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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel
Autoren: Gisbert Haefs
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hatte etwas wacklige Knie.
    Der dunkelhaarige Mann drehte sich um. »Können Sie vielleicht mal die Klappe halten?«
    Wir schwiegen. Baltasar zog ein Foto aus der Tasche und hielt es mir vor die Nase. Wenn meine Kenntnisse mich nicht trogen, handelte es sich um eine fotografische Kopie der Röntgenaufnahme eines Oberkiefers.
    Ich zuckte mit den Achseln und sah Baltasar fragend an. Er deutete – wobei es wegen des Wurstfingers nicht ganz einfach war, festzustellen, was er meinte – auf einen Punkt ziemlich am Ende des Knochens. Dort war etwas, das wie ein kleiner Knubbel aussah. Man mußte allerdings – ich meine mich als Nicht-Mediziner – mit der Nase darauf gestoßen werden, um überhaupt etwas zu sehen.
    Ich sagte nichts, versuchte, mir nicht den Kopf zu zerbrechen, und starrte abwechselnd in Baltasars grinsende Visage und auf den Rücken des Mannes an der Wand.
    Plötzlich klickte etwas. Der dunkelhaarige Mann drehte sich grinsend um und streckte die Hand aus.
    »Zweite Rate«, sagte er. »Der Safe ist offen.«
    Baltasar drückte ihm wieder etwas in die Hand. Der Mann legte spöttisch die Fingerspitzen an die Schläfe. Baltasar begleitete ihn zur Haustür.
    »So«, sagte er, als er zurückkam, »jetzt sind wir unter uns.«
    Er blickte auf die Uhr. »Hm, das gibt uns ungefähr eine Stunde – wenn Morken sofort aufgebrochen ist. Er ist in Köln«, setzte er hinzu. »Wenn Moritz sich an die Absprache hält, sind wir genau im Zeitplan.«
    Er setzte sich auf eine Kante des großen Schreibtischs. Ich räusperte mich mehrmals, denn ich hatte einen dicken Kloß in der Kehle.
    »Baltasar«, sagte ich, als mein Hals endlich frei war, »lieber guter Baltasar, bis hierher kenne ich deinen Plan. Er ist von einer frivolen Leichtfertigkeit, die nur noch durch den Dusel übertroffen wird, den du dabei hast. Woher hast du den Safeknacker?«
    Baltasar lächelte. »Ts, ts. Frag nicht zu viel. Man hat für alles seine Leute.«
    Ich suchte mir einen Stuhl. »Was ist mit dem Foto?«
    Er wedelte damit in der Luft herum. »Das«, sagte er, »ist der Oberkiefer von Klaus Brockmann, auch Haselmaus genannt. Aufgenommen in Hannover, oder war es Dortmund, vor mehreren Jahren.«
    Er legte den Kopf schief und starrte einen Punkt in der Luft an.
    »Der Knubbel ist eine Art Verwachsung. Nach Auskunft eines Kieferorthopäden kann so was durch Ungeschicklichkeit des Arztes bei einer Operation verursacht werden. In diesem Fall und nach bloßer Ansicht des Bildes meinte der Medicus jedoch, es sei eine angeborene oder in der Kindheit durch dies oder jenes ausgelöste Sache.«
    »Prächtig. Dann wissen wir's ja. Und was sollen wir damit anfangen?«
    Baltasar steckte das Bild wieder weg. »Ich mach diese Sache hier sehr gern mit dir«, sagte er lobend. »Du verbirgst deine Dummheit wenigstens hinter dem Versuch eines gewissen Sarkasmus. Zwar bleckt die Angst deine Zähne, aber das ist immer noch besser als Moritz; der würde jetzt sein Herz auf dem Boden schleifen lassen.« Er zündete sich eine neue Zigarre an.
    »Ich danke dir für die lieblichen Reden«, sagte ich. »Deine Freundlichkeit ist, ich möchte fast sagen, anbiedernd. Paß auf, daß du nicht auf deiner Schleimspur ausrutschst. Oder soll ich nach einem Wischlappen suchen und sie wegwischen?«
    »Spar dir das. – Ach, ich habe ganz vergessen dir zu sagen, wo unser Freund Burger steckt.«
    Mir war die ganze Zeit so unwohl gewesen; nun wußte ich, warum. Bei der Aufzählung der anwesenden oder abwesenden Personen in diesem Hufeisen von Villen war der Name Burger nicht gefallen. Ich war zu nervös gewesen, um es zu bemerken, aber offenbar hatte mein Unterbewußtsein alles mitbekommen.
    »Er hat heute früh«, sagte Baltasar selbstgefällig, »unter der wachsamen Beobachtung eines anderen lieben Freundes von mir, den du aber nicht kennst, sein Bankkonto geplündert, sich per Taxi nach Köln-Wahn bringen lassen und einen Flug nach Lima angetreten, über Frankfurt und so weiter.« Er kaute auf der Zigarre. »Offensichtlich hat er keine Nerven, der Junge; eigentlich eignet er sich dann nicht nur nicht als Verbrecher, sondern erst recht nicht für den diplomatischen Dienst. Stell dir mal vor, er wird als Geisel genommen und irgendwo ein paar Tage festgehalten. Der dreht ja durch, der Arme.«
    Ich konnte mir ein Grinsen nun doch nicht mehr verkneifen. Langsam wich unter dem wohltätigen Einfluß von Baltasars Geschwätz die Beklemmung aus meinen Kniekehlen.
    »Lieb von dir. Er würde deine
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