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Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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PROLOG Herbst A.D. 32
    Der Angriff geschah kurz vor Tagesanbruch. Das Mädchen schreckte aus dem Schlaf hoch, geweckt von dem beißenden Geruch brennenden Strohs und dem gellenden Aufschrei ihrer Mutter. Von der Lichtung hinter der Hütte hörte sie die Erwiderung ihres Vaters und das Klirren von Eisen gegen Bronze. Gleich darauf brüllte ein anderer Mann, und sie war mit einem Satz auf den Beinen, warf die Schlaffelle beiseite und suchte in der Dunkelheit hinter der Schlafstelle hektisch nach ihrem Abbalgemesser, oder, besser noch, nach ihrer Axt. Doch sie fand keines von beiden. Ihre Mutter schrie abermals, diesmal voller Todesangst. Das Mädchen tastete wild herum, auf der verzweifelten Suche nach einer Waffe, während sie spürte, wie das Feuer ihre Haut versengte und der dumpfe, schleichende Schmerz der Angst in ihr hochkroch, der Angst vor einem plötzlichen Schwerthieb in den Rücken. Doch dann schlossen sich ihre Finger um ein Heft aus abgenutztem Holz und glitten hinunter zu der Krümmung eines Griffs, den sie von stundenlangem Einölen und Polieren und der ehrfürchtigen Scheu der Jugend her kannte: der Jagdspeer ihres Vaters. Sie riss den Speer an sich, drehte ihn mit einer einzigen raschen Bewegung herum und zog dabei die Lederhülle von der Klinge. Ein Strahl frühmorgendlichen Lichts traf ihre Augen, als urplötzlich der Fellvorhang vor der Tür heruntergerissen und dann ebenso schnell und unvermittelt durch einen Schatten ersetzt wurde. Eine große, massige Gestalt zeichnete sich in der Türöffnung ab. Eine Schwertklinge glänzte im matten Licht der Morgendämmerung. Irgendwo in der Nähe rief ihr Vater angstvoll ihren Namen.
    »Breaca!«
    Sie reagierte augenblicklich und trat aus dem Schutz der Dunkelheit heraus. Der Krieger in der Tür verzog bei ihrem Anblick den Mund zu einem breiten, fast zahnlosen Grinsen und stürzte mit einem Satz vorwärts. Seine Schwertklinge reflektierte die Strahlen der aufgehenden Sonne, so dass sowohl er als auch Breaca für eine Sekunde geblendet wurden. Ohne auch nur einen Moment nachzudenken handelte sie genauso, wie sie es einst im Schutz der unteren Pferdekoppeln und in dem Wald jenseits davon geübt hatte: Sie sprang blitzschnell rückwärts, holte mit ihrem Speer zum Stoß aus, setzte dabei ihre ganze jugendliche Wendigkeit und Energie ein und stieß zu. Sie zielte auf das einzige blasse Stück Haut, das sie sehen konnte. Die Speerspitze traf ihr Ziel und bohrte sich in die Halsgrube ihres Angreifers, an der Stelle, wo seine Tunika aufhörte und sein Helm noch nicht begonnen hatte. Unmittelbar darauf schoss Blut aus der Wunde heraus und strömte in einem hellroten Strahl über seine Brust herab. Der Mann stieß einen erstickten Würgelaut aus und blieb abrupt stehen. Die Schwertklinge, die ihr nach dem Leben trachtete, durchschnitt die Luft und kam auf sie herabgesaust, geführt von der Wucht und der Schnelligkeit seines Ausfalls. Breaca versuchte, dem Hieb durch eine seitliche Drehung auszuweichen, aber sie war zu langsam und fühlte prompt den Stich der scharfen Schneide zwischen ihren Fingern. Sie ließ den Speer los. Der Mann schwankte einen Moment lang kraftlos hin und her und stürzte dann zu Boden, durch das Gewicht des Speerhefts von ihr weggezogen. Licht fiel zur Tür herein, dann verdunkelte sich der Eingang abermals. Ihr Vater war da.
    »Breaca? Ihr großen Götter, Breaca...« Auch er blieb unvermittelt stehen. Der Mann auf dem Boden schob eine Hand unter seinen Körper und versuchte aufzustehen. Der schwere Schmiedehammer ihres Vaters sauste herab und hinderte ihn ein für allemal daran. Dann ließ ihr Vater den Hammer fallen und umschlang sie mit beiden Armen, um sie fest an sich zu drücken, seine Wange an die ihre zu schmiegen und ihr mit seinen dicken, schwieligen Fingern durchs Haar zu streichen. »Du hast ihn getötet? Meine Kriegerin, mein tapferes Mädchen! Du hast ihn getötet! Bei allen Göttern, das war gut. Ich könnte es nicht ertragen, euch beide zu verlieren...«
    Er wiegte Breaca hin und her, so wie er es oft getan hatte, als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Er roch nach Blut und nach Magensäure. Breaca tastete mit beiden Händen über seine Brust, um sich davon zu überzeugen, dass er heil und unversehrt war, und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass dem so war. Sie wollte sich aus seiner Umarmung winden, um auch den Rest seines Körpers nach Verletzungen abzusuchen. Er beugte sich noch näher zu ihr, und sein Atem kam
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