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Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Titel: Mythor - 084 - Stadt der Amazonen
Autoren: Giesa Werner K.
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davon, um mit ihrem Geschäft zu beginnen.
*
    »Du sprichst im Wahn!« hielt Gudun ihrer Gefährtin vor. »Das kannst du nicht wirklich meinen!«
    Tertish straffte sich.
    »Ich habe es mir sorgfältig überlegt«, sagte sie langsam. »Es gibt keine andere Möglichkeit, Mythors Aufenthaltsort zu erfahren. Durch Sosonas heimtückisches Spiel haben wir vor Burra versagt. Dieses Versagen muß ungeschehen gemacht werden. Ich muß mit Sosona sprechen.«
    »Und wenn sie schon tot ist?«
    »Darüber«, sagte Tertish leise, »mache ich mir Gedanken, wenn ich mich am Letzten Ort befinde. Aber so schnell stirbt keine Hexe. Sie wird sich ihrer Magie bedienen wollen, und das braucht einige Vorbereitungen. Mein Entschluß steht fest: Ich gehe. Ihr könntet mich nur daran hindern, indem ihr mich tötet.«
    »Dann werden wir dich nur noch einmal sehen«, sagte Gorma leise. »Dann, wenn du uns berichtest.«
    Tertish nickte.
    Es bestand für sie die Möglichkeit, den Letzten Ort noch einmal zu verlassen; im allgemeinen wurde einer Todeskandidatin ein letzter Wunsch gewährt. Doch auch wenn sie den Letzten Ort wieder verließ, würde sie gezwungen sein, früher oder später die Selbstentleibung vorzunehmen - auch wenn es erst nach Jahr und Tag geschah.
    Stumm wandte Tertish sich um und verließ die Sturmbrecher.
    Sie suchte den Letzten Ort auf, um Sosona zu finden. Und der Tod konnte sie nicht schrecken.
*
    Unter der Kuppel des Tempeldachs funkelte die Weltkarte Vangas. Wer den Kopf in den Nacken legte und hinaufsah, konnte diese Karte betrachten, die mit unheimlicher Genauigkeit jede Insel, jeden Ort zeigte, und in den Farben des Regenbogens schimmerte der Mittelpunkt des Hexensterns.
    Nur kurz sah Tertish hinauf zu dem unvergeßlichen Bild, das sie zum ersten Mal in ihrem Leben so sah, dann senkte sie den Blick wieder und sah die Richterin an. Die Hexe im weißen Mantel erwiderte ihren Blick.
    »Wer bist du, Amazone der Zaem?«
    Tertish fühlte die Blicke Guduns und Gormas in ihrem Rücken wie Dolche. Die beiden Gefährtinnen hatten sich nicht davon abbringen lassen, Tertish zumindest bis in den Traumpalast zu begleiten. Mit keiner Regung zeigten sie an, dessen Inneres bereits zu kennen.
    »Ich bin Tertish, Kriegerin der Burra von Anakrom.«
    »Was willst du, Tertish?«
    Die Richterin war alt, uralt. Tertish wagte ihr Alter nicht einmal zu schätzen. So weiß wie der Mantel war auch ihr Haar. Ihren Namen hatte sie nicht genannt, er war auch nicht nötig. Wichtig war nur, daß sie die Richterin war.
    »Ich habe eine Aufgabe, die meine Herrin mir stellte, schuldhaft nicht erfüllt. Ich versagte«, sagte Tertish fest. »Mein Ziel ist der Letzte Ort.«
    Die weiße Hexe hob beide Hände, die lederartig und bräunlich waren, dürr und mit langen Spinnenfingern.
    »Du hast dir diesen Schritt reiflich überlegt, Tertish?« fragte sie leise und kalt wie ein Eishauch. »Bedenke, daß es für dich kein Zurück gibt, hast du den Letzten Ort erst betreten.«
    »Ich muß dorthin«, sagte Tertish gelassen. Niemand sah ihr an, welche Mühe es ihr bereitete, diese Gelassenheit zur Schau zu tragen. »Nur so ist die Ehre wiederherzustellen.«
    Die Richterin sah sie eine lange Zeit durchdringend an. Waren es Stunden? Niemand vermochte es hinterher genau zu sagen. Aber Tertish war es, als vermöge die Richterin durch sie hindurch bis tief in ihre Seele zu schauen.
    »So gehe«, sagte sie dann. »Der Letzte Ort sei dir gewährt.«
    Am Ende des großen Saales, in dem früher die Eaden Fronjas Träume empfingen, entstanden seltsame Geräusche. Ruckartig wandten zwei Amazonen sich ab und verließen die Kuppelhalle. Doch Tertish wußte, daß sie warten würden.
    Denn Tertish gedachte den Letzten Ort noch einmal zu verlassen und ihnen zu berichten, ehe sie tat, was getan werden mußte.
    »Man wird dir den Weg weisen«, sagte die weiße Hexe.
*
    Eine Eade führte Tertish zum Letzten Ort. Mehrmals versuchte die Amazone, die Traumverlorene anzusprechen, aber die Eade antwortete nicht. Das Hexon an ihrer Kapuze schien Tertish höhnisch anzugrinsen.
    Tertish selbst bewegte sich wie im Traum. Nur allmählich kam ihr zu Bewußtsein, was sie beabsichtigte: sich schließlich selbst den Tod zu geben! Einen Tod nicht im Kampf, sondern von eigener Hand…!
    Und das alles nur wegen Sosona.
    Zorn stieg in Tertish auf.
    Dann nahm der Letzte Ort sie auf, jener graue Endpunkt auf dem Lebensweg.
    Tertish vermochte nicht zu sagen, ob er noch innerhalb der Mauern des Traumpalasts
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