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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition)
Autoren: Leslie Tentler
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steckte er es in ein Fach am Fußende der Liege. Zu Annabelle sagte er: „Wir bringen ihn gleich in ein Einzelzimmer.“ Beim Weggehen schob er den Vorhang zurück und fügte hinzu: „In Zukunft, Agent Rivette, empfehle ich Ihnen, in beide Richtungenzu schauen, bevor Sie die Straße überqueren.“
    Sobald sie allein waren, goss Annabelle aus einem Plastikkrug Wasser in einen Becher, steckte einen Strohhalm hinein und half ihrem Bruder beim Trinken. Das Wasser rann erfrischend kühl durch seine trockene Kehle.
    „Du bist übrigens im All Saints Hospital  – für den Fall, dass du dir irgendwie Gedanken gemacht hast.“
    Trevor berührte das schmale Pflaster am Haaransatz. Er fühlte sich schwach, der ganze Körper schmerzte. „Wie lange bin ich schon hier?“
    „Eine Stunde vielleicht. Du warst mal wach, dann wieder bewusstlos. Außerdem warst du dehydriert.“ Stirnrunzelnd blickte sie zu dem Infusionsschlauch, der in seinem Arm steckte. „Erinnerst du dich überhaupt daran, was passiert ist?“
    Trevor wurde still. Er war durch das dunkle French Quarter gelaufen. Aber der Rest der Erinnerung schien wie in dichtem Nebel zu liegen.
    „Du bist vor ein Auto gelaufen“, half Annabelle ihm auf die Sprünge. Ihre Stimme zitterte leicht. „Du warst direkt vor Dads Bar, beim Mallory’s . Trevor, was wolltest du dort?“
    Die hämmernden Schmerzen in seinem Kopf wurden stärker. Er schloss die Augen und versuchte, an nichts mehr zu denken.
    Die Nachtschwester unterbrach seinen Schlaf mehrmals, um seine Pupillen zu kontrollieren und um festzustellen, wie leicht er aufwachte. Das war ein Routineverfahren bei Kopfverletzungen. Jedes Mal, wenn Trevor die Augen öffnen sollte, sah er Annabelle in dem Sessel neben dem Bett sitzen. Als er ein weiteres Mal aufwachte und sah, wie sie nach einer bequemeren Sitzhaltung suchte, murmelte er, dass sie nach Hause gehen solle, da Haley sie brauchte. Als er einige Zeit später wieder aufwachte und das Licht des frühen Morgens durch das Zimmerfenster fiel, war sie gegangen.
    Die Medikamente hatten seine Kopfschmerzen nur wenig gelindert, doch zumindest hatten sich die Sehstörungen gegeben.Er fand den Knopf, mit dem sich das Kopfteil des Bettes anheben ließ. Als er sich aufsetzte, bemerkte Trevor, dass ihn jemand von der Tür aus beobachtete. Wie Annabelle gesagt hatte, wirkte Brian clean und nüchtern. Er war noch immer sehr schlank, sah allerdings nicht mehr so ausgezehrt aus wie früher.
    „Wie geht’s dem Patienten?“, fragte er unsicher.
    „Der Patient möchte nichts wie raus hier.“ Trevor konnte den Blick nicht von seinem jüngeren Bruder abwenden. Brian trat in den Raum und setzte sich mit ernster Miene in den Sessel, den Annabelle in der Nacht verlassen hatte.
    „Du hattest keine Papiere dabei. Wenn der Unfall nicht direkt vor der Tür des Mallory’s passiert wäre, hätte niemand gewusst, wer du bist.“
    Bruchstücke aus Trevors Erinnerung fügten sich mit einem Mal zusammen. Ihm fiel das Neonschild mit der Bierreklame wieder ein, das in dem Fenster der Bar geblinkt hatte. Der orangefarbene Schein hatte den Bürgersteig darunter erleuchtet. Dann, Sekunden später, als er die Straße hatte überqueren wollen, wurde er durch ein Paar Scheinwerfer geblendet.
    „Dad war letzte Nacht in der Bar“, fuhr Brian fort. „Die Leute hatten sich um den Unfallort versammelt, und er ist rausgekommen, um nachzusehen, was los ist. Er hat dich wiedererkannt.“
    Trevor schwieg. Die Vorstellung, dass James Rivette auf dieser dreckigen Straße im French Quarter über ihn gebeugt gestanden hatte, behagte ihm nicht.
    „Er hat im Loft angerufen. Ich war nicht zu Hause, deshalb hat Alex mit ihm gesprochen. Alex ist dann rübergegangen, um auf Haley aufzupassen, damit Annabelle in die Notaufnahme kommen konnte.“ Brian presste die Lippen aufeinander. Eine Weile betrachtete er seine Hände, bevor er weiterredete. „Er hat Alex eine Schwuchtel genannt. War ja klar. Außerdem wollte er hundert Dollar Belohnung dafür, den Notruf gewählt zu haben, um deinen Unfall zu melden.“
    Bei Brians Bericht hätte Trevor beinahe gelacht. Wenn er seinen Vater nicht gekannt hätte, wäre ihm das Ganze vollkommenunglaubwürdig vorgekommen. Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten.
    „Wolltest du in die Bar, um ihn zu treffen?“, fragte Brian.
    „Nein“, log Trevor. Die Wahrheit ergab auch nicht viel Sinn.
    „Trevor …“
    „Du würdest es nicht verstehen.“
    „Ich würde es nicht
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