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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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wieder sein Mobiltelefon in der Hand. »Ick sag Rocco und Ronny Bescheid, dass die uns abholen kommen. Zwanzig Kilometer in der Nacht uff freier Straße dürfte nich so lange dauern.«
    »Und die Polizei?«
    »Die Dorfbullen? Vergiss es. Entweder es ist sowieso schon zu spät, oder wir kriegens auch alleine hin. Oder, Variante drei: Es is überhaupt nüscht passiert.«
    Kai musste schlucken.
    »Jetz kiek nich so, mein Freund. Ach ja, bevor es los geht, hab ick noch ein Wörtchen mit Frau Schmidt-Baldrian zu reden. Und dann muss ick noch mal uffs Klo.«

Wach
    Als Peggy den Atem des Mannes an ihrem Hals spürte, hielt sie abermals die Luft an. Es ging nicht anders.
    Sie merkte, dass er seine Hand auf ihren Scheitel legte. Dann wanderten seine Finger zu ihrem linken Ohr. Er spielte mit ihrem Ohrläppchen, dann waren seine Finger an ihrer Schläfe und umkreisten sie. Fast zärtlich. Hörten gar nicht wieder auf zu kreisen. Keine Handschuhe diesmal, sondern warme, weiche Finger. Und ein äußerst sanfter Druck.
    Peggy hob den Kopf. Er wusste sowieso längst, dass sie die Schlafende nur gespielt hatte, die Bewusstlose.
    Und dann riss diese liebkosende Hand an Peggys Kopf, mit Wucht, mit unmenschlicher Gewalt. Jemand zieht mir die Haut vom Gesicht, dachte Peggy, die Brauen und die Wimpern und die Augen, alles gleich nicht mehr da. Das blanke Fleisch, die leeren Höhlen. Dieses scharfe Geräusch, dieses Geräusch, als würde etwas reißen.
    Nein, das konnte doch alles nicht wahr sein, das träumte sie doch nur. Aufwachen, du musst jetzt verdammt noch mal aufwachen, dachte Peggy, sonst passiert wirklich noch was, und sie schlug die Augen auf.
    Sie konnte sehen, und zwar: einen hellen, gekachelten Fußboden. Sie nahm einen schwarzen Umriss wahr, der sich gerade aus der Hocke erhob. Alles war verschwommen, zerfloss ins Undeutliche, denn noch immer lag da dieser Druck auf ihren Augen. Aber sie erkannte schon das Helle einer Hand. Und zwischen den Fingern der Hand das Stück Stoff, das sie blind gemacht hatte, das ihr die Augen in die Höhlen gedrückt hatte. Nein, das war kein Stoff, das war nichts Weiches. Eher ein Stück Klebeband, ein starkes Gaffer-Tape: deshalb der Schmerz, deshalb das Geräusch des Reißens.
    Sie hatte keineswegs geträumt. Oder doch? Sie sah an der schwarzen Gestalt empor, bis hoch ins Gesicht: Vor ihr stand der Teufel und grinste.

Ein neues Leben
    »Rocco und Ronny kommen sofort rüber«, sagte Bruno zu Kai, nachdem er mit seinen beiden Kumpanen telefoniert hatte, die sich kurz vor Dahme, im zwanzig Kilometer entfernten Neindorf, in Alarmbereitschaft befanden. »Und sie bringen den Notfallkoffer mit. Sicher is sicher.«
    »Den was?«
    »Ach vergisset.« Bruno ging eilig zur Bar zurück, wo Frau Schmidt-Balldruscheidt auf ihn gewartet hatte.
    »Sie interessieren sich also für meine Ahnengalerie, lieber Herr Zabel?«
    »Erst mal noch ein Schlückchen für den Durst«, sagte Bruno und goss sich großzügig ein. »Aber um Ihre Frage zu beantworten, ja, gnädige Dame. Ick interessiere mich.«
    »Tja, nun«, sagte Frau Schmidt-Balldruscheidt, »dann fragen Sie!«
    »Wie ick vorhin schon sagte, ick würde ja zu gerne wissen, wie das da aussehen würde, wenn es rosa wär.« Bruno stieß mit seinem großen Zeigefinger auf eines der Porträtfotos.
    »Ein schönes Foto, oder? Und, Herr van Harm …«, die Leiterin der Kulturscheune zupfte an Kais Hemdärmel, »das Foto widerlegt übrigens auch Ihre These, dass alle unsere Künstler sich in nachdenklichen Posen fotografieren lassen.«
    »Aber die meisten schon«, beharrte Kai.
    »Oder vor Bücherregalen und Obstschalen.«
    »Das ist in diesem Fall wohl war«, gestand Kai ihr zu.
    »Ein janz adretter Mann, wa?«, sagte Bruno.
    »Sie müssten ihn übrigens kennen, Herr van Harm«, sagte Frau Schmidt-Balldruscheidt.
    »Noch nie gesehen«, sagte Kai.
    »Sozusagen ein Kollege von Ihnen auf dem Gebiet der Kriminalliteratur.«
    »Und einen janz aparten Vollbart hat der Kollege«, sagte Bruno.
    »Nicht wahr?«, pflichtete die Kulturscheunenleiterin ihm euphorisch bei. »Also, wenn er ihn denn trägt. Das wechselt ja auch, je nach Tagesform. Als ich jung war, trugen nur Obdachlose und Hippies solche Bärte. Lang und fusselig und mit Essensresten durchsetzt. Aber dieser hier, kurz, getrimmt, gepflegt. Unser Sascha ist schon sehr bedacht auf seine korrekte Erscheinung, das muss ich sagen. Ob jetzt mit Bart oder ohne.«
    »Sascha also?«, fragte Bruno.
    »Ja, Sascha König.
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