Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
die kleinen Kabinen aus den Schuppen, in die sie sich dann zum Eis-Angeln hockten.
    An diesem Tag aber war der See abseits des Ufers noch eisfrei. Sie fanden eine flache Stelle über einer Sandbank, warfen die Angeln mit den Neunaugen-Köderfischen an den Haken aus und warteten. Lucas’ Freund sagte nicht viel, spielte mit einem Plastik-Spezialköder namens Fuzzy Duzzit wie ein Schwachsinniger Pingpong auf dem Boden des Bootes und schielte mit einem Auge auf den Schwimmer seiner Angel. Lucas döste vor sich hin – ein friedlicher, stressfreier Halbschlaf, aus dem er stets erfrischt erwachte.
    Sie fingen nichts – wie meistens, obwohl Lucas’ Freund als Hechtfangkapazität galt –, und gegen Mittag fuhren sie, steif vor Kälte, zurück nach Hayward. Lucas nahm die Batterie aus dem Boot, um sie den Winter über im Keller des Freundes zu lagern, während der Freund Köcher, Ruderblätter, eine Kühlbox, einen Spezial-Pinkeltopf sowie anderes Gerät in die Garage schaffte. Als alles erledigt war, sagte Lucas: »Bis zum Frühjahr, Fettwanst.« Dann fuhr er zu seiner Hütte.
    Er hätte ein Schläfchen gut vertragen können; in der vergangenen Nacht hatte er nur vier Stunden geschlafen. Aber er hatte eine Menge Kaffee getrunken, um sich warm zu halten, und das Koffein hielt ihn wach. Auch das Dösen im Boot hatte ihm gut getan. Er legte sich also nicht hin, nahm stattdessen den Werkzeugkasten aus dem Truck und machte sich an die Elektro-Arbeiten in seinem neuen Bootsschuppen.
    Im alten Schuppen hatte es ein Strom-Zuführungskabel gegeben, und die Firma, die den neuen Schuppen gebaut hatte, hatte das zusammengerollte Endstück unterirdischen Kabels auf dem Boden des Schuppens bereitgelegt. Am Tag zuvor hatte Lucas vier Neonleuchten, vier Stecker, Kabel und einen an der Wand zu installierenden Verteilerkasten gekauft, und er begann jetzt damit, die Lampen zu montieren und anzuschließen.
    Er kam nur langsam voran. Er musste noch einmal in die Stadt fahren, um mehr Kabel zu kaufen, und er nutzte die Gelegenheit zu einem sehr späten Frühstück mit noch mehr Kaffee. Als er schließlich mit der Arbeit fertig war, ging die Sonne über dem See unter. Er knipste die Neonleuchten an, bewunderte einen Moment ihr rosafarbenes Glühen – er hatte Lampen mit natürlicher Fluoreszenz gekauft – und fing dann an, den Schuppen einzuräumen.
    Er schob zwei kleine Aluminiumboote auf Anhängern rückwärts hinein, ebenso, in die hinterste Ecke, einen Mehrzweck-Anhänger, fuhr einen John-Deere-Traktor seitlich davor, steuerte zum Schluss einen Kubota-Traktor vor die Bootsanhänger. Der Kubota gehörte einem Nachbarn, der meinte, es sei zu schwierig, ihn in seinen eigenen – kleineren – Schuppen zu bugsieren. Der Motor des Traktors sprang nicht gleich an, und Lucas musste Sprit in den Anlasser pumpen, bis es dann klappte.
    Kurz nach sechs ging er im Dunkeln zurück zur Hütte. Ganz in der Nähe, am See-Ufer, quakte eine Sägerente. Der Eisrand um den See war im Verlauf des Tages geschmolzen, aber die Temperatur sank nach dem Sonnenuntergang schnell. Wenn kein Wind aufkam, der das Wasser aufwirbelte, würde der See über Nacht fast ganz zufrieren.
    Er brauchte zwei Stunden, um die Hütte in Ordnung zu bringen – Staubsaugen, Einsammeln alter Zeitschriften, Waschen und Trocknen der Bett- und Tischtücher, Ausputzen des Eisschranks, Großreinemachen in der Küche. Dann eine Dusche mit einem Bier auf dem Toilettendeckel in Reichweite. Nachdem er sich wieder angezogen hatte, schaltete er den Warmwasser-Boiler und die Wasserpumpe aus und stellte den Thermostat runter auf 18 Grad Celsius. Nach einer letzten Überprüfung schleppte er die Müllbeutel zum Tahoe und warf sie auf die Ladefläche.
    Es war acht Uhr, als er die Hütte abschloss und zum Truck ging. Ein rot-silbernes Lund-Angelboot auf einem Anhänger war neben dem neuen Schuppen abgestellt. Ein Bekannter hatte ihn in der vergangenen Woche gebeten, es zu »den Citys«, den Zwillingsstädten Minneapolis/St. Paul mitzunehmen. Er hängte es an den Truck, überprüfte mehrfach den Sicherheitsriegel und die Beleuchtung des Anhängers. Alles in Ordnung – auch die Warnblinker funktionierten.
    Okay … Alles bereit für den Winter, dachte er. Wieder quakte die Sängerente lauthals, und eine andere antwortete aufgeregt – Kampfstimmung unter den Enten auf dem See. Oder jemand wälzte sich in einer der Hütten stöhnend im Bett herum und schreckte die Enten auf. Und eine Million Sterne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher