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Nachtengel

Titel: Nachtengel
Autoren: Danuta Reah
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eine Pause, aber Lewis fiel ihm ins Wort: »Ich will keine Scheißpause!«, schrie er. »Ich will nach Hause!« Er sah Farnham an. »Sie behandeln mich wie ein perverses Schwein, wie einen Vergewaltiger!«
    Er behauptete, nichts über Menschenhandel zu wissen. Holbrook hätte vielleicht einiges beim Austausch nicht so genau genommen. »Das Gesetz schafft einen Markt«, sagte Lewis. »Es ist genauso wie mit Drogen. Wenn man einen Markt schafft, wird ihn jemand nutzen.« Er bestätigte, dass Gemma sich wegen Oksana Ilbekow an Holbrook gewandt hatte. »Sie hat ihm das Band gegeben und ihn gebeten, dieser Frau zu helfen, wenn er könnte, mit einem seiner Austauschprogramme herüberzukommen. Ihre Eltern waren tot, sie war eine Art Eskimo oder so was, und sie steckte bis zum Hals in Rentiermist. Wenn Marcus sich an irgendetwas Unsauberem hätte beteiligen wollen, dann wäre sie dafür das perfekte Objekt gewesen.«
    Er blickte Farnham an. »Wenn sie als Prostituierte arbeiten wollte, hatte es jedenfalls nichts mit mir zu tun! Gemma Wishart hat ihm von ihr erzählt und gab ihm das Band. Der alberne Kerl drehte fast durch. Und er hob das Band auf. Blöder Hohlkopf.« Als Farnham ihm den Zeitungsausschnitt über Katjas Tod zeigte, der in seiner Wohnung gefunden worden war, schien er einen Moment unsicher, dann zuckte er die Schultern. »Sie ist abgehauen. Holbrook hatte Sorge, dass die Leute denken könnten … Sie wissen schon.« Als sie tot in der Humber-Mündung gefunden wurde, war er erleichtert. Bis Gemma kam und Fragen stellte. »Ich habe Holbrook geraten, das Band zu vernichten«, erzählte Lewis. »Sonst könnte Gemma mit ihrer linguistischen Analyse die Stimmen zuordnen. Ich dachte, er hätte es weggeworfen. Holbrook sagte, er hätte alles unter Kontrolle. Aber er brauchte Hilfe.«
    Lewis war in Gemmas Wohnung eingebrochen und hatte die Bänder samt ihrer Stereoanlage gestohlen, damit es so aussah, als sei der Diebstahl der Bänder nur ein Nebeneffekt. Er war auch in Luke Hagans Wohnung eingebrochen. Das konnte er nicht ganz so einfach erklären. »Es kam mir damals vertretbar vor«, sagte er. Er hatte sich die PIN für den Anrufbeantworter beschafft, falls sie einmal nützlich werden könnte. Es schien eine gute Idee, die Beweise dafür zu basteln, dass Gemma als Begleitdame arbeitete. »Ich hab das an allen Stellen gestreut, die mir einfielen. Nur für den Fall, dass sie versuchen würde, Holbrook in Schwierigkeiten zu bringen. Dann würde ihr niemand glauben«, sagte er.
    »Warum Beweise basteln, wenn sie sowieso als Prostituierte arbeitete?«, fragte Farnham. »Sie haben gerade gesagt, dass das so war.«
    Lewis sah einen Moment verdrossen aus. »Ich wollte nur sichergehen, dass die Leute es erfuhren«, sagte er. »Sie verstehen nicht, wie solche Frauen wie Gemma ticken. Ich wollte nur sichergehen.«
    Es hätte alles funktioniert, meinte er, wenn Holbrook nicht das Band im Archiv belassen hätte. Er selbst hatte das nicht gewusst, behauptete er, bis Roz Bishop es gefunden hatte. »Ich habe alles im Auge behalten«, sagte er. »Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass Holbrook so ein Idiot sein könnte. Das war's dann«, sagte er. »Es war ein Geschäft, ganz einfach.«
    Farnham fragte ihn zu Angel Escorts. Lewis schüttelte den Kopf. »Ich hab das alles erfunden«, sagte er. Zum ersten Mal wirkte er nervös und unsicher. »Ich brauchte nur einen Namen, verstehen Sie? Es gibt keine Agentur, die sich Angel Escorts nennt.« Er sah sich im Raum um. »Es war alles eine rein geschäftliche Angelegenheit«, beharrte er.
    Hull, März
    Aber es war nicht nur ein Geschäft für Sean Lewis, dachte Lynne drei Wochen später, als sie die Unterlagen zusammenstellte, um endgültig die Verbindung zwischen Katja, die tot in der Humber-Mündung gelegen hatte, und Oksana, der jungen Studentin, die in Jekaterinburg verschwunden war, herzustellen. Es war keineswegs ein Geschäft. Gemma hatte allerdings eine Gefahr für ihn dargestellt. Aber hätte er nur gewollt, dass Gemma starb, dann hätte er es sicher so einrichten können, dass es keine polizeiliche Ermittlung und keine Untersuchung eines Mordfalls gab. Nehmen wir an, Gemma wäre einfach verschwunden. Nehmen wir an, sie wäre bei einem Autounfall umgekommen, Fahrerflucht ohne Zeugen. Nehmen wir an, sie wäre an einer Überdosis Drogen gestorben. Lynne fragte sich oft, wie viele der ganz alltäglichen Todesfälle in Wirklichkeit Morde waren.
    Der Computer aus seiner Wohnung
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