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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel
Autoren: Gisbert Haefs
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Sorge um sein Wohl sicher zu schätzen wissen«, sagte ich.
    Baltasar versenkte eine Pfote in seiner unförmigen Jackentasche und warf mir ein Objekt zu. Ich fing es auf; es war ein Glasschneider.
    »Mach doch mal ein bißchen den Skelettkasten auf«, sagte er. »Ich seh mir inzwischen den Safe an.«
    Ich fertigte ein akkurates Loch um das Schloß der kleinen Schiebetür, drückte – ich bin kein Profi – das ausgeschnittene Glasstück nach innen, sah es fallen und schob die Tür auf. Zugleich hörte ich einen Pfiff.
    Baltasar hielt einen Stoß von Papieren in der Hand. »Schön«, sagte er strahlend, »sehr schön. Das bringt's. Dafür« – und er blickte mich vorwurfsvoll an – »gehe ich notfalls freiwillig ein paar Jahre in die Kiste.«
    »Was hast du gefunden?« Mir war nun alles egal – wenn schon, denn schon.
    »Ruhe!« sagte er.
    Er setzte sich an den Schreibtisch und überflog seine Fundstücke.
    Nach einer Weile, während derer ich die Buchtitel verständnislos gelesen und das kleine Labor besichtigt hatte, winkte er mich zu sich.
    »Hier. Das sind die wichtigen Dinge. Erstens: Ein Konto in Zürich. Bestand sechsstellig. Zweitens: Ein Dollarkonto und eine Adresse in Buenos Aires. Bestand des Kontos ebenfalls sechsstellig. Wo hat der die Floppen her? Oha. Drei gleichlautende Zettel, unterzeichnet von Pallenberg, Treysa und Grossek. Text: ›Im Falle des Ablebens von Professor Ahrenborn verzichte ich auf jeglichen Anspruch gegen seine letztwilligen Erben. Desgleichen verpflichte ich mich, beim Ableben des genannten Prof. Ahrenborn einen in meinem Besitz befindlichen, versiegelten Brief zu vernichten.‹ Unterschrift. Das erklärt vieles.«
    Ich widersprach entschieden. »Das erklärt überhaupt nichts. Kannst du mir sagen ...«
    »Nun warte doch ab. Du wirst alles bald erfahren, Dummerchen. Du muß nur die Nerven behalten und dem lieben alten Baltasar vertrauen.«
    Er blätterte weiter, ohne mich anzusehen. Ich hielt einen Augenblick die Luft an; dann gab ich auf.
    »Aha«, sagte er, »das habe ich gesucht. Letztwillige Verfügung.« Ratsch, und das gute Büttenpapier war auf.
    »Die heiligsten Güter des Abendlandes«, murmelte ich.
    Baltasar schnob und las. »Bla bla bla ... verfüge ich, daß meine beiden Häuser in Godesberg, Adresse usw., verkauft werden sollen. Nach Auszahlung der Pflichtteile an meine Frau und meine Tochter Eva Morken soll der gesamte Restbetrag einschließlich aller sonstigen Vermögenswerte (Anlage siehe unten nach dem Stand vom 1. August 1980) in den Besitz von Frau Felicitas Kleinsiepe geborene Weber übergehen.‹ – Ich glaub, mich streift ein Bus.«
    Mich streifte er auch.
    Baltasar faltete die Papiere zusammen und steckte sie ein. »Leckere Sache«, sagte er. Dann stand er auf und ging zum Safe. Er verschloß ihn nicht, sondern lehnte die Tür nur an. Das Holzpaneel paßte noch davor. Er stellte die Bücher wieder ordentlich hin.
    Dann kam er zu mir. »Wir müssen jetzt tapfer sein, Fräulein«, sagte er höhnisch. »Ist das Ihre erste Entbindung?«
    Ich kratzte meinen Bart. »Wenn ich nicht wüßte, daß du lebensmüde bist, würde ich dich jetzt danach fragen.«
    Er ging zur Vitrine und musterte die Skelette. Eines, das letzte in der Reihe, fiel auf: Die Schädeldecke fehlte. Er nahm den Kopf von dem Haltegerüst und hielt ihn in der Hand.
    »Ach, armer Yorick«, sagte er, »nun werde ich nie erfahren ...« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    Wir warteten. Gegen sechs Uhr hörten wir ein Auto scharf bremsen und Türen zuknallen. Baltasar griff in seine unförmige Tasche und holte zwei weitere Objekte heraus. Das erste war ein Walkie-talkie.
    Er drückte einen Knopf und sagte leise: »Moritz, alles an Bord?«
    Nach kurzem Knistern kam die Antwort. »Alles an Bord. Viel Glück.«
    Er ließ den Apparat eingeschaltet und verstaute ihn in einem Papierkorb.
    Das zweite Objekt reichte er mir. Es war ein Revolver. »Notfalls«, sagte er leise, »einfach in die ungefähre Richtung halten und abziehen.«
    Er klopfte auf seine Tasche. Da wußte ich, daß er selbst auch noch einen hatte.
    Die Haustür ging auf, und Ahrenborn und Morken stürzten herein.
    Ich habe lange überlegt, ob ich dieses Finale in Einzelheiten aufschreiben soll. Meine Adrenalinstöße, das Geifern des Professors, Morkens jähen Zusammenbruch, Baltasars Kälte und unerschütterliche Arroganz – ich habe mich dagegen entschieden. Vieles ist nur noch wie ein Traum, weil alles zu schnell ging und jede Einzelheit
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