Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
Olson erwähnt wurde und das indirekt zu seinem Tod geführt hat.«
    »Damit hätte sie keinen Erfolg«, sagte der Bürgermeister. »Ich habe als Anwalt mit solchen Klagen zu tun gehabt, und sie müsste froh sein, wenn sie anderthalb Bucks zugesprochen bekäme. Schließlich hat seine eigene Gier zu seinem Tod geführt. Im Zusammenhang mit einem irren Rache-Engel.«
    »Und dann ist da noch Al-Balah«, sagte Rose Marie.
    »Er lebt wahrscheinlich nicht mehr lange genug, um eine Klage anzustrengen«, sagte Lucas. »Die Jungs von der Drogenfahndung sagen, er würde sich wieder in den Straßenhandel drängen, aber sein früheres Territorium sei inzwischen von anderen besetzt. Und die neuen Herren wollen es nicht freiwillig wieder hergeben. Es wird einen Mordskrach geben.«
    »Das würde die Dinge auf eine nette Art bereinigen«, sagte der Bürgermeister.
    »Was? Ein Drogenkrieg?«
    »Hey, Drogenhändler riskieren ihren Tod«, sagte der Bürgermeister. »Und daran kann man nicht viel ändern. Natürlich, es ist eine Tragödie. Tja, kein Mensch ist eine Insel, et cetera …«
    Alle anderen nickten.
    Als der Bürgermeister gegangen war, sah Rose Marie Lucas und Lester fröhlich an und sagte: »Wir sind richtig gut.«
    »Ich glaube nicht, dass er uns die Sache rundweg abgekauft hat«, sagte Lucas, und er meinte den Bürgermeister.
    »Stimmt, hat er nicht. Er wusste, dass da irgendeine krumme Sache gelaufen ist. Aber er war mal ein sehr guter Anwalt. Er weiß, dass es Situationen gibt, in denen man die Fragen, die auf der Hand liegen, besser nicht stellt.«
    »Also sind wir echt gut«, stellte Lucas fest.
    »Mit knapper Not«, meinte Lester.
    »Ja, aber wir sind tatsächlich gut«, sagte Rose Marie. Sie stand auf und machte einen Hüpfer, den man fast als Ansatz zu einem Freudentanz werten konnte. »All die Schwerverbrechen in den anderen Städten – die Medien stürzen sich darauf, und der Hickhack erstreckt sich oft über Monate. Aber wir haben ein Schwerverbrechen, und peng, der eine Killer ist tot, und peng, der andere Killer legt vor Millionen von Fernsehzuschauern ein Geständnis ab. Und das alles innerhalb einer Woche. Die gottverdammten Medienleute müssen doch in ehrfürchtiger Bewunderung auf den hellen Glanz schauen, in dem unsere Hintern erstrahlen.«
    Lester wirkte ein wenig verlegen. Er sagte: »Na ja, wir haben aber …«
    »Sagen Sie es nicht«, fiel Rose Marie ihm ins Wort. »Lassen Sie nicht einmal den Gedanken daran aufkommen …«
    »Ich kann mir nicht helfen«, sagte Lucas, »Frank hat Recht. Wir haben diesmal einiges verbockt, und das meiste davon geht auf mein Konto. Ich bin voll auf Rodriguez abgefahren. Ich hatte Olson lange im Visier. Ich habe nicht geglaubt, dass der Killer ein Gewehr benutzen würde, weil es bei Plain eine 44er Pistole war. Ich habe nicht daran gedacht, wie schnell sich in einer Kleinstadt Dinge herumsprechen …«
    »Wir leiden alle ein wenig an Selbstüberschätzung«, sagte Rose Marie.
    »Ja, ja«, knurrte Lucas.
    »Und Sie mehr als die meisten anderen«, ergänzte Rose Marie.
     
     
    Tom Black sagte: »Sie haben sie wieder in ein normales Krankenzimmer verlegt.«
    »Es geht ihr also besser«, freute sich Lucas.
    »Sie wird’s schaffen«, sagte Black.
    »Du musst jetzt mal gründlich ausschlafen«, sagte Del zu Black.
     
     
    Marcy war wach.
    »Treib ja dieses Scheiß-Lungenentzündungsspielchen nicht noch mal mit uns«, sagte Lucas.
    Sie lächelte nicht. »Tut weh«, flüsterte sie.
    »Ich weiß, verdammter Mist …«
    »Tut weh«, krächzte sie noch einmal. Sie sah Lucas an, flehend, als ob er ihr helfen könnte. Aber er saß mit den Händen im Schoß hilflos da. »Ich kann mir denken, dass du Schmerzen hast …«
     
     
    Lucas hatte Jael seit dem Finale in der Tankstelle nicht mehr gesehen, aber sie hatte eine Nachricht hinterlassen. Auch von Catrin lag eine Bitte um Rückruf vor. Und Weather wollte ihn dringend sprechen: »Wegen eines Froschschenkelfressers«, hieß es in der Nachricht.
    Er wusste nicht, wo er nun anfangen sollte. Und statt eine Entscheidung zu treffen, statt einfach irgendwo zu beginnen, legte er im Büro die Füße auf eine herausgezogene Schreibtischschublade, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Die eine Sache war, dass er sehr gerne noch ein paar Tage mit Jael gehabt hätte. Aber dann war da natürlich Weather – die einzige Frau, die er je wirklich geliebt hatte. Wenn er andererseits jedoch an die Zeit mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher