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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien
Autoren: Franziska Sperr
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zurückkehrten. In München war man plötzlich gezwungen, sich mit gerade mal 36 türkischen Sklaven zu begnügen. Der Bau des Kanals, der von der Residenz bis zum
Schloss Schleißheim
führen sollte, wurde dummerweise erst begonnen, als die Türken nicht mehr zur Verfügung standen. Der unvollendete Graben wurde zugeschüttet.
    Heute befindet sich dort die Türkenstraße ( ▶ E 4 –F 1 ) , und wenn man etwa unkonventionelle Mode oder Delikatessen aus aller Welt sucht, wird man in dieser Straße mit ihren vielen kleinen Läden fündig. Schlendert man weiter, kommt man zur Kurfürstenstraße und zur Belgradstraße, die an die Eroberung Belgrads durch Max  II . Emanuel im Jahr 1688 erinnert.
    Aber nicht alle listig eingefädelten dynastischen Pläne des bayerischen Kurfürsten gingen auf. Sein ältester lebender Sohn
Joseph Ferdinand,
der Anspruch auf den Thron des spanischen Imperiums gehabt hätte, starb im Alter von sechs Jahren. Als der spanische König Karl  II . dann im Jahr darauf starb, dachte Max Emanuel, dass er nun selbst als Alleinerbe in Frage käme. Doch sowohl der französische König als auch die Habsburger meldeten ihre Ansprüche an. Im dadurch ausgelösten Spanischen Erbfolgekrieg ( 1701 – 1714 ) schlug sich Max Emanuel auf die Seite der Franzosen und hatte wieder Pech. In der blutigen Entscheidungsschlacht bei Höchstädt an der Donau wurden die Franzosen und die mit ihnen verbündeten Bayern von den alliierten Österreichern, Preußen und Engländern entscheidend geschlagen. Über den bayerischen Kurfürsten wurde die Reichsacht verhängt. Er floh über den Rhein und überließ in den darauf folgenden zehn Jahren seine Bayern schutzlos den Österreichern.
    Die Residenzstadt München wurde dazu verdonnert, Besatzungssoldaten zu beherbergen, die Familie des Kurfürsten nahm man gefangen, die Bevölkerung wurde ausgebeutet. Ein idealer Nährboden für tragische Heldenlegenden wie die vom Schmied von Kochel, der, so heißt es, an der Spitze eines Haufens aufständischer Bauern in der Weihnachtsnacht 1705 nach München stürmte, um das bayerische Volk aus den Klauen der Österreicher zu befreien. Die Aufständischen wurden brutal niedergemetzelt.
    Das Ereignis ging als »Sendlinger Mordweihnacht« in die Geschichte ein und bietet heute noch den historischen Hintergrund für farbenprächtige Gedenkfeiern und -gottesdienste. Ein Denkmal im Stadtteil Sendling zeugt von der angeblichen Großtat des Schmieds: ein uriges Mannsbild mit nacktem Oberkörper und Lederschurz, in der Rechten den Schmiedehammer, die Fahne des Aufstands um die Schultern gelegt.
    DER FELDHERR WURDE EIN SCHÖNGEIST
    Irgendwann wurde die Reichsacht aufgehoben und Max Emanuel kehrte zurück. In der Hoffnung, Glanz und Gloria Bayerns weiter zu mehren, verheiratete er seinen Sohn
Karl Albrecht
mit der Tochter Kaiser Joseph I., Maria Amalie, allerdings konnte er die Früchte dieses Heiratsmanövers nicht mehr ernten, weil er 1726 im Alter von 63  Jahren an einem Schlaganfall starb.
    Was den Münchnern bis heute im Gedächtnis geblieben ist, ist nicht der Kriegsheld und Machtpolitiker, sondern der Schöngeist und Kunstsammler, der er auch war. Er kaufte über 100  Gemälde – allein zwölf vom niederländischen Großmeister Peter Paul Rubens, die den Grundstock für eines der wichtigsten Museen der Welt legten, die Alte Pinakothek 2 ( ▶ D 2 ) .
    Gegenüber dem Nobelhotel Bayerischer Hof steht auf dem Promenadeplatz die Statue des Kurfürsten Max Emanuel 21 ( ▶ E 5 ) , 1861 geschaffen von Friedrich Brugger im Auftrag von Ludwig I., zwischen den Denkmälern der Komponisten Orlando di Lasso und Christoph Willibald Gluck. Der Sockel des Monuments von Orlando di Lasso ist aufs Liebevollste geschmückt mit Fotos, Bildchen, Liebesschwüren, Kitschpostkarten, auf den Stufen liegen Blumenkränze mit Plastikputten, Grablaternen, Stoffpüppchen und Kuscheltieren. »Dein für immer. Heide« steht da oder »We will always love you!« oder »Du Licht des Friedens – Kiki«. Die Erinnerungsaktion gilt nicht etwa dem bedeutendsten Komponisten der Hochrenaissance auf dem Sockel, sondern Michael Jackson, der 1998 seinen Sohn Prince Michael Junior ans Fenster seiner Suite hielt. Eine Inszenierung, die nicht nur die Herzen von Münchner Schwiegermüttern höher schlagen ließ.
    ALTE PINAKOTHEK 2 ▶ D 2
    Barer Straße 27 , Maxvorstadt
    www.pinakothek.de
    ▶ Tram: Pinakotheken
    MAX-EMANUEL-DENKMAL 21 ▶ E 5
    Promenadeplatz, Altstadt
    ▶ U-
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