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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien
Autoren: Franziska Sperr
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es bei Brecht heißt, »gehn tun sie beide nicht«. Das ist die Normalität. Es gibt aber auch Menschen, die machen den Plan sehr früh und richten dann alles im Leben so ein, dass der Plan aufgeht. Allerdings müssen zwei Komponenten zusammenkommen: erstens immer das Ziel im Auge behalten und zweitens: Das Schicksal darf keinen Strich durch die Rechnung machen. »Einen Gulden täglich mit Malerei verdienen«, das war der Plan des 16 -jährigen Handwerkersohns Franz Lenbach.
    Das ganze Leben lang hat er zäh und geschickt sein Ziel verfolgt: Aus dem einen Gulden wurden zwei, fünf, 100 , 1000 ; er hat seinen Plan übererfüllt. Und mit der Malerei war ziemlich viel Geld zu verdienen, das kristallisierte sich in diesem Leben Schritt für Schritt heraus. Der Bauernbub, so wird es kolportiert, sei von seinem Geburtsort Schrobenhausen unzählige Male barfuß über Stock und Stein die zehn Stunden bis nach München gelaufen, um seine Lieblingsgemälde in der
Alten Pinakothek
2 ( ▶ D 2 ) zu studieren. Es hat sich gelohnt. Sein letzter Wohnsitz, die Stadtvilla, das
Lenbachhaus,
legt noch heute Zeugnis ab von einem, der von unten kam, nach oben wollte und ganz oben landete.
    So ein »Riesentrumm Haus« (Fertigstellung 1891 ) konnte sich auch damals nur einer leisten, dem die lukrativen Aufträge irgendwann nur so zuflogen. Der Großverdiener Lenbach und sein Architekt
Gabriel von Seidl
nahmen sich beim Bau der Villa alle Freiheiten und ließen ihrer Lust an ästhetischen Finessen und modernster technischer Ausstattung freien Lauf. Wenn das Geld knapp wurde, musste der Bauherr schneller malen, oder die Bank sprang ein und gewährte Kredit, denn man wusste ja, mit wem man es zu tun hatte. Auf einem Grundstück, nur einen Steinwurf vom klassizistischen Königsplatz entfernt, entstand ein fürstliches Palais im Stil der italienischen Renaissance. Es scheint, als hätten Auftraggeber und Architekt im Duett gesungen: Dem einen saß das Geld locker in der Tasche, aus dem anderen sprudelten die Ideen heraus, den Sinn fürs ewig Schöne hatten beide. Geschnitzte Holzdecken und Marmor, vergoldeter Stuck, erlesene Möbel, Gobelins und Teppiche, antike Skulpturen, alles vom Feinsten.
    Wir Nachgeborenen können froh sein über die ästhetische Großmannssucht und betreten den gepflegten Garten vor der Villa, verharren am bronzenen Springbrunnen, benetzen die heiße Stirn, Traum und Wirklichkeit verschwimmen. Unser Blick wandert hinüber zur ockerfarbenen Fassade des Anwesens. Vögel zwitschern in den Bäumen, eine schläfrige Katze räkelt sich, wir träumen den Traum von der Toskana, von Olivenhainen und Zikaden. Doch wir stehen in der Eingangshalle der
Städtischen Galerie im Lenbachhaus
30 ( ▶ C 3 ) , dort gibt es Münchner Malerei aus seiner Zeit zu sehen: Spitzweg und Rottmann, Kaulbach, Leibl, Trübner und von Piloty, von Kobell und natürlich einiges von Lenbach.
    Zu unserem großen Vergnügen gibt es hier auch die Kunst zu sehen, die dem ehemaligen Besitzer der Villa ganz sicher nicht gepasst hätte: Der Blaue Reiter mit Bildern von Kandinsky und Münter, Marc und Macke, Klee, Jawlensky und Werefkin. In einem Teil der Räume gibt es wechselnde Ausstellungen, hier werden Tendenzen des modernen und aktuellen Kunstgeschehens gezeigt, wie etwa die Installation des großen Joseph Beuys »Zeige deine Wunde«. Und weil wir schon einmal hier sind, gehen wir hinüber in den Kunstbau, die Erweiterung des Lenbachhauses; hier wurde in einem Leerraum, den man beim Bau der U-Bahn angelegt hatte, ein 110  x 14  Meter großer Raum als ungewöhnliche Ausstellungshalle ausgebaut, hell, doch ohne jedes Tageslicht, für Wechselausstellungen moderner oder neuester Kunst.
    ER LERNTE UND LERNTE – UND HATTE ERFOLG
    Franz Lenbach absolvierte mit großem Ernst die zeichnerische Grundausbildung an der Münchner
Akademie der Bildenden Künste
1 ( ▶ F 1 ) , zuvor hatte er sich in Augsburg im Figurenzeichnen unterrichten lassen. Jede freie Minute verbrachte er in dem Dorf Aresing, um sich dort mit Freunden und Kollegen in einer Malschule auszuprobieren. An der Akademie arbeitete er emsig, schnell war er Schüler von
Carl von Piloty,
dem einflussreichen Historienmaler. Alles lief wie geplant, bereits jetzt konnte er sein noch bescheidenes Leben finanzieren. Bei der Deutschen Historischen Kunstausstellung im Glaspalast, ehemals am Alten Botanischen Garten, Luisenstraße, erregte sein Bild »Landleute vor einem Unwetter flüchtend« großes Aufsehen.
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