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Muenchen - eine Stadt in Biographien

Muenchen - eine Stadt in Biographien

Titel: Muenchen - eine Stadt in Biographien
Autoren: Franziska Sperr
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Künstlergenossenschaft Allotria, durchsetzungsstark, knorrig, polternd, despotisch.
    Mit solchen Charaktereigenschaften lässt sich auch einiges durchboxen: Er sammelt Geld für ein Künstlerhaus, an Überzeugungskraft mangelt es ihm nicht. Seinen Architektenfreund von Seidl beauftragt er mit den Plänen. Das
Künstlerhaus am Lenbachplatz
18 ( ▶ D 5 ) ist bis heute ein wichtiger Veranstaltungsort in der Stadt, und im Restaurant kann man es sich in den großartigen Jugendstilräumen gut gehen lassen.
    Franz von Lenbach war einer der Großkopferten, wie man in München sagt. Aber Erfolg und Geld sind ihm nicht in den Schoß gefallen, er war ein Arbeitstier, mit seismografischem Gespür hat er sich immer dorthin bewegt, wo alles versprochen und das meiste gehalten wurde. Er war wichtig, hat angeregt und durchgesetzt, ein Mann der ersten Gesellschaft. Nur, in die erste Riege der Maler seiner Zeit, der Innovativen, der Avantgarde, der von der Kritik Ernstgenommenen, hat er es nicht geschafft. Zu viel Tirolerei, hieß es, zu wenig Selbstkritik.
    Um 1860 entstand das Bild »Der rote Schirm«, es wurde wegen seiner eigenständigen Farbgebung als Frühwerk des deutschen Impressionismus gerühmt. Da wäre noch alles drin gewesen.
    MÜNCHNER KÜNSTLERHAUS AM LENBACHPLATZ 18 ▶ D 5
    Lenbachplatz 8 , Altstadt
    www.kuenstlerhaus-muc.de
    ▶ U- und S-Bahn: Karlsplatz (Stachus)
    STÄDTISCHE GALERIE IM LENBACHHAUS 30 ▶ C 3
    Luisenstraße 33 , Maxvorstadt
    www.lenbachhaus.de
    ▶ U-Bahn: Königsplatz

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    LUDWIG  II . VON BAYERN
    1845 – 1886
    Der Märchenkönig dürfte der bekannteste Münchner aller Zeiten sein, obwohl er seine Heimatstadt nie besonders mochte. Er floh in die Berge und in seine Fantasie. Sein Mythos lebt bis heute fort.
    M änner in der Adoleszenz sind empfindlich. Sie fühlen sich nicht verstanden, nicht von der Welt und von den Eltern erst recht nicht, verkriechen sich in sich selbst und leiden, insbesondere, wenn der Vater von ihnen enttäuscht ist. »Was soll ich mit dem jungen Herrn sprechen? Es interessiert ihn nichts, was ich anrege« , sagte
König Maximilian  II .
über seinen Sohn Ludwig. Seine eigene, in starre Konventionen eingezwängte Kronprinzenkindheit, das mangelnde Verständnis, alles, worunter er selbst gelitten hatte, gab er weiter. Vater und Sohn, oder Sohn gegen Vater. Vielleicht liegt hier der Hund begraben.
    Über König Ludwig  II ., den Märchenkönig, unterwegs im Disneyland als Mangafigur oder zur Pop-Ikone Andy Warhols mutiert, ist alles gesagt. Da ist die Rede von seiner erhabenen, wenn auch schmalbrüstigen Statur, der engelhaft hellen Haut, dem gepflegten dunklen Haar und den ernsten blauen Augen, der erotischen Schüchternheit und der schwärmerischen Hingabe, die er mit einem zarten Lächeln anzudeuten vermochte.
    Ferdinand von Piloty
hat den jungen Ludwig 1865 in vollem Ornat gemalt, jeder Zoll königliche Größe aus Gottes Hand. Betrachter aus aller Welt, modern, aufgeklärt und digital vernetzt, verharren beim Besuch des
Schlosses Herrenchiemsee
vor dem prächtigen Bildnis, verträumt und verzaubert.
    An seinem verschleierten Blick hat sich mancher Weltstar im Film vergeblich abgearbeitet. Eine Ikone der Sensiblen, der Unverstandenen, ein Ritter der Feinfühligen, der die Einsamkeit suchte und sich, peu à peu schwermütiger und wunderlicher geworden, in ihr einrichtete. Die Schillersche Sentenz »Ein ewig Rätsel will ich bleiben mir und anderen« trug er wie eine Monstranz vor sich her. Als hätte er sich aus den Worten des Dichters den Leitfaden für sein Leben gesponnen. Nach Jahren des Ringens mit seiner Stellung und was diese ihm abverlangte, verschwand er allmählich ganz in seinem Gehäuse, das niemand betreten durfte. Das Schicksal hatte ihm nicht die Zeit gelassen, die er zum Erwachsenwerden gebraucht hätte. Er beugte sich widerwillig, und diesen Widerwillen wurde er sein ganzes Leben nicht mehr los.
    Über Nacht musste er König werden. Er war erst 18 , als sein Vater Maximilian  II . am 10 . März 1864 mit 52  Jahren überraschend starb. Vorbereitet war er nicht, natürlich nicht, gerade hatte er sich dazu entschlossen, an der Münchner Universität Vorlesungen zu hören. Er befand sich noch in jener Sondierungsphase, in der ein junger Mann aus gutem Hause seine Ziele zu setzen lernt, nach einer eher spartanischen Prinzenerziehung, ohne Abwechslung, ohne Anregungen. An eine Vorbereitung des Kronprinzen auf das höchste Amt im Staat hatte keiner
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