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0111 - Geschäfte mit Menschen

0111 - Geschäfte mit Menschen

Titel: 0111 - Geschäfte mit Menschen
Autoren: Geschäfte mit Menschen
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Die Frau fuhr einen silbergrauen Rolls Royce mit offenem Verdeck. Sie hielt genau im Schein der Laterne des weitläufigen Parkplatzes, dass ich ihr ebenmäßiges, glattes Gesicht erkennen konnte, das lange platinblonde Haar und den flaumweichen Nerzmantel, der wie eine römische Toga ihre Schultern bedeckte.
    Eilig kam der Parkwächter auf ihren Wagen zugerannt. Ein halber Dollar dürfte ihm sicher gewesen sein.
    Für mein Fahrzeug hatte er keine Zeit. Ich rangierte es zwischen einem cremegelben Chrysler und einem nagelneuen Olsmobile Sedan und zog den Zündschlüssel ab.
    Alles verdammt kostspielige Schlitten, nicht einer unter dreitausend Dollar. Es war tatsächlich ein sehr vornehmer Club und eigentlich hatte ich hier gar nichts zu suchen. Es war reine Neugierde von mir, ein wenig Langeweile vielleicht und die Hoffnung, ein paar nette Menschen zu treffen und einige ordentliche Drinks zu vernaschen. Der Tag war noch früh, zwei Stunden vor Mitternacht erst. Ein vornehmer Mensch in Los Angeles lässt sich nicht vor Mitternacht in den teuren Lokalen sehen. Sonst glaubt man am Ende, er könnte es sich nicht leisten, die Nacht um die Ohren zu schlagen.
    In dunkelbblauen Leuchtbuchstaben war der Name »Pel'ican Club« über die Silhouetten der sauber gestutzten Büsche in die Luft geschrieben. Aus einiger Entfernung hörte ich leise-Tanzmusik in die Nacht rieseln. Irgendwo heulte gar fern eine Schiffssirene.
    Auf vier Meter kam ich an dem Rolls-Royce vorbei, sah hinüber und beobachtete, wie der Parkwächter mit Hilfe der jungen Frau einen betrunkenen Mann aus dem Wagen zog. Er musste ganz hübsch geladen haben. Seine Arme und Beine hingen schlaff zur Erde herub, als gehörten sie gar nicht mehr zu ihm. Der Mann trug ein Dinnerjackett und schwarze Smokinghosen. Die Fliege war aufgezogen, ein Schuh fehlte. Der linke…
    »Hallo, Mister…«, rief mich der Parkwächter an. »Eine Sekunde mal…«
    »Kann ich helfen?«
    »Oh, vielen Dank. Ja, ich glaube, es ist nötig. Er stellt sich an, als wiege er drei Zentner.«
    Die junge Frau versuchte mich anzulächeln. Sehr alt war sie bestimmt nicht. Vielleicht fünfundzwanzig. Eine tolle Figur, ein tolles Abendkleid, das sich beim Bücken leicht verschoben hatte.
    »Zu viel geladen, was?«
    »Er wird sich noch mal unter die Erde trinken«, sagte die Frau verächtlich. »Keine Flasche kann er stehen sehen. Schlimmer, als ein Kind.«
    »Lassen Sie es mich mal versuchen. Wo soll er hin? Doch nicht in den Club?«
    »Er bestand darauf«, erklärte die junge Frau kurz. »Ich denke, wir schaffen ihn in eins der Ruhezimmer. Da kann er seinen Rausch ausschlafen. Meinetwegen bis übermorgen…«
    »Ich kann ihn über den Rücken nehmen«, meldete sich der Parkwächter, als seien ihm inzwischen Zweifel gekommen, ob ich mich nicht an seinem Trinkgeld beteiligen könnte.
    »Packen Sie an den Beinen zu. Himmel, er riecht wie eine ganze Schnapsbrennerei. Na, vorwärts schon…«
    Die Frau stand aufrecht und starr neben dem Wagen. Unter dem linken Arm trug sie eine winzige Abendtasche. Ich roch ihr schweres süßes Parfüm, das wie eine Wolke uns alle einhüllte. Aber gegen den penetranten Gestank, der dem weißen Dinnerjackett entquoll, kam auch ihr Parfüm nicht an. Selten hatte ich einen so betrunkenen Kerl gesehen.
    Langsam schleppten wir ihn über den kiesbestreuten Platz, folgten dem Weg zum Eingang des Clubs und wurden von einem finster dreinblickenden Burschen empfangen.
    »Schon wieder besoffen, Gilda?«
    »Ich hab’s nicht verhindern können. Bei Harrow ist es passiert. Sie gaben eine Party, Dick. Ich hab ihm gesagt, er könnte nicht mit, aber er bestand darauf. Unterwegs hat die frische Luft ihm den Rest gegeben.«
    »Besser, er würde nie wieder zu sich kommen«, grollte der Mann menschenfreundlich. »Wer sind Sie denn?«
    »Augenblicklich Gepäckträger, Freund. Schaffen Sie eine Couch herbei, Sonst legen wir ihn im Saal drinnen auf den Flügel.«
    »Eine neue Flamme, Gilda?«
    »Oh, nein… Er war so freundlich, mir zu helfen, Dick. Lass uns gehen, Dick. Sonst sehen uns hier noch Gäste herumstehen.«
    Der Kerl drehte sich um und schritt schweigend vor uns über den dicken Teppich. Links war die Garderobe. Ein junges Ding mit koketter Spitzenschürze verdrehte die Augen, um ja alles mitzubekommen. Im Licht der Eingangshalle betrachtete ich ausgiebig das blasse, eingefallene Gesicht des jungen Mannes, den wir wie eine Leiche in den Club trugen. Er besaß schmale Lippen, eine
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