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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien
Autoren: Franziska Sperr
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schwach gewesen, je nachdem. Am Hof, im Parlament und in der feinen Gesellschaft war man zwar, was Abenteuer und Affären anging, einiges von ihm gewöhnt, hatte über manch provokante Unschicklichkeit hinweggesehen, aber das war für die sittlich katholischen Bayern doch zu viel. Hinzu kamen horrende Teuerungen für Lebensmittel und Bierpreiserhöhungen. Wirtshäuser wurden demoliert, Tausende hungerten und hatten kein Dach über dem Kopf. Die Menschen wollten sich nicht mehr alles gefallen lassen, das Volk forderte mehr Rechte. Im März 1848 trat der König zurück.
    Dabei hatte alles so gut angefangen. Mit der angemessenen Sorgfalt eines Herrscherhauses wurde für den Kronprinzen eine passende Ehefrau gesucht, die Wahl fiel auf die schöne, liebenswürdige Prinzessin
Therese von Sachsen-Hildburghausen.
Anlässlich der Hochzeit im Oktober 1810 wurde ein Pferderennen auf der Festwiese vor der Stadt veranstaltet, im Stil der antiken Spiele in Olympia, Ludwig zuliebe, der ein besonderes Interesse für die Antike hatte. Die Wiese benannte man zu Ehren der Prinzessin
Theresienwiese
34 ( ▶ A 7 ) . Zur Freude der Stadtbevölkerung fand das Fest im nächsten Jahr zur gleichen Zeit wieder statt, im Jahr darauf ebenso und so fort. Bald kamen Kletterbäume hinzu und Kegelbahnen. Schaukeln wurden aufgestellt und 1818 das erste Karussell. Und ein spezielles Bier wurde gebraut, das Wiesn-Märzn, mit mehr Stammwürze und höherem Alkoholgehalt.
    Seither findet auf der Theresienwiese das Münchner Oktoberfest statt. Es ist heute das größte Volksfest der Welt, weswegen die Wiese irgendwann asphaltiert wurde. Inzwischen kommen jährlich gut sieben Millionen Gäste auf die Wiesn, von überall her, das Bier fließt hektoliterweise, in den riesigen Festzelten tanzen Tausende auf Tischen und Bänken. Das Oktoberfest findet seit 1810 in der zweiten Septemberhälfte und an den ersten Oktobertagen statt, meist unter einem bayerisch weiß-blauen Himmel, dem sprichwörtlichen Wiesnwetter. Wenn die Millionenschar der Gäste wieder weg ist, schlagen die Münchner drei Kreuze. Dann wird die Stadt wieder normal, die Touristen versammeln sich wie gewohnt am Marienplatz und bringen um 11  Uhr beim Glockenspiel die Videokameras in Stellung, um den Reigen der Schäfflerfiguren im Rathausturm mit nach Hause zu nehmen.
    Schon als Kronprinz hatte Ludwig große Pläne zur architektonischen und stadtplanerischen Veränderung Münchens. Alles wollte er daran setzen, die Residenzstadt zu einem Ort zu machen, »der Teutschland zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München kennt« . Was er damit meinte, war, dass die Stadt zulegen müsse, an Ausdehnung in nördlicher und westlicher Richtung und vor allem an majestätischer Größe: in italienischer Bauweise oder griechisch, auf alle Fälle südlichen Regionen zugeneigt, großzügig und weiträumig. Sah er aus dem Fenster, drückte ihm, dem feinsinnigen Ästheten, das, was er sah, aufs Gemüt. Das Provinzielle störte ihn. Ein frischer Wind sollte wehen in der Stadt, die das Zeug hätte, innerhalb weniger Jahre die schönste Stadt Deutschlands zu werden, selbstverständlich nach seinen, Ludwigs, Vorstellungen. Um seinen Traum von einer griechisch-römisch-romanischen Kulisse zu realisieren, ließ er sich bereits 1812 die Leitung der Bauangelegenheiten des Königreichs übertragen und begann mit der Erweiterung.
    MÜNCHEN WURDE ITALIENS NÖRDLICHSTE STADT
    Er holte die Baumeister
Leo von Klenze
und
Friedrich von Gärtner,
ließ das Schwabinger Tor (am heutigen Odeonsplatz) abreißen, die Gräben der Stadtbefestigung zuschütten und hatte so freie Bahn nach Norden, um den ersehnten Prachtboulevard realisieren zu können: die
Ludwigstraße
( ▶ F 4 –G 1 ) . Und tatsächlich, blicken wir heute an einem sonnigen Vormittag von den oberen Stufen der Feldherrnhalle geradeaus nördlich in Richtung Siegestor, sind wir dem König und seinen Baumeistern immer noch dankbar für so viel italienische Grandezza diesseits der Alpen.
    Dabei war es nicht immer einfach für den Regenten, hingen ihm doch bei der Vorbereitung seiner Projekte Stadtverwaltung und Magistrat gleichsam wie Bremsklötze an den Beinen. Es würden Paläste gebaut, warfen sie ihm vor, was man aber brauche, seien Wohnhäuser! Der aber wusste, wie ein Herrscher reagiert: »Ich leide keinen Widerspruch« trompetete er zurück, schon zogen die Herren vom Magistrat die Köpfe ein, und er konnte weiter bauen, etwa
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