Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Typ.«
    Das Mädchen erinnerte sich. Der Mann, sagte sie, sei ein paarmal dagewesen, meistens relativ früh am Abend, hätte auch schon mal was gegessen. »Fieser Typ, irgendwie schmierig. Hat mich mal, als er voll war, mit seinen klebrigen Fingern angegrapscht, so allgemein Richtung Busen, und wollte mir sein Herz ausschütten. Klaus heißt er. Mann, ich hab nix gegen Opas, solang sie mich nicht anfassen. Hab ihm gesagt, er könnte mich ruhig siezen. Nächsten Tag ist er wieder gekommen, war ganz verschüchtert, hat sich entschuldigt.«
    Baltasar strahlte. »Ha, eine Spur! Darf ich dir in allen Ehren und ohne Grapschen eins ausgeben?«
    Die Studentin lachte. »Klar doch. Suchst du den?«
    Baltasar nickte.
    Sie runzelte die Stirn. »Also, der kommt nicht regelmäßig, aber zweimal die Woche bestimmt. Ob er gestern hier war, weiß ich nicht; ich war gestern nicht da. Kommt aber bestimmt wieder.«
    Baltasar bestellte eine Runde Cognac und prostete ihr zu. »Kannst du mir noch was über ihn erzählen?«
    »Ja, also, nicht viel. Ist nicht verheiratet, hat jedenfalls keinen Ring. Außerdem hat er was für Jüngere übrig. Mich hat er angefaßt, und dann hat er mal hier mit ner Illustrierten gesessen, ist schon paar Wochen her. Da war 'n Bericht über irgendeinen Macker drin, Bundestagsabgeordneter, glaub ich, der irgendwo in Bonn wohnt, nee, wart mal, Godesberg, in so nem vornehmen Viertel. Waren 'n paar Fotos bei, die hat der Mann mir gezeigt. So ne Villa am Hang. Und was er vor allem angestarrt hat, waren Bilder von der Familie. Zwei sehr hübsche Töchter, oder so was, hat er gemurmelt. Dann wollte er wissen, wo die Straße war; die war im Bericht genannt. Wußt ich aber nicht. Ich glaub, dann hat er auch noch im Telefonbuch nachgeschaut. Aber die großen Kanaken haben ja alle geheime Nummern. Jedenfalls stand der wohl nicht drin.« Sie erinnerte sich auch noch an die Illustrierte.
    Baltasar war fröhlich und guter Dinge und verlor beim folgenden Skat heftig. Da er nicht mehr als zwei Cognac und einen Kaffee getrunken hatte, brachte er mich auch noch zurück in mein Exil.
    Den folgenden Tag verbrachte ich an der Schreibmaschine. Zwischendurch bewunderte ich das Gedächtnis der kellnernden Studentin, bis mir einfiel, daß Kellner ja am Ende eines Abends meistens noch wissen müssen, was welcher Gast in den letzten Stunden getrunken hat. Das übt. Auch Matzbachs Zahnbürste lenkte meine Gedanken immer wieder ab.
    Abends klingelte das Telefon. Baltasar, wer sonst.
    »Hast du Lust zur nächsten Runde?«
    Ich kam zu dem Schluß, daß es mit meiner Arbeitswut ohnehin nicht gut stand, und bejahte. »Hast du noch was rausgekriegt?«
    »O ja, erzähl ich dir später. Treffen wir uns im
Gamsbart

    »Was willst du denn schon wieder da?«
    »Diese Studentin noch was fragen.«
    »Matzbach, Matzbach, willst du die junge Dame anfallen? Heute ist Freitag, und außerdem mag sie keine grapschenden Großväter.«
    Er schniefte. »Nix grapschen, du Trottel; fragen. Also, bis gleich?«
    »Okay, ich bin in ner halben Stunde da.«
    Im
Gamsbart
war noch nicht viel los. Wir hatten beide Hunger; ich aß eine Kleinigkeit, Baltasar deren drei. Er hatte die betreffende Ausgabe der Illustrierten aufgetrieben; die Kellnerin bestätigte, daß es die fragliche sei.
    Baltasar hatte das ohnehin angenommen. Sein wirklicher Grund für den Besuch im
Gamsbart
war wohl die Hoffnung, die Haselmaus könnte auftauchen.
    Vorsichtshalber, wie er sagte, hatte er aber schon Nachforschungen angestellt. Der Abgeordnete, für dessen Villa und Töchter Haselmaus sich interessiert hatte, wohnte auf dem Godesberger Millionenhügel, Ortsteil Schweinheim. Der Name des Hügels leitet sich aus der Tatsache ab, daß nach dem Krieg, als Bonn provisorische Hauptstadt wurde, hier die ersten Minister und viele der zeitweise um die dreihundert Godesberger Millionäre – Industrielle, Politiker, Anwälte, Ärzte und so weiter – ihre Villen errichtet hatten: im Grünen, außerhalb von Bonn, aber in bequemer Entfernung.
    »Vornehme Nachbarschaft«, sagte Baltasar. Bewaffnet mit dem neuesten Bonner Adreßbuch hatte er die Gegend inspiziert.
    »Zwei Professoren, noch ein Abgeordneter, ein Großkaufmann, alles, was man nicht braucht.«
    Wir unterhielten uns eine Weile über dies und das, spielten einige Runden Offiziersskat, fanden einen dritten Mann für ein paar weitere Runden richtigen Skat und beobachteten zwischendurch eintreffende Gäste. Gegen elf Uhr beschloß Baltasar,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher