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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben
Autoren: Aufbau
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das Funkgerät vom Boden und sagte: »Zentrale? Der Adler ist gelandet. Wir brauchen dringend Back-Up.«
    Sofort hielt der Kerl mit dem Brillie inne, ließ von Pascal ab, und auch der Tätowierte am Fenster wandte sich wieder uns zu.
    Ich stöhnte.
    »Back-Up?«, kicherte der Tätowierte. Flavio schielte zu mir herüber und begriff schlagartig, dass er zu weit gegangen war. Lässig nahm ihm der Tätowierte das Funkgerät aus der Hand. »Ausgeschaltet«, sagte er.
    Nach einem Moment der Stille sagte Flavio: »In Ordnung. Warum machen wir nicht ein Geschäft: Ihr nehmt den Rucksack, und wir hauen einfach ab.«
    »Den Rucksack nehmen wir mit. Kein Problem«, sagte der mit dem Brillie, während er sich sein Jackett auszog. Mir war klar, dass wir jetzt ordentlich Prügel beziehen würden.
     
    Weitestgehend widerstandslos ließen wir das Ganze über uns ergehen und kamen mit Platzwunden und ein paar blauen Flecken davon. Wahrscheinlich wollten sie uns nicht bestrafen, sondern nur eine Lehre erteilen, ansonsten hätten sie uns übler zugerichtet. Pascal ließen sie gleich ganz in Ruhe. Irgendwie hatte die Sache wohl sogar ihren Humor getroffen, denn als wir schließlich keuchend auf dem Teppich lagen und die drei im Begriff waren, zu verschwinden, sagte der Glatzkopf, der zuvor keinen Ton von sich gegeben hatte, mit breitestem Akzent zu Flavio: »Errfoolgreich’n Dienst nooch, Herr Waachtmeist’r.«
    Nachdem sie abgehauen waren, rappelten wir uns auf und |28| schwiegen. An einen Sessel gelehnt, hockte ich auf dem Boden, wischte mir Blut aus dem Mundwinkel und zerrieb es zwischen Daumen und Mittelfinger. Flavio hatte sich auf dem Wohnzimmertisch abgesetzt. Schließlich sahen wir uns an und mussten lachen.
    »Tut mir leid«, sagte Flavio tonlos.
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Schon okay.«
    Flavio zog hoch und rotzte Blut auf den Teppich.
    »Ey«, sagte Pascal, der, an die Wand gelehnt, neben der Zimmertür hockte.
    »Was?«, erwiderte Flavio. »Was?!«
    »Nicht auf den Boden spucken.«
    Flavio warf mir einen fassungslosen Blick zu. »Spinnst du?«, fuhr er Pascal an. »Du ziehst uns hier in irgendwelche Scheiße mit der Russenmafia rein und …«
    »Ach, das war doch nicht die Russenmafia«, unterbrach ihn Pascal. »Und das wäre alles gar nicht nötig gewesen. Du hättest denen einfach euer Zeug geben können, und wir hätten das anschließend unter uns geklärt.«
    »Ich gebe denen das doch nicht, ohne mich zu wehren.«
    »Na, das hat ja richtig was gebracht«, sagte Pascal.
    Sofort sprang Flavio auf, packte ihn am Kragen und zerrte ihn auf die Beine. »Natürlich hat das was gebracht«, sagte er und spuckte einen zweiten blutigen Hunken auf den Teppich. »Wenn die mich das nächste Mal auf der Straße sehen, erinnern sie sich daran, dass ich nicht irgendeine feige Sau bin, sondern mein Maul aufmache, wenn mir was nicht passt. Und sie wissen, dass ich was einstecken kann.« Pascal blieb stumm. »Dich werden die in zwanzig Jahren noch schikanieren.«
    Kopfschüttelnd ließ Flavio von ihm ab.
    »Und jetzt?«, fragte Pascal schließlich.
    »Hast du Geld im Haus?«, wollte Flavio von ihm wissen.
    »Nee. Deswegen waren die hier. Die kriegen noch Kohle von mir, und mein Konto ist zur Zeit dicht. Mich haben letzten Monat zwei Typen ganz übel abgezogen.«
    |29| Flavio starrte ins Aquarium und klopfte mit den Knöcheln gegen das Glas. »Ich gehe hier nicht ohne Kohle weg«, sagte er.
    »Wieso glaubst du eigentlich, dass ich dir Geld geben müsste?«, fragte Pascal. Obwohl es keine plausible Antwort auf die Frage gab, verstand ich Flavio, der sofort wieder auf Pascal losgehen wollte.
    »Halt den mal zurück, Rick!«, rief der ängstlich, aber ich zuckte mit den Schultern.
    »Pascal, du bist der Typ, über den ich meine Drogen besorge, nicht mein Freund.«
     
    Wir nahmen Pascals Fernseher und seinen DVD-Player, eine Spielkonsole, einige Spiele und die Mikrowelle mit. Das war zwar kein Bargeld, aber es entschädigte für die Kohle, die uns durch die Lappen gegangen war. Pascal sah nur dabei zu, wie wir das Zeug herausschleppten, er hielt uns sogar noch die Tür auf.
     
    Gegen neun Uhr abends saßen wir mit Janina und ihrer Freundin in der Manhattan-Bar. Im Laufe des Tages waren unsere Gesichter angeschwollen, und Flavio behauptete, wir hätten eine türkische Familie vor Nazi-Skinheads beschützen wollen. Die Frauen glaubten ihm kein Wort. Es war ein kurzer Abend, und sie haben sich anschließend nie wieder gemeldet.
    Weil
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