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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle
Autoren: Bernd Weiler
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Prolog
    Eigentlich hatte er über sich schreiben wollen, über seinen Weg von der Geburt bis zu seinen reifen Jahren der Erkenntnis. Er hatte den Weg des ernsthaften Schriftstellers gehen und in sich suchen, bohren wollen, bis er den fand, der er wirklich war oder werden sollte.
    Das hatte nicht geklappt, vielleicht auch weil er da das Notebook noch nicht gehabt hatte und nicht draußen schreiben konnte. Dann, als er draußen schreiben konnte, weil er das Notebook hatte, wollte er einen Krimi schreiben. Einen internationalen Thriller mit allem, was dazugehörte. Natürlich würde der dann auch verfilmt werden, und er würde die Hauptdarstellerin kennenlernen und später ehelichen. Das war ihm dann allerdings zu profan erschienen. Dafür hatte er sich nicht jahrzehntelang den Kopf zerbrochen. Damit hätte er gleich nach dem Abitur anfangen können. Also ließ er auch das. Pläne waren viele, aber wo war er? Wie sollte er schreiben, ohne sich? Wo war ein Anfang, wie eine Geschichte? Und er geriet langsam unter Druck, denn seine Rolle wurde immer schwieriger. Die Leute fragten, na ja, ein paar, was er denn so mache. Er hatte ihnen vom Roman erzählt, über sich und so. Dann hatte er ihnen vom Thriller erzählt, und sie wollten wissen, wann denn der Film lief und die Hochzeit sein sollte. Dann hatte er nichts mehr erzählt. Er war ruhiger geworden, viel gewandert auf der Alb, endlose Waldränder entlang, auf hohen Felsen stehend, in tiefen Tälern und einsamen Höhen mit viel Wind. Er war eingekehrt, allein, ein wenig einsam, und hatte nachgedacht.
    Und dann, er wusste es noch wie heute, es war bei einer kleinen Wanderung am Albtrauf gewesen, als er vom Wasserberg zum Fuchseck hinübergewandert war. Er war im Fuchseckhof eingekehrt. Bei einem Vesper mit einem Leberkäsweckle und einem herrlich kühlen Kristallweizen in der sommerlich warmen Abendsonne war es ihm eingefallen. Genau, er würde über sie schreiben, über sie alle. Über Pfenningen, die Stadt und ihre Menschen. Über den Albtrauf, an dem er im Filstal aufgewachsen war und den er nun auch wieder vor sich sah. Die schroffe Kante der Schwäbischen Alb hatte ihn begleitet. Sehr weit war er nicht gekommen, musste er sich eingestehen.
    Er kannte Pfenningen zwar noch nicht besonders gut, aber es unterschied sich nicht sehr von der kleinen Stadt am Fuße des Hohenstaufen, in der er aufgewachsen war. Aufgrund seiner eher zurückgezogenen Arbeitsweise kam er halt nicht viel unter Menschen. Aber er hatte die wichtigsten Figuren im Kopf, und mit ein wenig Phantasie und seinen eigenen Erfahrungen konnte das was werden. Er würde Pfenningen zum Leben erwecken, und wie! Die Pfenninger würden einen Krimi über sich und ihre Stadt lesen, der ihnen die Brillen beschlagen würde. Er würde sie leben und sterben lassen, wie es ihm beliebte, und sie würden sich später fragen, woher er davon wusste.
    Er würde einen Kommissar erfinden, einen recht jungen, mit dem er dann vielleicht noch Weiteres vorhatte. Dem würde er einen älteren Kollegen an die Seite stellen, der Konflikt war dann klar. Er würde einen Bürgermeister und seine Sekretärin erfinden, einen Pfarrer und zwei Rentner dazupacken.
    Er würde der Stadt eine Geschichte geben, und mit ein wenig Unterstützung von oben würde das schon was werden. Vielleicht konnte er seine Krimi-Geschichte an die örtliche Zeitung verkaufen und jeden Tag einen Auszug daraus veröffentlichen. Ja, die Pfenninger konnten sich auf was gefasst machen. Jenseits von Wirklichkeit würden diese Menschen über sich selbst lesen, womöglich bevor manches geschah. Sie würden staunen, diese Menschen dort in Pfenningen, wenn auch noch Gott sich einmischte, das Leben zum Spiel wurde und er bei diesem Spiel die Feder in der Hand hielt. Er würde ihnen den Spiegel vorhalten, sie zeigen, so, wie sie waren und sein werden. Er war der Herr der Dinge. Seine Finger würden über die Tastatur jagen und Menschen wie auch Handlungen erfinden, die dann Realität wurden. So dachte er und fing an zu schreiben.

Stille Tage am Albtrauf
    Ein so herrlicher Morgen sollte gemalt werden, von einem Chagall oder einem Schiele oder von einem dieser frühen italienischen Meister, diesem Cannelloni zum Beispiel, dachte Bürgermeister Hans Bremer, als er aus dem Fenster hinaus auf den Marktplatz seines Städtchens schaute. Die Sonne stieg gerade über den Albtrauf und warf ihre ersten Strahlen auf die Häuser. Dieser Maler müsste das feine, zarte Licht einfangen, das
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