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Nacht der Sünde

Nacht der Sünde

Titel: Nacht der Sünde
Autoren: ANNE OLIVER
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hoffte sie, dass er sie wegen ihres Kostüms nicht erkannt hatte. Dann allerdings hatte sie die Rechnung ohne den kleinen Schönheitsfleck unter ihrem linken Auge gemacht. Außerdem war der Schleier viel durchsichtiger gewesen, als sie wahrscheinlich glaubte.
    Er bückte sich nach Kates Stift und legte ihn auf ihren Notizblock. Dabei fiel sein Blick auf ihr deprimierend praktisches, flaches Schuhwerk, obwohl selbst das der erotischen Ausstrahlung ihrer Knöchel keinen Abbruch tat. Ihre Blicke trafen sich, als sie sich mit einem verlegenen Murmeln bedankte.
    „Ich wollte wissen, wer mir sagen kann, bei wem ich mich persönlich für Blumen, Spenden oder Ähnliches bedanken muss“, wiederholte Damon seine Frage.
    In ihrer Stimme schwang wieder der auffallend spröde Unterton mit, als sie antwortete: „Ich habe die Unterlagen zuhause. Ebenso wie die Namensliste der Trauergäste.“
    Der Vorwurf in ihrem letzten Satz war nicht zu überhören. Wahrscheinlich nahm sie es ihm übel, dass er nicht zur Trauerfeier gekommen war. Aber er war ihr keine Rechenschaft schuldig.
    „Danke, Kate. Ich melde mich später bei Ihnen.“ Sie erwiderte sein Lächeln nicht, sondern schaute schnell weg.
    Zum Abschluss ließ Damon den Blick über den Tisch schweifen und sagte, immer noch lächelnd: „Dann bleibt mir vorerst nicht mehr, als mich bei Ihnen zu bedanken. Und machen Sie sich keine Sorgen um Aussie Essential. Wenn wir alle mit anpacken, können wir es schaffen.“
    Mit Gemurmel standen die Angestellten auf und verließen den Raum. Kate wollte ebenfalls gehen, aber er berührte ihre Hand und bat: „Schenken Sie mir noch einen Moment, Kate?“ Er ließ seine Hand kurz auf ihrer liegen und kostete es aus, die glatte Haut zu spüren, auch wenn ihre Finger sich extrem verspannten.
    Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und beobachtete sie schweigend, bis sich der Raum geleert hatte. In ihren Augen lag keine Spur des dunklen Begehrens, das er vor weniger als achtundvierzig Stunden dort entdeckt hatte. Diese spröde Kate, die ihr pechschwarzes Haar mit einem straffen Knoten gebändigt hatte und die üppigen Brüste unter einer biederen, dunkelblauen Kostümjacke versteckte, hatte nichts, aber auch gar nichts mit der orientalischen Verführerin vom Samstag gemeinsam. Selbst der schlichte Name Kate beschwor ein völlig anderes Bild herauf als das exotische Shakira. Eine Frau mit zwei Gesichtern.
    Die vielleicht auch zwei Leben führt, überlegte Damon, während er genüsslich beobachtete, wie sie versuchte, sich in den Griff zu bekommen. „Ich habe gehört, dass Sie und Bryce befreundet waren.“
    „Ja.“ Sie zog ihre Hand unter seiner weg und legte sie fest in den Schoß, dann hob sie fast ruckartig den Kopf und erklärte mit einem kalten Glitzern in den Augen: „Er war ein fürsorglicher, großzügiger Chef. Und ein Gentleman.“
    Ganz im Gegensatz zu ihm, wollte sie damit wahrscheinlich sagen. Na schön, zugegeben, am Samstagabend war er tatsächlich kein Gentleman gewesen. Aber Spaß gemacht hatte es trotzdem. Er spürte, wie ein Lächeln seine Mundwinkel leicht hob.
    „Was ist so lustig?“, fragte sie verärgert, und bevor er auch nur Luft holen konnte, fuhr sie schon fort. „Lassen Sie mich raten: Ihnen ist die Firma in den Schoß gefallen.“
    Ohne jeden Zweifel war sie wütend – und ganz wunderbar in ihrem Zorn.
    Aber sie irrte sich. Er brauchte kein heruntergewirtschaftetes Reisebüro. Er hatte im Moment genug mit seiner eigenen Firma zu tun.
    „Obwohl Sie sich nicht mal die Mühe gemacht haben, an Bryces Beerdigung teilzunehmen.“ Sie blinzelte und nieste. „Offensichtlich hat er Ihnen nichts bedeutet“, klagte sie und schnäuzte sich die Nase.
    „Er war für mich so etwas wie ein älterer Bruder. Wir hatten ein gemeinsames Zuhause.“
    „Und wie lange ist das her?“
    Eine Ewigkeit. „Ich lebe in den Vereinigten Staaten, aber wir hatten regelmäßig Kontakt.“ Meistens wenn Bryce sich meldete, weil er wieder einmal Geld brauchte.
    Die Erkältung hatte Kate offensichtlich schwer erwischt. Sie sah richtig elend aus. „Sie sind krank, ich finde, Sie sollten nach Hause gehen und sich hinlegen“, sagte er ruhig. „Ich melde mich dann später bei Ihnen.“
    Aus geröteten Augen starrte sie ihn an. „Wie kommen Sie dazu, mir zu sagen, was ich tun soll? Ich war seit drei Jahren nicht mehr krank. Ich kenne mich hier am besten aus und kann meine Verantwortung nicht einfach an der Garderobe abgeben. Ich werde
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