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Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben

Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben

Titel: Mueslimaedchen - mein Trauma vom gesunden Leben
Autoren: Franziska Seyboldt
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Hollywoodschaukel. Aber ein Apfelbaum!
    Als ich mich zu Martha umdrehe, knutscht sie gerade einen dunkelhaarigen Mann ab.
    »Hallo«, sage ich. »Du musst der Müslimann sein. Ich hab schon viel von dir gehört.«
    »Ebenfalls«, sagt der Müslimann und gibt mir die Hand. Er sieht aus wie einer, den die meisten Frauen toll finden. So ein Unterhosenmodeltyp, kantig und irgendwie glatt. Ob der wirklich freiwillig mit seinen Händen in der Erde rumwühlt? Außerdem trägt er Segelschuhe und ein Poloshirt. Na ja. Aber es hätte schlimmer kommen können.
    »Ich stelle euch mal die anderen vor«, sagt er und schiebt uns zu den Bierbänken, wo jeder der Anwesenden artig seinen Namen aufsagt. Ich vergesse sie sofort wieder, das ist wie mit Prozentrechnen oder mit welcher Briefmarke man einen Standardbrief frankiert. Für solche Sachen ist in meinem Gehirn einfach kein Platz.
    »Komm, wir holen uns was zu trinken«, sagt Martha und zieht mich rüber zum Gartenhäuschen. Im Kühlschrank liegen Bier und Bionade. Wir entscheiden uns für Bier.
    »Und, wie findest du ihn?«, fragt Martha, nachdem wir angestoßen haben.
    »Ja«, antworte ich, und als mir auffällt, dass das keine Antwort auf ihre Frage ist, schiebe ich noch ein »hübsch« hinterher.
    Martha strahlt.
    »Ja, ne.«
    Dann fällt uns ein, dass wir ja Essen dabeihaben und wir gehen zum Buffet, wo sich Marthas Salat perfekt in das liebevoll angerichtete Arrangement aus Salat, Salat und Salat einfügt. Ansonsten gibt es Dinkelcräcker und Brot. Ich drapiere meine Würstchen erst mal auf dem Tisch und lade mir fünf Sorten Salat auf meinen Teller. Dann laufen Martha und ich rüber zur Wiese, wo der Müslimann sitzt und uns zuwinkt. Wir lassen uns auf die Klappstühle neben ihm fallen. Schön ist es hier, beinahe wie in einem richtigen Garten. Während über uns die Zweige des Apfelbaums im Wind rauschen, essen wir schweigend unseren Salat. Ich befürchte, dass der Müslimann einer von den Menschen ist, die keine Gesprächspausen ertragen, und dass er die Stille gleich mit einem »Naaaaa?« unterbricht, mit diesem langgezogenen Pausenfüllelement, das gerne auch bei der Begrüßung verwendet wird, und auf das man nur mit einem ebenso idiotischen »Naaaa?« antworten kann. Oder mit einem »Und du so?«.
    Also komme ich ihm zuvor.
    »Cox Orange?«, frage ich um einen einigermaßen anspruchsvollen Einstieg bemüht und mache mit dem Kopf eine Bewegung zum Apfelbaum hin.
    »Ähm …«, macht der Müslimann. »Wie jetzt, Koks?«
    »Die Apfelsorte.«
    Der Müslimann ist verwirrt.
    »Cox Orange«, schaltet sich Martha ein. »So wie Boskop, Granny Smith … du weißt schon.«
    »Ach so, haha, ja.«
    Er hat keine Ahnung.
    Süß irgendwie.
    Aber ich mache mir da keine Sorgen, es gibt bestimmt irgendeine App fürs Smartphone, die für 79  Cent Apfelsorten erkennen kann, wenn man sie fotografiert.
    »Kommt mal mit, ich zeig euch was«, sagt der Müslimann. Ein Stück weiter hinten im Garten bleibt er stehen und macht eine ausladende Armbewegung.
    »Da will ich Gemüse anbauen.«
    Stolz erklärt er uns, welche Sorten er schon eingepflanzt hat. Feldsalat, Möhren, Tomaten, Kartoffeln.
    »Wusstet ihr eigentlich, dass man Möhren und Zwiebeln immer nebeneinander pflanzen sollte? Die Möhrenfliege hasst nämlich den Geruch von Zwiebeln und die Zwiebelfliege den von Möhren«, sage ich.
    Martha ist erstaunt. »Die Frage ist ja wohl eher: Warum weißt du solche Sachen?«
    »Keine Ahnung. Von früher halt.«
    Wahrscheinlich nimmt diese Information den Platz in meinem Gehirn ein, wo eigentlich das Prozentrechnen gespeichert sein sollte. Aber wer fragt schon nach Mathe, wenn ich irgendwann mal auf einer einsamen Insel ums nackte Überleben kämpfen muss. Mit der Möhren- und Zwiebelsache bin ich dagegen fein raus.
    Der Müslimann nickt anerkennend.
    »Bist du auf dem Land groß geworden?«, fragt er.
    »Nee. Aber mit einem Garten.«
    »Hast du’s gut«, sagt er.
    Da hat er recht. Ein bisschen wehmütig denke ich an den riesigen, verwilderten und ganz und gar nicht schreberhaften Garten hinter unserem Haus, der mir früher vermutlich nur deshalb so groß vorkam, weil ich so klein war. Aber gegrillt haben wir trotzdem nie.
    Apropos Grill. Es wird Zeit für den zweiten Gang, und Biernachschub brauchen wir auch. Ich suche meine Würstchen, die einsam zwischen den Salatschüsseln liegen und reiße die Packung auf. Auf dem Grillrost liegen bereits Haloumikäse, Falafel und Backkartoffeln. Und
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