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Zur Kasse, Schnaeppchen

Titel: Zur Kasse, Schnaeppchen
Autoren: Willy Schneider
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Willkommen im täglichen Einkaufsdschungel!
    E igentlich wusste Andrea S. genau, was sie einkaufen wollte. Also rasch einen Einkaufswagen geschnappt und hinein in den Supermarkt. Schnell in die Obst- und Gemüseabteilung: gezielter Griff zu Spargel und Kartoffeln, dazu noch die passende Sauce hollandaise. Schon nimmt sie die Fleischtheke ins Visier, um dort noch Kalbssteaks und rohen Schinken zu kaufen. Doch halt, da war doch was. Das dreidimensionale Foto der Piemont-Kirsche bringt sie aus dem Tritt. Stimmt: Der Krankenbesuch bei Opa steht morgen an, und dann ist ja auch noch Muttertag. Wie auf einem unsichtbaren Leitstrahl folgt sie den Regalfähnchen in die Süßwarenabteilung. Zwei Schachteln Mon Chéri und eine Tüte Gummibärchen später setzt sie ihren Einkauf fort. Sie hetzt jetzt nicht mehr, sondern sie schlendert gemütlich durch die Warengänge.
    Â 
    Andrea S. tut nun das, was die Supermarktbetreiber von ihr wollen. Sie hat längst ihren straffen Zeitplan vergessen. In ihrem Einkaufswagen liegt jetzt viel mehr, als sie ursprünglich geplant hatte. Sie hat sich in der Drogerieabteilung mit Kosmetik und Haarpflege eingedeckt. Jetzt holt sie sich noch eine Schale Erdbeeren und Eis fürs Dessert. Und das alles beschert den Supermarktbetreibern viel mehr Umsatz.
    Â 
    Auch Christoph H. wusste eigentlich ganz genau, was er einkaufen wollte. Er geht nach einem langen Arbeitstag noch mal schnell in den Supermarkt, um zwei, drei Sachen zu kaufen. Das geht auch
ohne Einkaufswagen! Doch während er durch das Geschäft geht, kommen dann doch noch viele andere Sachen hinzu, und Christoph H. wundert sich, wie er die vielen verschiedenen Packungen zirkusreif mit zwei Händen jongliert. Es ist immer das Gleiche: Spätestens nach fünf Minuten hält Christoph H. nach einem leeren Karton Ausschau. Möglichst groß und möglichst stabil muss er sein, damit er noch mehr einkaufen kann.
    Â 
    Kennen Sie diese Geschichten auch aus Ihrem eigenen Leben? Ja klar, denn Andrea S. und Christoph H. stehen nur stellvertretend für viele von uns. Warum endet Einkaufen immer so? Und muss es wirklich so enden?
    Â 
    Einkaufen hat den Ruf, eine anspruchslose Aufgabe zu sein. Zu Unrecht! Denn in Wahrheit ist es wohl eine der kompliziertesten Verrichtungen unseres täglichen Lebens. Denn Handelsunternehmen verfügen über ein nahezu unerschöpfliches Kontingent an Marketinginstrumenten mit dem Ziel, uns Kunden möglichst viel Ware zu möglichst hohen Preisen zu verkaufen. In diesem täglichen Einkaufsdschungel müssen wir überleben.
    Â 
    Das Ganze beginnt mit der Werbe-Sturmflut, die täglich unseren Briefkasten überschwemmt. Haben uns die vermeintlichen Schnäppchenangebote in ihren Bann gezogen, geht es nach der Ankunft auf dem Kundenparkplatz weiter. Der Einkaufswagen ist nach den Gesetzen der optischen Täuschung gestaltet, sodass wir immer das Gefühl haben, wir hätten etwas vergessen.
    Â 
    Beim Betreten des Geschäfts werden wir wie ein Flugzeug auf der Landebahn abgebremst, damit wir mehr Zeit haben, die Waren zu begutachten. Haben wir die sich langsam öffnenden Eingangstüren, wie zufällig im Raum stehende Paletten und die auf dem Boden angebrachten monströsen Werbeaufkleber ohne größeren Schaden passiert, werden wir linksherum an der Ware vorbeigeführt. Denn Bewegungen gegen den Uhrzeigersinn empfinden wir als angenehm, und in einer solchen Stimmung geben wir mehr Geld aus.
    Â 
    Und jetzt geht es erst richtig zur Sache, indem die Supermarktbetreiber unsere fünf Sinne mit allem anregen, was ihnen an Reizen zur Verfügung steht: Leise Hintergrundmusik, angenehme Raumtemperatur,
anregende Düfte, farbiges Licht, nackte Haut, grelle Preisschilder und Sonderangebote, wohin wir auch blicken. Und weil wir uns nicht bücken möchten, werden uns die gewinnträchtigsten Artikel unmittelbar vor unserer Nase griffbereit präsentiert.
    Â 
    Der Shopping-Trip endet erst an der Kasse, wo wir unsere Kinder unter Aufbringen aller Kraftreserven an der Quengelware vorbeischleusen müssen und durch Nutzung unserer Kundenkarte zum gläsernen Konsumenten werden. Beim Lesen unseres nächsten Kontoauszugs werden wir dann feststellen, dass wir wieder viel zu viel Geld ausgegeben haben, und das für Dinge, die wir eigentlich gar nicht kaufen wollten, geschweige denn benötigen.
    Â 
    Aber Einkaufen muss nicht immer so
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