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Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben

Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben

Titel: Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben
Autoren: Franziska Seyboldt
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hypothetisch an, ich würde beim ersten Treffen kochen. Dann erwartet der doch, dass ich das immer mache«, sagte ich. »Was dann?«
    Emil lachte.
    »Das ist doch das Beste, was dir passieren kann! Du kommst nicht mehr raus aus der Nummer. Und dann musst du eben kochen lernen.«
    Ach so? Ach so! Ich fixierte Martha, die verdächtig rote Wangen bekommen hatte.
    »Hast du das beim Müslimann etwa auch so gemacht?«
    »Ehm, na ja. Ich hab auch vorher schon gekocht.«
    »Du lügst!«
    »Aber gebacken!«
    Als die beiden gegangen waren, musste ich nachdenken. Immerhin wusste ich jetzt, warum sich dieser sehr vielversprechende Typ aus dem Mauerpark nach unserem ersten Date, das eigentlich sehr lustig gewesen war, nie mehr gemeldet hatte. Vielleicht sollte ich langsam mal damit aufhören, so dogmatisch zu sein. Backen konnte ich schließlich auch. Und das gar nicht mal schlecht. Da gab es ja noch das berühmte Apfelkuchenrezept von Oma Stuttgart. Und den Geburtstags-Marmorkuchen von Tante Lina. Das Rezept für die Schwarzwälder Kirschtorte von Tante Inge musste auch noch irgendwo sein. Und Oma Schwarzwald hatte mir als Sonntagsessen Sauerbraten mit handgeschabten Spätzle beigebracht. Außerdem hat mich erst neulich Anna bei ihrem Besuch in Berlin schwer gelobt, als ich uns nach einer durchsoffenen Nacht ein Rührei gemacht hatte. Und dabei hatte ich das doch nur schnell improvisiert – Eier, Milch, Feta. Und das Ganze dann mit Kräutern der Provence verfeinert. Das ist ja nun wirklich keine große Sache.

15 Ein Schrebergarten wird eingeweiht,
der Müslimann vorgestellt und Fisch ist kein Fleisch. Aber es gibt Marillenschnaps!
    Ein Stockwerk über mir kleben sie gerade einen Balkon an die Wand. Kein Witz. Die Wohnung wird renoviert, da haben sie sich wohl gedacht: So ein Balkon wär doch nett, kann ja nicht viel schwieriger sein, als falschen Stuck an die Decke zu pappen und drüberzustreichen. Ehrlich gesagt bin ich mächtig neidisch. Ich hätte auch gern einen Balkon, es wird ja wieder Frühling. Die Bäume schlagen aus und die Hasen Purzelbäume, ach könnt ich nur einen kleinen Kräutergarten pflanzen, ich wär ein glücklicherer Mensch. Spontan beschließe ich, umzuziehen, aber nach drei Tagen habe ich immer noch keine Wohnung gefunden, und ich bin ungeduldig, un-ge-dul-dig!, draußen rasten die Vögel aus und drinnen ich.
    Lasse ich meine Wut eben an den vierzig Quadratmetern aus, die ich gemietet habe. Ich drehe die Musik auf, binde mir eine Schürze um und ein Tuch ins Haar und putze Fenster, klopfe Teppiche aus, wische Staub, wasche Vorhänge, werfe Weihnachtsplätzchen weg. Sollen doch andere zur Katharsis ins Kloster gehen oder heilfasten, ich kümmere mich um die Frühlingsquote. Ziel ist, dass die Wohnung am Ende aussieht wie ein Ort, an dem Kolibris süßen Nektar trinken, Kinder in weißen Rüschenkleidern auf Hollywoodschaukeln sitzen und nachmittags pünktlich um vier ein rotbackiger Apfel auf die Wiese plumpst. Wenn ich fertig bin, kann Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland einpacken mit seinem Angebergarten und dem Birnbaum, oh ja.
    Nach drei Stunden gebe ich auf und gehe Blumen kaufen. Die Vase mit den Tulpen und Narzissen stelle ich ans Küchenfenster und mich davor. Ist doch auch schön, so ein Bonsai-Balkon, denke ich, fast wie ein echter. Man kann sich sogar einbilden, dass die Fensterscheiben gar nicht existieren, so blitzeblank sind sie. Ve-ro-ni-ka, der Lenz ist da. Genießerisch sauge ich den Duft der Blumen ein, bis ich merke, dass da keiner ist. Als ich gerade anfangen will, mich zu ärgern, klingelt das Telefon. Martha ist dran.
    »Hast du heute Abend schon was vor?«, fragt sie.
    »Kommt drauf an, ob ich heute noch umziehe.«
    Ich erzähle ihr von meinem erfolglosen Versuch, den Frühling in meine Wohnung zu holen.
    »Ha!«, sagt Martha vergnügt. »Dann habe ich eine gute Nachricht für dich: Mein Freund weiht heute seinen Schrebergarten ein.«
    Igitt. Ein Schrebergarten. Das ist doch was für Leute, die sich nicht trauen, so richtig aufs Land zu ziehen, aber trotzdem irgendwie was mit Natur wollen.
    »Ja«, sagt Martha. »Wie ein Balkon. Nur größer.«
    Ich denke an den Schrebergarten von Noras Eltern, in dem wir früher fast den ganzen Sommer verbracht haben. Der war auch spießig, aber damals war uns das egal. Schließlich konnte man dort grillen, Federball spielen und sogar mit dem Schlauchboot auf dem nahe gelegenen Kanal herumpaddeln.
    Außerdem wird es wirklich Zeit, dass ich
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