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GK0080 - Das Höllenheer

GK0080 - Das Höllenheer

Titel: GK0080 - Das Höllenheer
Autoren: Jason Dark
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Wie lange Mary-Lou unbeweglich auf einem Fleck gestanden hatte, wußte sie nicht. Erst später überfiel sie das Grauen. Ihr Schrei gellte durch das verlassene Haus und endete in einem leisen Wimmern. Wie magnetisch wurde ihr Blick von dem blutigen Geländer angezogen. Das Blut zog sich wie ein dunkelroter Film über den gesamten Handlauf, bis zu dem ersten Knick, der den Beginn eines Ganges anzeigte.
    »Ich – ich kann nicht mehr!« stöhnte die Frau und schlug beide Hände vor das Gesicht. Die blutige, rechte Handfläche schmierte über ihre Haut. Mary-Lou spürte die klebrige Flüssigkeit und riß die Hände angewidert zurück.
    Schluchzend sank sie zusammen. Sie fiel auf den mit dicken Teppichen belegten Boden und vergrub ihr Gesicht in den angewinkelten Armen, Sie hatte es geahnt! Der gräßliche Fluch der Kalhori war Wirklichkeit geworden. Erst hatte sie es nicht wahrhaben wollen, aber jetzt…
    ***
    Mary-Lou Nikuta hatte sich zum Spaß dieser Sekte angeschlossen. Einer Sekte, die eine schreckliche Dämonengöttin aus dem fernen Tibet verehrte. Mary-Lou hatte eigentlich nur vorgehabt, etwas anderes, Außergewöhnliches zu erleben. Ihr ganzes Dasein war nach dem Tod ihres Mannes sinnlos geworden. Langeweile kroch in ihr Leben. Dann war sie durch Zufall auf die Sekte gestoßen. Jetzt hatte sie wieder eine Aufgabe gehabt. Sie war eingeweiht worden in geheimnisvolle fernöstliche Rituale, hatte sich mit den Lehren der Dämonengöttin Kalhori befaßt und war schließlich zu einer Dienerin der Göttin geworden. Doch dann verlangte man von ihr das erste Opfer. Sie sollte einen Menschen töten.
    Ein junges Mädchen!
    Mary-Lou Nikuta hatte abgelehnt. Und ihr war bewußt gewesen, daß dies einem Todesurteil gleichkam. Denn die Rache der Göttin war grauenhaft. Zwei Wochen waren seitdem vergangen.
    Wochen, in denen sich nichts ereignet hatte.
    Bis zu der heutigen Nacht. Langsam hob die Frau ihren Kopf. Noch immer stierte sie aus weit geöffneten Augen auf das blutverschmierte Treppengeländer, und ihr wurde überdeutlich bewußt, daß sie Kalhoris Rache nicht entgehen konnte.
    Plötzlich hörte sie Schritte! Mary-Lou erstarrte.
    Die Schritte kamen aus dem Obergeschoß, näherten sich mit einer nahezu brutalen Gleichmäßigkeit.
    Mary-Lous Herz pochte rasend. Wollte man sie jetzt holen? War die Stunde der Vergeltung gekommen? Die Schritte verstummten.
    Mary-Lous Atem ging keuchend. Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Spielten die überreizten Nerven ihr einen Streich? Nein, das blutbesudelte Geländer blieb! Mary-Lous Blicke wanderten höher, tasteten jede einzelne Stufe ab. Und dann sah sie den Mann!
    Groß, drohend und unheimlich stand er vor der letzten Stufe. Das Licht reichte gerade aus, um alles genau erkennen zu können. Der Mann war ein Mönch! Ein Diener Kalhoris. Er trug eine gelbe Kutte und hatte die Arme in die weiten Aufschläge seiner Ärmel geschoben. Sein Gesicht war entstellt.
    Der Mönch trug eine schreckliche Maske, die das Aussehen eines Vogels hatte. Über dem langen Schnabel wuchsen zwei riesige Augen, in denen rote Kreise flirrten. Der Mund war eine kleine, ovale Öffnung. In unregelmäßigen Abständen quollen heiße Schwaden daraus hervor. Dieser Mönch war eine Kreatur der Hölle! Der Unheimliche begann zu sprechen. In einer fremden, uralten Sprache, die Mary-Lou Nikuta nie zuvor gehört hatte und doch plötzlich verstand.
    »Du hast der Göttin den Gehorsam verweigert. Und deshalb wird Kalhori dich in ihr finsteres Reich nehmen. Du wirst sterben und doch nicht sterben. Die Qualen des Dämonenreiches werden dir zuteil werden, und du wirst es bereuen, eine Abtrünnige geworden zu sein!«
    Der Mönch setzte sich in Bewegung. Langsam nahm er die Stufen. Wie ein vorprogrammierter Roboter. Wahrscheinlich war er das auch. Auf jeden Fall kannte er nur ein Ziel: Der Göttin zu dienen.
    Mary-Lou Nikuta schüttelte den Kopf. Ihr dunkles Haar wirbelte hin und her. Sie hatte beide Handflächen auf den Boden gestützt und konnte das Unheimliche nicht begreifen, Dicht vor der Frau blieb der Mönch stehen. Seine Hände glitten aus den weiten Ärmeln. Schwarze, verkohlte Haut kam zum Vorschein. Seine Hände sahen aus, als wären sie verbrannt worden. Die Finger waren lang und extrem kräftig, regelrechte Mordwerkzeuge. Mary-Lou Nikuta sah nur diese Finger. Sie spürte sie schon um ihren Hals und hatte plötzlich das Gefühl, sich übergeben zu müssen.
    »Steh auf!« befahl der Mönch. Die Frau gehorchte.
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