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Nacht der Sünde

Nacht der Sünde

Titel: Nacht der Sünde
Autoren: ANNE OLIVER
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Notizblock und Stift.
    Nachdem sie die Tür leise geöffnet hatte, trat sie ein. Die Belegschaft konzentrierte sich ganz auf den Mann im dunklen Anzug, der an der Stirnseite des Tischs eine Ansprache hielt. Seine Stimme klang tief und melodisch. Und befehlsgewohnt.
    Innerlich bereitete Kate sich schon einmal darauf vor, ihre Kompetenz zu verteidigen.
    Beim Sprechen wandte er ihr das Profil zu, doch als er sie hereinkommen hörte, unterbrach er sich und schaute sie direkt an. Sein Anblick traf Kate wie ein Fausthieb in den Magen. Der Blick aus topasfarbenen Augen nagelte sie fest. Möglich, dass er die Kiefer aufeinanderpresste – aber vielleicht auch nicht. Kate war schlicht zu verwirrt, um es zu entscheiden.
    Heiliger Himmel, das darf doch nicht wahr sein! Ihr One-Night-Stand von Samstagabend war Damon Gillespie, Bryces Neffe? Sie bekam keine Luft mehr und wusste, dass das nicht mit ihrer Erkältung zusammenhing. Das war doch nicht möglich!
    Vielleicht sah Damon Gillespie dem Fremden von Samstagabend auch einfach nur zum Verwechseln ähnlich. Genau betrachtet war es unmöglich, dass dieser ordentlich rasierte Mann in Maßanzug und Krawatte, der da vorn an der Stirnseite des Tischs stand, der abenteuerliche Fremde sein sollte, der sie nicht nur bis zur Besinnungslosigkeit geküsst, sondern sie auch – im Stehen an eine Wand gelehnt – geliebt hatte. Als sich jetzt alle zu ihr umdrehten, überschwemmte Kate eine Hitzewelle.
    Reiß dich zusammen. Sie holte tief Atem und nickte ihm zu. Alle Kompetenzstreitigkeiten waren vergessen, sie wollte sich nur möglichst unauffällig auf den nächstbesten Stuhl sinken lassen und versuchen, ihre Fassung wiederzufinden.
    Dummerweise gab es nur noch einen einzigen freien Stuhl, rechts neben Damon Gillespie. Mit puddingweichen Knien ging sie durch den Raum. Ganz ruhig, versuchte sie sich zu entspannen. Bestimmt erkannte er sie nicht.
    Zu allem Überfluss wartete er auch noch, bis sie endlich saß, wodurch sich die allgemeine Aufmerksamkeit weiterhin auf sie richtete.
    „Entschuldigen Sie …“ Sie flüsterte fast, wofür sie sich sofort verwünschte, schließlich müsste eigentlich er sich entschuldigen.
    „Guten Morgen, Miss …“
    Erleichtert sank sie auf ihren Stuhl. Notizblock und Stift glitten ihr aus den zitternden Fingern und landeten klappernd auf dem Tisch. Sein Aftershave wehte ihr in die Nase. Würzig und teuer.
    Vertraut.
    Sie legte ihre Hände fest gefaltet vor sich auf den Tisch und zwang sich, direkt in diese Augen zu schauen, die sie unter so bemerkenswerten Umständen kennengelernt hatte. Dabei sagte sie förmlich: „Kate Fielding.“
    „Ah. Kate.“ Er nickte. Sein Blick hielt ihren nicht länger als ein oder zwei Sekunden fest, aber es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. „Ich bin Damon Gillespie. Ich habe gestern versucht Sie zu erreichen, leider vergebens. Hatten Sie einen netten Samstagabend?“ Sein Ton ließ den Verdacht aufkommen, dass er alles über ihren Samstagabend wusste. Oder bildete sie sich das nur ein?
    Glücklicherweise erwartete er keine Antwort, da er im selben Atemzug mit seiner Ansprache fortfuhr. Er informierte die Angestellten, dass er mit jedem Mitglied der Belegschaft ein persönliches Gespräch führen wollte. Scheinbar ganz bei der Sache, begann Kate, sich Einzelheiten auf ihrem Notizblock zu notieren. Doch als sie bemerkte, wie ihre Finger zitterten, ließ sie es wieder sein.
    Damon Gillespie zupfte an seinen blütenweißen Manschetten und legte die Hände mit den Handflächen nach unten vor sich auf dem Tisch. Er hatte schöne lange Finger. Kate schaffte es nicht, den Blick loszureißen. Dabei überschwemmte sie eine Flut von Erinnerungen. Diese Finger hatten sie an den intimsten Stellen gestreichelt …
    Ihr Herz pochte hart und dumpf. Sie biss sich auf die Unterlippe. Warum verriet ihr Körper sie? Warum reagierte er so heftig auf einen Mann, mit dem sie nicht das Geringste verband, ja, den sie sogar ablehnte?
    Als sie ihren Namen hörte, schrak sie zusammen. Ihr Kugelschreiber fiel klappernd zu Boden. Erst jetzt bemerkte sie, dass er sie erwartungsvoll ansah.
    „Äh … Entschuldigung, wie bitte?“, stammelte sie verschämt.
    Heiliger Himmel, dachte Damon verblüfft. Das war die Frau von Samstag, daran bestand kein Zweifel. Und sie war nicht weniger schockiert als er, seit sie wusste, wer ihr neuer Chef war.
    Natürlich gab sie sich größte Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, wenn auch wenig erfolgreich. Vielleicht
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