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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien
Autoren: Franziska Sperr
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entwickelt ein Kommunikationssystem für Schiffe, einen Code für Marinesignale. Der Amerikaner gehört mit 27  Jahren zur wissenschaftlichen und politischen Elite Englands. Jetzt kann er sich einiges davon versprechen, seine Fähigkeiten in den Dienst des Kaisers in Wien zu stellen. Er reist auf den Kontinent.
    Schon am Tag seiner Ankunft erregt er Aufmerksamkeit: In Straßburg fällt er dem Garnisonskommandanten
Maximilian I. Joseph
auf, der – Glück für Thompson – im Jahr 1799  Herzog von Bayern wird. Auf dem Weg nach Wien macht er halt in München. Hier empfängt ihn der Kurfürst
Karl Theodor
und bietet ihm sofort eine gut bezahlte Stellung an. Der Amerikaner ist geschmeichelt, behält jedoch sein eigentliches Ziel im Auge: Wien. Wieder steht eine Entscheidung an, und Thompson tut das Richtige. Er beschließt, dem »kriegerischen Wahnsinn«gegen die Türken den Rücken zu kehren und in Zukunft nicht mehr der Vernichtung von Menschen zu dienen. Mit neuen Plänen kehrt er in ein durch Kriege ausgezehrtes Bayern zurück.
    In den folgenden vier Jahren in München hatte er Zeit und Muße, sich umzusehen. Er wohnte in der Schwabinger Landstraße, der heutigen
Theatinerstraße
( ▶ F 4 / 5 ) , lernte Deutsch und machte sich Gedanken, wie man aus dem heruntergekommenen Kurfürstentum einen modernen Staat machen könne. Zuerst musste man die Armee reformieren oder das, was von ihr übrig geblieben war. Wenn es gelänge, die vielen entlassenen Soldaten, die als Bettler und Vagabunden Städte und Dörfer terrorisierten, zu halbwegs gebildeten und gut genährten Menschen zu machen und man das Reformprogramm dann auf die unteren Schichten der zivilen Bevölkerung ausweiten könnte, käme das marode Land aus seiner Misere. Thompson verfasste ein umfangreiches Memorandum mit unkonventionellen Lösungsvorschlägen.
    Für die Soldaten wurden Militärgärten angelegt, aus denen sie sich mit frischer, gesunder Nahrung selbst versorgen konnten. Der Schlüssel zum Erfolg war die Kartoffel, die bislang in Bayern als nicht essbar galt. Man war noch misstrauisch, aber bald war sie Hauptbestandteil der Suppe, reich an Kohlehydraten und Vitaminen und sättigend. Mit dieser Rumfordschen Suppe, wie sie später hieß, wurden die Bettler und Obdachlosen kostengünstig verpflegt. Überall in Europa kam die Wundersuppe für die Armen zum Einsatz, man brauchte gesunde Arbeitskräfte, und mit der Erkenntnis, dass nur arbeitsfähig ist, der sich gut ernährt, war der erste Schritt für die Reformen getan.
    Es heißt, der Erfinder Thompson sei vor allem wegen dieser Suppe und des von ihm konstruierten, energiesparenden Herdes zum Grafen von Rumford geadelt worden. Das Rezept diktiert getrocknete Erbsen, Perlgraupen, Kartoffeln und Sauerbier. Heute fügt man eine rote Zwiebel, Salz, Butterschmalz, Brühe, eine Stange Lauch (nur das Weiße!), eine Karotte und Streifen von Wacholderschinken hinzu. Wenn man sich in München auf die Suche macht, findet man garantiert ein Restaurant der gehobenen Klasse, das ein »Rumfordschaumsüppchen an Parmesancroûtons« auf der Speisekarte hat, möglicherweise sogar in der Rumfordstraße.
    So wichtig wie das Essen war die geistige Nahrung. Die Idee, in einer Militärakademie begabten Knaben aus allen Bevölkerungskreisen eine Ausbildung zu ermöglichen, fiel auf fruchtbaren Boden. Rumfords Reformideen gingen noch weiter: Eine Fabrik in der Au wurde mit Wohnungen für die Arbeiter ausgestattet. In dem Arbeiterhaus lebten bald 200  Bettler, die, jeder nach seinen Fähigkeiten und Kräften, beschäftigt wurden. Es wurden dort Uniformen und eine spezielle wärmedämmende Unterwäsche für Soldaten hergestellt. Das Prinzip war erfolgreich: Die Leute arbeiteten, erhielten Lohn, wurden verpflegt, hatten ein Dach über dem Kopf und waren weg von der Straße – und das Unternehmen warf auch noch Gewinne ab.
    SO ENTSTAND DER ENGLISCHE GARTEN
    Mit der Stadt ging es bergauf, der Kurfürst hatte eine glückliche Hand bei der Auswahl seiner Berater, die Grafen Rumford und
Maximilian von Montgelas
( 1759 – 1838 ) konnten zum Wohl Münchens ihre Kompetenzen als Reformer ausweiten. 1789 wurde der Stadtmagistrat aufgefordert, nach einem geeigneten Areal für weitere Militärgärten zu suchen, die »nicht nur allein zum Vortheil und Ergötzung des Militaires, sondern auch zum allgemeinen Gebrauch als ein öffentlicher Spaziergang sowohl für das Civile als das Militaire dienen« .
    Am Tag des Ausbruchs der
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