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Mord auf Raten

Mord auf Raten

Titel: Mord auf Raten
Autoren: Andreas Franz
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die Frau, mit der er schon einige heiße Nächte verbracht hatte.

Freitag, 20.00 Uhr
    Sein Freund war noch einmal kurz in die Stadt gefahren, um ein paar Besorgungen zu machen. Das Gespräch mit Kaufung ging ihm nicht aus dem Kopf. Seine Stimme hatte einen seltsamen Unterton gehabt, den er nicht deuten konnte. Ein ungutes Gefühl war da in seiner Magengegend, denn Kaufung redete normalerweise nicht um den heißen Brei herum, er hätte ihm auch am Telefon die Ergebnisse mitteilen können.
    Um zwei Minuten nach acht fand er einen Parkplatz etwa fünfzig Meter von Kaufungs Praxis entfernt, weil alle anderen Parkplätze von Anwohnern der umliegenden Häuser besetzt waren. Kaufungs Porsche stand bereits vor der alten und gediegen wirkenden Jugendstilvilla, die er vor sieben Jahren von der Vorbesitzerin geerbt hatte, einer ehemaligen Patientin, die ihn wie einen jungen Gott verehrt hatte, weil sie sich bei ihm jeden Kummer von der Seele reden konnte. Sie hatte ihren Mann früh verloren, und ihre einzige Tochter war nach langem erfolglosem Kampf mit knapp vierzig den Drogen zum Opfer gefallen, woraufhin sich die alte Dame völlig zurückgezogen hatte und es niemanden mehr gab, dem sie sich anvertraute. Bis Kaufung nach geeigneten Praxisräumen suchte und dabei erfuhr, dass in der Parkstraße, einer der besten Gegenden Offenbachs, in einer Villa das Erdgeschoss zu vermieten war. Damals ahnte er noch nicht im Entferntesten, dass ihm nur vier Jahre später die ganze Villa gehören würde, weil die alte Dame, die friedlich im Bett eingeschlafen war, keine weiteren Verwandten hatte. Außerdem hatte sie ihm die Hälfte ihres nicht unbeträchtlichen Vermögens vermacht, der andere Teil war an eine öffentliche Institution für Drogen- und Suchtbekämpfung gegangen. Die beiden oberen Stockwerke hatte er renovieren lassen und exklusiv eingerichtet, obwohl er sich nicht allzu oft hier aufhielt, außer wenn er eine seiner Liebschaften empfing und keiner auf der Rosenhöhe das mitbekommen durfte, weil diese Liebschaft vielleicht aus der direkten Nachbarschaft stammte.
    Die Tür war nur angelehnt, und er ging hinein. Kaufung war in einem seiner beiden Sprechzimmer und saß hinter dem Schreibtisch aus Mahagoniholz. Bis auf den Röntgenraum und das Behandlungszimmer mit dem Ultraschallgerät bestand das gesamte Inventar der Praxis aus edelsten warmenHölzern, ein dicker Teppichboden machte jeden Schritt beinahe lautlos, die Halogenlampen waren in die Decken eingelassen, an den Wänden hingen Reproduktionen von Gauguin, und ein paar hochgewachsene und stilvoll platzierte Grünpflanzen rundeten das elegante Bild ab. Kaufung hatte sich voll und ganz auf seine betuchte Klientel eingestellt.
    »Nimm Platz«, sagte Kaufung und deutete auf einen braunen Ledersessel. In der Hand hielt er die Karteikarte und ein Schriftstück, der PC war an, die Maske geöffnet.
    »Also, was gibt’s so Wichtiges? Mein Gott, jetzt mach nicht so ein Gesicht, als würdest du mir doch gleich verkünden, dass ich abkratzen muss«, sagte der andere mit gekünsteltem Lachen, denn da war eine unterschwellige Angst vor den nächsten Minuten, eine Angst, die er nicht beschreiben konnte. Kaufung war zwar ein Spieler, aber diesmal schien er nicht zu spielen, dazu wirkte sein Gesichtausdruck zu ernst, und außerdem kannte er ihn schon viel zu lange.
    Kaufung fuhr sich mit der Zunge über die Innenseite der Wange und wartete, bis sein Freund sich gesetzt hatte.
    »Deine Werte sind so weit okay, Gamma GT, Blutsenkung, Blutbild … Es gibt nur ein Problem …«
    »Was für ein Problem?«, fragte der andere misstrauisch und mit noch mehr Unbehagen als eben schon. Er hatte dieses blöde Gefühl, dass seine schlimmsten Alpträume Wirklichkeit werden könnten. Dabei war es doch nur ein Test gewesen, nichts als ein lausiger Test, von dem er nicht einmal wusste, warum er ihn überhaupt hatte machen lassen.
    Kaufung atmete einmal tief durch und kniff die Lippen zusammen, was er immer machte, wenn ihm etwas unangenehm war. »Also gut, es hat sowieso keinen Sinn, lange um den heißen Brei rumzureden – du bist HIV-positiv. Du hastdich freiwillig testen lassen, und hier vor mir liegt das Ergebnis schwarz auf weiß. Tut mir leid, dir keine bessere Mitteilung machen zu können.«
    Der andere wurde aschfahl im Gesicht, seine Nasenflügel bebten, seine Mundwinkel zuckten. Er beugte sich nach vorn, die Hände gefaltet, und sagte mit leiser Stimme: »Was bin ich? Heißt das, ich habe Aids?
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