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Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben

Titel: Na Servus! Wie ich lernte, die Bayern zu lieben
Autoren: Sebastian Glubrecht
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besonderen Latte macchiato: Den Kaffee goss ich so geschickt ein, dass sich eine herzförmige Linie abzeichnete. Mit zärtlichem Blick stellte ich die Tasse vor Roni ab.
    Roni: «Was soll denn das sein? Ein Arsch?»
    Nach dem Frühstück beichtete ich ihr alles: die Details meines Absturzes, dass ich nur dank Ludwigs Freitod nicht mit Porno-Theresa geschlafen habe, meine Erkenntnisse über Berlin und die Feststellung, dass ich für Roni einfach alles tun würde. Ich kassierte noch eine Ohrfeige und versprach, ein Jahr lang nur noch in ihrer Gegenwart zu trinken. Alkohol, versteht sich. In Bayern ist das ein ziemlich großes Opfer, aber für diese zweite Chance wäre ich sogar Vegetarier geworden.
    Roni ließ sich erweichen. Seitdem schaue ich stur geradeaus, wenn uns irgendeine fremde Frau auf der Straße entgegenkommt. Und Roni gibt sich alle Mühe, mir meinen Fehltritt nicht allzu oft unter die Nase zu reiben. Seit wir ein Paar geworden sind, hat sich mein Leben radikal geändert. Wir machen jetzt nämlich so Pärchensachen: gehen mit anderen Pärchen zum Bowling, ins Kino, in die Bar oder zum Schafkopfen. Meist liegen wir aber einfach nur auf dem Bett oder vor dem Fernseher, und Roni schläft irgendwann mit dem Kopf auf meinem Bauch ein. Könnte sein, dass wir bald zusammenziehen. Seit Anfang April übernachte ich ohnehin fast jede Nacht bei ihr.
    Heute Abend bin ich allerdings mit Knoll verabredet. Er möchte mir seine Band vorstellen – nicht Die Obrigkeit, die kenne ich ja schon, sondern «die wuide». Der Probenraum liegt in einer Scheune bei Dumbling. Neben einer Menge Heu und einem Trecker steht hier ein komplettes Band-Equipment, mitsamt Instrumenten, Gesangsanlage und Mischpult.
    Die meisten Mitglieder der fünfköpfigen Kapelle kenne ich bereits von der Hochzeit: Johannes, der Schwager, spielt die elektrische Orgel und singt. Der bayerische General zupft den Kontrabass, Knoll spielt Trompete. Huberfranzl kenne ich vom Weisenblasen und dem Oktoberfest. Bei der Obrigkeit spielt er Tuba, hier Saxophon. Ich warte gespannt auf den Schlagzeuger, den sie Bumms nennen. Zur heutigen Probe, erklärt mir Knoll, wolle Bumms seinen Sohn mitbringen, der in Berlin wohne. «Iha zwoa hobts einiges zum beredn», meint Knoll und zwinkert mir zu. Irgendetwas scheint hier im Gange zu sein.
    Eine halbe Stunde später tauchen Bumms und Sohn auf. Der Schlagzeuger entpuppt sich als sehniges Männlein mit weißem Bart und langen Armen. Sein Sohn ist genauso klein, trägt aber statt bayerischer Kleidung einen Irokesenschnitt, eine Lederjacke und einen breiten Nietengürtel. Er stellt sich als Joe vor. «Ah geh», fährt der Vater ihm über den Mund. «Des is da Joseph, und dahoam isa imma no da Beppi.»
    «Servus Beppi!», ruft die Band.
    Bumms ergreift das Wort. «Wia i eich gsogt hob: Da Beppi is Manager von am Kulturfest in Berlin. Und i hob eahm oane von unsare Kassetten gschickt, und er hod gmoant, er hod gsoagt … ge, Beppi, wos host glei gsogt?»
    «Dass ihr rockt, Papa.»
    «Des woas. Und jetza wui si da Beppi oschaun, ob mia aa des Zeig hom, dass ma in Berlin auf am Fest spuin.»
    «Kein Fest, Papa, ein Festival, mit Punk-und Skamusik.»
    «Geeenau, a Skatfestival. Und da soin mia a Musi spuin, damit des ned so lädschad is.»
    Beppi schaut seinen Vater an, wie es Söhne tun, die sich erwachsener fühlen als ihre Väter.
    Knoll bedeutet Beppi und mir, auf zwei Hockern zwischen der Band und dem Scheunentor Platz zu nehmen. Beppi setzt sich und schaut mich mitleidig an. «Wie schaffst du es nur, diesen Haufen unter Kontrolle zu halten? Dagegen sind die Sex Pistols ja Chorknaben.»
    «Ich halte sie gar nicht unter Kontrolle.»
    «Das ist vielleicht die einzige Möglichkeit. Gib mir mal deine Nummer, dann können wir uns wegen des Termins absprechen. Die haben ja alle keine Handys.»
    «Die Termine solltest du lieber mit deinem Vater klären. Oder mit Knoll.»
    «Der hat mir gesagt, dass du ihr Manager bist.»
    Bevor ich etwas entgegnen kann, schlägt Bumms seine Trommelstöcke aufeinander. «Oanszwoa – oans-zwoa-dreivier!»
    Mit einem Trompetenstoß beginnt die Band zu spielen. Die Musik vereint die Gemeinsamkeiten von Ska und Polka: flotte Tanzmusik mit schiefen Bläsereinsätzen und einem rumpelnden, aber mitreißend schrägen Rhythmus. Mit Weisenblasen hat das nichts mehr zu tun. Bumms gibt den Takt vor, Knoll feuert die Fanfaren aus der Trompete, das Saxophon jammert. Johannes haut in die Tasten. Der Rhythmus reißt
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