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Mord zur Bescherung

Mord zur Bescherung

Titel: Mord zur Bescherung
Autoren: Jean G. Goodhind
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Teigtaschen verkaufte. Der köstliche Duft zog alle wie magisch an, und außerdem brauchten sie die Energie und mussten sich auch mal aufwärmen.
    Die Atmosphäre war feierlich aufgeregt, wie immer in dieser Jahreszeit. Fremde tauschten Weihnachtswünsche aus, und zwei Gruppen, die auf dem Abbey Churchyard Weihnachtslieder sangen, wetteiferten mit ihren Darbietungen von »Stille Nacht« und »God Rest Ye Merry Gentlemen« miteinander. Die Letztere gewann die Schlacht um die Trommelfelle, aber nur weil sie von einem Tubaspieler begleitet wurde.
    Lichterketten waren quer über die Straßen gespannt und tanzten hell glänzend vor dem bleigrauen Himmel. Auch die Augen der Ladenbesitzer glänzten. Die Kassen in den überfüllten Geschäften klingelten. Damit konnten nicht einmal »Jingle Bells« und der darin erwähnte Pferdeschlitten mithalten.
    Der Weihnachtsmarkt war in vollem Schwung. An Dutzendenkleiner Buden wurde alles Mögliche verkauft, von handgefertigten Pralinen bis hin zu Kleidung aus Recyclingmaterialien.
    Honey blieb eine Weile in der Nähe des Stands mit den Duftkerzen stehen und atmete das Aroma von Mandarinen, Kiefernnadeln und Röstkastanien ein.
    Alles war wunderbar, und die Leute waren in dieser Jahreszeit merklich freundlicher. Alle machten wirklich gute Geschäfte, auch die Hotels und Restaurants. Weihnachtsfeiern der verschiedensten Büros und Firmen waren in diesen Wochen das Lebenselixier der Branche. Es war ja auch eine ganz besondere Art von Party. Bei diesen Feiern machten die Leute Dinge mit ihren Arbeitskollegen, an die sie im ganzen restlichen Jahr nicht einmal im Traum denken würden.
    Auch das Green River bildete keine Ausnahme in diesem weihnachtlichen Trubel. Ende August war bereits der letzte mögliche Termin für eine solche Büro-Orgie gebucht worden.
    Honey verbannte alle Sorgen hinsichtlich des nächsten Jahres und stürzte sich ins Einkaufsgetümmel. Sie genoss es sehr, auch zu dieser vorweihnachtlichen Menschenmenge zu gehören.
    Sie fühlte sich immer noch großartig, als sie ihre Taschen mit Weihnachtspapier, Geschenken und letzten Ergänzungen für die Weihnachtsdekoration am Empfangstresen absetzte. Ihr Lächeln erstarrte und verging ihr dann ganz, sobald Lindsey den Telefonhörer aufgelegt hatte.
    »Grigsby und Jones haben ihre Weihnachtsfeier abgesagt.«
    »Nein!« Verschiedene Firmen wollten an dem betreffenden Abend in einer Woche hier ihre Feiern abhalten. Insgesamt sollten an die siebzig Leute kommen, und da würden zwölf leere Stühle wirklich schlecht aussehen. Bei Partysmusste es immer ein bisschen Gedränge geben. Das machte die Sache irgendwie fröhlicher.
    »Na ja, wenn sie so spät absagen, dann behalten wir die ganze …« Lindsey bemerkte Honeys Gesichtsausdruck. »Die haben nicht die ganze Summe im Voraus bezahlt?«
    Honey biss sich auf die Lippe.
    »Die Hälfte.«
    »Mutter!«
    »Ich habe denen vertraut.«
    »Mein Gott, hier geht’s ums Geschäft!«
    »Ich habe sie ein paarmal angerufen.«
    »Offensichtlich nicht oft genug!«
    »Verdammt!«
    Sie verdiente diese Gardinenpredigt tatsächlich. Sie kannte ihre Schwächen, ihre Neigung, sich um manche Dinge zu drücken. Ach, egal. Sie würde sich wieder davon erholen.
    »Was haben sie denn für einen Grund angegeben?«, erkundigte sie sich.
    »Einer der Partner ist mit dem Geld eines Mandanten und der Frau des anderen Partners durchgebrannt. Der Partner und die Angestellten, die noch übrig sind, sind nicht in der Stimmung für eine Feier. Die Firma muss wohl zumachen. Ich glaube, die Angestellten gehen heute in einen Pub und ertränken ihre Sorgen.«
    Wenn jemand so spät absagte, ärgerte das Honey immer sehr. Klar, die hatten die Hälfte angezahlt, aber darum ging es nicht. Leere Stühle, das sah nie gut aus. Es wäre natürlich toll, wenn sie so spät noch eine Reservierung bekämen, aber die Wahrscheinlichkeit war ziemlich gering.
    Honey fluchte.
    Lindsey schüttelte den Kopf, warf ihrer Mutter einen mitleidigen Blick zu und überließ sie dann ihrem Schicksal.
    Honey begab sich hinter den Empfangstresen und glittauf den Bürostuhl. Sie tätschelte ihren Kopf. Der Hut würde draufbleiben müssen. Auf gar keinen Fall wollte sie irgendjemanden ihren Haarschopf sehen lassen. Erst die Haarfarbe, dann die vergessene Anzeige und nun noch eine Stornierung. Das Leben war so ungerecht – na ja, jedenfalls zu ihr. Über ihrem Kopf hing eine große, widerliche graue Wolke. Sie wünschte, die würde endlich
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