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Mord auf Raten

Mord auf Raten

Titel: Mord auf Raten
Autoren: Andreas Franz
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Jahren kannte und der gerade einmal zwei Jahre älter war als er, lag seit einer Woche im Krankenhaus, wo man nach einer Biopsie eine sich noch im Anfangsstadium befindliche Leberzirrhose diagnostiziert hatte. Sollte er seinen Lebenswandel nicht grundlegend ändern, würde ihm nicht mehr viel Zeit bleiben, das Leben zu genießen, das er in den letzten fünfzehn Jahren ohnehin nur noch durch den verschwommenen Schleier des permanenten Betrunkenseins wahrgenommen hatte. Ein Pegeltrinker, wie er im Buche stand.
    Kaufung, Allgemeinmediziner und Naturheilkundler, dazuReiki-Meister und Akupunkteur und ständig auf der Suche nach neuen, eigentlich aber alten, meist ostasiatischen Heilmethoden, führte eine etablierte Praxis für Privatpatienten, die zu einem Großteil aus der Offenbacher Oberschicht, aber auch aus der des Umlandes kamen. Sein Name hatte sich in den vergangenen elf Jahren herumgesprochen. Er nahm sich Zeit für seine Patienten, die zu über siebzig Prozent aus einer weiblichen Klientel bestand, unter ihnen einige gelangweilte und bisweilen auch langweilige Damen, die ihn genauso oft konsultierten, wie sie zum Friseur oder zur Kosmetikerin gingen oder den Friseur oder die Kosmetikerin zu sich ins Haus kommen ließen. Diese Damen kamen nur äußerst selten, weil sie krank waren, sie brauchten einfach jemanden, bei dem sie sich ausquatschen konnten, auch wenn sie ihrem Friseur oder der Kosmetikerin bereits allen Klatsch und Tratsch anvertraut hatten. Es war das von so vielen erträumte und erlangte Luxusleben, das sie frustriert und irgendwie abgestumpft hatte werden lassen, ein Leben, das kaum noch Platz für Hobbys bot außer Einkaufen oder sich mit Freundinnen oder Liebhabern zu treffen. Sie vertrieben sich die Zeit mit Shopping, aber nicht in Offenbach oder Frankfurt, nein, es mussten schon die außergewöhnlichen Orte sein wie Paris, London, Mailand oder New York, wo sie das Geld ihrer Männer mit vollen Händen ausgaben, um nach diesen sinnlosen Shoppingtouren schon bald wieder in die alte Frustration und Melancholie zu verfallen, bis sie ein paar Tage oder Wochen später erneut einen Flieger bestiegen, um sich Dinge zu kaufen, die sie gar nicht benötigten.
    Kaufung kannte genügend Frauen, darunter welche, die kaum älter als zwanzig waren, die bereits mehrere Schönheitsoperationen hinter sich hatten, die sich den Busen aufpumpen und die Lippen unterspritzen ließen, die meinten,unter Zellulitis zu leiden, obgleich ihre Haut an den Oberschenkeln und dem Po makellos oder zumindest beinahe makellos war, und die trotzdem ein ums andere Mal den Schönheitschirurgen aufsuchten, um Korrekturen durchführen zu lassen, welche letztlich gar keine waren. Aber nach einer Narkose und nachdem die Bandagen abgenommen waren, glaubten die Patientinnen endlich perfekt zu sein. Dabei hatte der Chirurg meist nur geringfügig etwas verändert, dafür jedoch exzellent an dieser Geringfügigkeit verdient. Kaufung sah in den Gesichtern, vor allem in den glanzlosen Augen und am Mund vieler dieser Frauen, dass sie im Innern leer waren. Sie konnten sich kaum noch wirklich über etwas freuen, achteten einerseits auf gesunde Ernährung, versuchten aber andererseits diese Leere und bisweilen sogar Sinnlosigkeit ihres Daseins mit Alkohol, Medikamenten oder gar Drogen zu füllen, auch wenn nur die wenigsten von ihnen sich dieser Sinnlosigkeit und Leere wirklich bewusst waren, weil sie sie nicht wahrhaben wollten.
    Nur ein paar, Kaufung konnte sie an einer Hand abzählen, führten eine harmonische Ehe oder Beziehung, und diese paar erschienen nur dann in seiner Praxis, wenn ihnen wirklich etwas fehlte. Sie gehörten nicht zur Party-Society, lebten eher zurückgezogen, hatten jedoch gelernt, ihrem Dasein einen Sinn zu verleihen, indem sie einer Tätigkeit nachgingen, die sie erfüllte, und wenn es nur ein Hobby war wie Malen oder Schreiben. Eine von ihnen hatte sich eine Töpferwerkstatt eingerichtet und verkaufte mittlerweile ihre selbst gefertigten Produkte zu hohen Preisen, spendete jedoch das eingenommene Geld einer Organisation, die sich um Obdachlose kümmerte, wobei sie sich selbst regelmäßig vergewisserte, dass ihr Geld auch sinnvoll verwendet wurde. Eine andere schrieb Sachbücher über geschichtliche Themen, die hoheAuflagen erzielten, wieder eine andere hatte im Alter von fünfunddreißig beschlossen, Jura zu studieren.
    Doch das Verhalten vieler dieser frustrierten Frauen war auch wiederum von Vorteil für ihn,
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