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103 - Panoptikum der Geister

103 - Panoptikum der Geister

Titel: 103 - Panoptikum der Geister
Autoren: Larry Brent
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    Leila
Shelton, zweiunddreißigjährige Sekretärin, war alles andere als eine furchtsame
Frau. Nur diese Tatsache erklärte wahrscheinlich, dass sie sich nichts dabei
dachte, weit draußen und vor allem auch noch allein zu leben. Um zu ihrem
Arbeitsplatz zu gelangen, war sie jeden Tag zwei Stunden unterwegs. Aber auch
das nahm sie in Kauf, denn sie lebte gern in dem kleinen alten Haus am
Waldrand. Hier gab’s keine Busse, keine Eisenbahn und keine U-Bahn. Der nächste
Ort lag zwölf Meilen entfernt, und auch dort gab es nicht mal alles zu kaufen.
Da musste einer schon in die Stadt fahren, ein Weg von rund dreißig Meilen.
Leila Shelton verdiente gut in der großen Export- und Importfirma, für die sie
tätig war. Sie hätte sich ein Apartment oder sogar eine Penthouse-Wohnung in
der Stadt leisten können. Aber sie wollte nicht. Sie wollte hier draußen in
ihrem ehemaligen Elternhaus wohnen. Die brünette junge Frau mit den schmalen
Lippen stellte ihren Triumph Vitesse in die Garage. Leila Shelton konnte das
Tor durch eine Ultraschall-Fernbedienung öffnen und schließen, ohne den Wagen
zu verlassen. Leila war zwar furchtlos, aber keineswegs leichtsinnig. Sie
wusste, dass heutzutage viele Verbrechen passierten. Überfalle auf
alleinstehende Frauen, denen man die Handtasche wegriss oder die man im
schlimmsten Fall vergewaltigte, waren an der Tagesordnung. Leila Shelton
wusste, dass sie eine gewisse Vorsicht walten lassen musste. Das betraf ihr
Leben in der Stadt genauso wie hier draußen auf dem Land. Die Garage war hell
erleuchtet, und die Sekretärin vergewisserte sich mit einem Blick in die Runde,
dass sich außer ihr niemand hier aufhielt. Dann erst setzte sie die
Fernbedienung in Gang. Leise knarrend bewegte sich das Garagentor und schloss
die Zufahrt. Die Engländerin stieg aus. Sie trug einen weit schwingenden Rock
und eine weiße, sportlich geschnittene Bluse. Von der Garage aus führte eine
Tür direkt ins Wohnhaus. Der Zugang war durch eine grüngestrichene
Feuerschutztür zu erreichen, die mit zwei Schlössern gesichert war. Dahinter
lagen zwei schmale Stufen, und es folgte eine weitere Tür, die direkt ins Haus
führte. Leila Shelton schloss beide Türen wieder hinter sich ab und schaltete
von dem kleinen Wohnraum aus, in den sie kam, das Licht in der Garage aus. Im
Haus war es still und friedlich wie immer. Die Frau ging zuallererst zu der Stereoanlage
und schaltete sie ein.
    Eine Platte
lag bereits auf dem Plattenteller. Leila liebte die Ruhe und klassische Musik.
Und diese wiederum konnte sie hier draußen in der Stille, abseits vom Getriebe
und dem Verkehrslärm der Stadt, am besten genießen. Kraftvolle Musik erfüllte
wenige Sekunden nach Leila Sheltons Rückkehr das nächtliche Haus. Die brünette
Frau begann sich auszukleiden und ging ins Bad. Die Lautsprecher waren weit
aufgedreht, so dass sie auch während des Duschvorgangs noch die Musik mitbekam.
Leila stellte sich unter die Dusche, das heiße Wasser rauschte auf sie herab,
und sie genoss die Wärme und Geborgenheit, die es vermittelte. Die
Zweiunddreißigjährige war eingehüllt in warmes Wasser, in eine Dampfwolke und
die vollklingenden Töne aus den-Lautsprechern. Die Frau drehte sich im Kreis,
summte leise die Melodie mit und sah plötzlich den Schatten hinter dem
Dampfvorhang. Da passierte es auch schon ...
    Ein helles
Ratschen war zu hören. Der Plastikvorhang wurde in seiner ganzen Länge von oben
herab aufgeschlitzt. Ein bizarrer Schatten stürzte sich im gleichen Augenblick
auf die Duschende, die gellend aufschrie und um sich schlug. Jemand war
unbemerkt ins Haus gelangt und hatte ihr aufgelauert. Leila Shelton wurde von
einem heftigen Schlag getroffen und gegen die Wand geworfen. In dem dichten
Dampf und dem immer noch herabprasselnden Wasser sah sie die Umrisse einer
schrecklichen, furcht- einflößenden Kreatur. Das war kein Mensch! Es handelte
sich um eine riesige Fledermaus, deren gezackte, eingekerbte Flügel den
Duschvorhang zerfetzten und auch den Plastikhaken von der Stange rissen. Die
Enden der dünnen, lederartigen Flügel waren mit krallenartigen Widerhaken besetzt,
die in Leilas Körper schnitten. Aber das war noch nicht alles. Die Überfallene
registrierte in diesen schrecklichen Sekunden noch mehr. Sie sah von heißem
Dampf und Wasser eingehüllt einen Kopf. Er saß genau zwischen den langen,
ausladenden Flügeln. Das war kein normaler Kopf, sondern ein Totenschädel!
    Spitze,
dolchartige Zähne griffen sie an. Die
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