr Blick blieb an Gavin hängen, ihrem Vater, der ihr das genommen hatte, was für ein Kind das Wichtigste auf der Welt war.
    Er hatte ihre Mutter kaltblütig ermordet und sich anschließend selbst getötet.
    Allmählich fielen Rain die Augen zu. Sie dachte an ihre Mutter und wünschte sich, sie hätte etwas mehr Zeit mit ihr verbringen dürfen, um sie kennenzulernen. Ein paar Stunden später riss das Klingeln des Telefons sie aus dem Schlaf. Doch als sie sich schlaftrunken meldete, war niemand am anderen Ende der Leitung …

4. KAPITEL
    „Dr. Patel, er wacht auf.“
    Trevor spürte, wie jemand seine Hand drückte. Langsam öffnete er die Augen und blinzelte. Es war so hell, dass er Schwierigkeiten hatte, etwas zu erkennen.
    Seine Schwester beugte sich über ihn. Annabelle stand neben einem Mann indischer Herkunft, der einen weißen Kittel trug. Trevor zuckte zusammen, als der Mann mit einer Stiftlampe in seine Augen leuchtete. Erst hielt er das eine Augenlid geöffnet und schwenkte mit der kleinen Lampe vor und zurück, dann wiederholte er das unangenehme Spielchen mit dem anderen Auge.
    „Die Pupillen reagieren immer noch etwas träge.“ Der Arzt klickte das Licht aus. „Können Sie mir Ihren Namen sagen, Sir?“
    Trevor stieß seinen Namen hervor. Sein Hals fühlte sich an, als hätte er mit Reißzwecken gegurgelt.
    „Und welches Datum haben wir heute?“
    Er schluckte mühsam, bevor er wieder sprach. „Den achtzehnten Mai.“
    Der Arzt lächelte. „Wir lassen das mal durchgehen. Aber es ist bereits nach Mitternacht, Sie sind also einen Tag in Verzug. Übrigens sind Sie, wie man so schön sagt, zu Boden gegangen.“
    Trevor versuchte, sich aufzusetzen, doch eine Hand auf seiner Schulter hielt ihn zurück.
    „Nicht so schnell. Sie haben eine Platzwunde am Kopf, und es besteht der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung, auch wenn die Computertomografie Blutungen im Hirn ausschließt. Sie haben Glück, dass Sie sich keine Knochen gebrochen haben. Trotzdem bleiben Sie für die nächsten vierundzwanzig Stunden unser Gast.“ Der Arzt machte auf einem Klemmbrett Notizen, dann
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