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Leberkäsweckle

Leberkäsweckle

Titel: Leberkäsweckle
Autoren: Bernd Weiler
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der Kirche, drehte den Schlüssel im Schloss und machte sich eilig auf den Weg. Das musste er melden.
    Vielleicht hätte Kommissar Knöpfle sich anders verhalten, hätte er da schon gewusst, was der Pfarrer ihm melden wollte. Ohne dieses Wissen saß er mehr oder weniger konzentriert an seinem Schreibtisch und ordnete die Unterlagen des letzten Falles.
    Fall, meine Herren, dachte er, ein Fall sieht nun wirklich anders aus. Eine Sachbeschädigung an einer Notrufsäule, die letztendlich nicht mal eine Verhaftung nach sich gezogen hatte. Einer ihrer Fälle eben. Knöpfle sah hinaus auf den Marktplatz und erblickte den Pfarrer der Christuskirche, der ziemlich hektisch über den Marktplatz eilte – genau auf die Polizeidirektion zu. Das würde wieder was werden, dachte Thomas Knöpfle, bestimmt hatte jemand was in der Kirche liegen lassen.
    Kurz darauf saß der Kommissar in seinem Dienstwagen. Manchmal war Flucht eine sinnvolle Maßnahme. Er hatte keinen Bock auf Suchdienst und war, bevor der Pfarrer die Türklinke in die Hand nehmen konnte, eilig durch den Hinterausgang auf und davon. Das waren eben die kleinen Tricks, derer man sich im Bemühen um einen sinnvollen Alltag auch mal bedienen musste. Sollte doch der Schirmer den liegen gelassenen Schirm zurückbringen, das wäre dann Ermittlungsarbeit ganz nach dessen Gusto. Bei Gusto kam ihm eine Eingebung. Genau: Gusto. Italienisch, bedeutet Geschmack. Den würde er sich anschließend gönnen, der Tag ging langsam auf seine Mitte zu, und bei »Da Maria« gab es ein ausgezeichnetes und auch recht preiswertes Mittagsmahl. Er würde eine Runde drehen, dann ins Büro zurückfahren, noch ein paar amtliche Schreiben beantworten und kleinere Arbeiten erledigen, dann würde er heute mal früher Mittag machen.
    Frieder Kötzle hatte die notwendigsten seiner kleinen Arbeiten erledigt. Seit seiner Pensionierung war er in den wärmeren Monaten fast täglich hier oben. Sein Gütle lag auf der Westseite des Georgenbergs mit Blick auf einige Stadtteile von Beutlingen. Dort hatte er viele Jahre seines Arbeitslebens verbracht. Beim Beutlinger Generalanzeiger war er vom einfachen Volontär aufgestiegen bis zum Ressortleiter Politik. Heute schrieb er noch hin und wieder eine Kolumne als politischer Bruddler, als Meckerer, der sich über die Tagespolitik in einfachem Schwäbisch und mit deftigen Worten ausließ. Das kam gut an. Seine Ansichten waren liberal, aber kritisch. Er war ein alter Liberaler, aber seit solche Charakterköpfe wie etwa Baum und Genscher nicht mehr aktiv waren, sah er seine FDP allmählich in der Bedeutungslosigkeit versinken. Was die in diesen Tagen an die politische Front schickten, das hatte zu Zeiten der großen Liberalen im Hintergrund Akten geordnet und Kopien gezogen. So weit war es gekommen. Und wie es anders kommen sollte, kommen können sollte, das war Frieder schleierhaft. So konnte es auf jeden Fall nicht weitergehen.
    Er setzte sich auf die kleine Terrasse seines Häuschens, zündete eine Pfeife an und schaute hinunter auf die beiden Städte, in denen sich sein bisheriges Leben abgespielt hatte. Pfenningen und Beutlingen hatten Wohngebiete an den Hängen des Georgenbergs. Beutlingen, die Stadt, in der er gearbeitet hatte, war einst eine der reichsten Städte Deutschlands, zumindest war die Stadt einmal die mit den meisten Millionären gewesen. Er schüttelte den Kopf. Eigentlich komisch, da hatte man führende Unternehmen in der Stadt gehabt, und nach ein paar Jahren war davon nur noch eine Handvoll übrig geblieben, dazu eine ganze Palette von Möbelhausketten. Und natürlich Einkaufszentren, nicht zu knapp.
    »Frieder, was grübelst du denn wieder?«
    Frieder fuhr überrascht zusammen. Ganz in Gedanken hatte er den Alfred nicht bemerkt, der sich wohl auch recht leise angepirscht hatte.
    »Griaß de, Alfred«, sagte er und bot einen Platz auf der Terrasse an. »Zeit für ein kleines Vesper, oder?«
    Alfred ließ sich das nicht zweimal sagen und setzte sich auf die Bank am Häusle. Frieder holte sein Vesper heraus, stellte zwei kalte Bierflaschen auf den Tisch, und die beiden legten tüchtig los.
    Sie kannten sich seit ihrer Schulzeit. Alfred Rottwald war vielleicht der Mensch, den er am längsten und am besten kannte, dachte Frieder, wie er ihn so essen sah. Sie hatten auch schon als kleine Kinder miteinander gespielt, also noch vor der Schulzeit. Klar, Alfred wohnte in der Nachbarschaft, und damals hieß das noch was. Da gab es Banden und Kämpfe, jede
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