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TS 10: Das vertauschte Ich

TS 10: Das vertauschte Ich

Titel: TS 10: Das vertauschte Ich
Autoren: Jerry Sohl
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1. Kapitel
     
    Der Morgen dämmerte schon herauf, als Carl Kempton seinen Flugwagen vor der Garage landete. Er beugte sich aus dem Fenster, flüsterte das Kennwort, das die Garagentür öffnete, und ließ den Wagen behutsam hineinrollen.
    Leise pfiff er vor sich hin. Es war eine wundervolle Nacht gewesen. Er war mit Marilla zum Strand geflogen, weitab von dem lauten Getriebe der Orte, an denen er sich sonst gewöhnlich die Nächte um die Ohren schlug, und sie hatten im Mondschein in der Kühle des Meeres gebadet.
    Er betrat das Haus durch die Verbindungstür, die von der Garage in den Wohntrakt führte. Erstaunt bemerkte er einen schwachen Lichtschein am Ende des Ganges. Sollte sein Vater schon wach sein, oder war er über einer späten Arbeit eingeschlafen?
    Als er das Wohnzimmer betrat, sah er, daß der Mann, der sich da bequem in einem Sessel räkelte, gar nicht sein Vater war.
    Es war ein Mann, der ihm völlig unbekannt war. Ein Mann mit einem hageren Gesicht, forschenden Augen – mit einem Ausdruck unendlicher Geduld darin.
    Carl stand einen Augenblick unbeweglich in der Tür und ließ es zu, daß der Fremde ihn schweigend anstarrte. Ein kleines Lächeln spielte um den Mund des Mannes. Die Stille im Raum wurde bedrückend.
    »Guten Morgen, Carl.« Der Fremde bewegte kaum die Lippen. Einer seiner Arme hing lässig über der Rückenlehne des Sessels, und obwohl sein Lächeln breiter geworden war, blickten seine Augen immer noch kalt und abschätzend, und er schien wie auf dem Sprung zu sein.
    »Sie kennen mich also«, sagte Carl. »Aber wer sind Sie? Ich muß gestehen, ich habe nicht die blasseste Ahnung.«
    »Wirklich?« Der Mann lächelte jetzt so breit, daß seine weißen Zähne blitzten. Aber noch immer bewegte er sich nicht. »Wenn ich es mir recht überlege, wäre es allerdings auch erstaunlich, wenn Sie wüßten, wer ich bin. Immerhin hatte ich gehofft, daß Sie vielleicht erraten würden, was ich bin.«
    »Sie sprechen in Rätseln. Wo ist mein Vater?«
    »Gerade das möchte ich von Ihnen wissen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Was glauben Sie wohl?«
    Carl sah sich den Mann näher an. Wäre er ihm auf der Straße begegnet, hätte er ihn bestimmt übersehen. Durchschnittsgröße und Durchschnittsstatur, ungefähr 45 Jahre alt. Er trug einen leichten Permaanzug, der sicher nicht mehr als 200 Dollar gekostet hatte.
    Tatsache aber war, daß er diesem Mann nicht auf der Straße begegnet war, sondern in der Privatsphäre seines eigenen Hauses. Und dieser Mann, ein ihm völlig fremder Mann, der bis zu dieser frühen Morgenstunde geduldig auf ihn gewartet hatte, um ihn hier in seiner eigenen Wohnung kaltschnäuzig auszufragen, konnte nur – das wurde ihm plötzlich klar – ein Polizist sein.
    »Sie sind von der Polizei«, sagte Carl rasch. »Was ist geschehen? Wo ist mein Vater?«
    »Können Sie es mir denn nicht sagen?«
    »Sind Sie von der Polizei?«
    Der Mann nickte kurz. Er griff in die Innentasche seines Anzugs, holte einen Ausweis hervor und hielt ihn Carl vor die Nase. Ein Photo des Mannes und das Bild einer Metallmarke erschienen und verschwanden wieder.
    »Los Angeles?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Kriminalpolizei der Föderation. Ich bin Jim Severn.«
    »Was hat mein Vater getan?«
    Severn grinste. »Mr. Kempton hat nichts getan. Sie sind es, an dem wir interessiert sind.«
    »Ich? Warum?«
    »Können Sie es wirklich nicht erraten?«
    »Also, jetzt hören Sie mal zu …«
    »Es wäre besser, wenn Sie jetzt mal zuhören würden. Wir haben die ganze Nacht versucht, Sie zu erreichen. Wo haben Sie sich eigentlich herumgetrieben? Eine Menge Leute haben versucht, Sie aufzustöbern. Ohne Erfolg natürlich, wie ich hinzufügen möchte. Sogar Ihre Freunde waren darunter. Hat Ihnen denn keiner etwas davon gesagt?«
    »Kein Mensch hat mir etwas gesagt. Nicht einmal Sie.«
    »Hören Sie eigentlich nie die Nachrichten? Kaufen Sie sich jemals ein paar Streifen Fax, um darin vielleicht ein bißchen zu lesen, während Sie auf Ihr Essen warten?« Severn schnaufte verächtlich durch die Nase. »Nein. Soweit ich über Sie Bescheid weiß, interessieren Sie sich nur für nette Mädchen und romantische Musik. Wo waren Sie? Kein Lokal, keiner Ihrer Klubs hat um diese Zeit noch offen. Oder würden Sie mir damit zuviel verraten?«
    »Jetzt werde ich also von einem Polypen analysiert. Sie haben den falschen Beruf erwischt, Mr. Severn.«
    »Das gehört mit zum Geschäft, mein Lieber. Nur die Unstabilen begehen noch
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