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Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Mord allein macht auch nicht glücklich: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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fragte: »Wo is denn eigentlich die Kleene hin?«
    In diesem Moment fiel Kai wieder der Vorsatz ein, nach Peggy zu sehen, wenn er mit der Lesung fertig war. Und das war er jetzt schon mindestens seit einer halben Stunde.
    »Die wird auf dem Zimmer eingeschlafen sein«, bemühte er noch einmal die gleiche Beschwichtigungsformel, diesmal für Bruno.
    »Aber die muss doch wat essen«, sagte Bruno, »so dürre wie die is.«
    »Ich geh gleich mal rüber, um sie zu holen«, sagte Kai.
    »Soll ick mitkommen?«
    »Wozu denn?«
    Draußen hatte es aufgehört zu regnen, dafür blies jetzt ein kräftiger Wind durch die Nacht. Kai ging einmal um die Kulturscheune herum, auf deren Rückseite sich der seperate Eingang zur Gästewohnung befand. Die Fenster waren dunkel, was bedeuten konnte, dass er recht hatte mit seiner Annahme, Peggy würde schlafen.
    Dass er damit falschlag, merkte Kai sofort, nachdem er das Licht angeschaltet hatte. Alles sah noch so aus, wie sie es vorhin verlassen hatten. Brunos Discountertüte lag quer über dem Doppelbett, auf dem Nachttisch stand Kais Notebooktasche. Die Ausziehcouch in der Stube, auf der Peggy übernachten sollte, war leer, die Decke glattgezogen.
    Des Weiteren musste Kai feststellen, dass auch Peggys kleiner Koffer, den sie aus dem Wagen hatte holen wollen, sich nicht in der Wohnung befand.
    Er suchte fast zehn Minuten danach, obwohl er schon nach wenigen Augenblicken wusste, dass es sinnlos war. Aber er suchte einfach weiter, weil er sich nicht eingestehen wollte, dass seiner Nachbarin etwas passiert sein konnte.
    Er suchte dieselben Stellen mehrmals ab. In seinem Inneren begann eine gewisse Verzweiflung zu wachsen.
    Er hörte erst auf zu suchen, als ihm der Gedanke in den Kopf schoss, dass sie vielleicht mit dem Corsa weggefahren war. Vielleicht zurück nach Berlin? Vielleicht hatte sie ja einen Anruf von ihrer Familie bekommen? Vielleicht war ja ihrer Mutter etwas zugestoßen oder ihrer Schwester? Kai wollte es nicht hoffen, aber solche Dinge kamen ja vor. Ein Unfall zum Beispiel. Musste ja nichts Schlimmes sein. Ein verstauchter Knöchel genügte ja manchmal schon, um auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.
    Und dass dieser Anruf nun ausgerechnet gekommen war, als Peggy draußen war … So etwas gab es. Das war Zufall, manche nannten es auch Schicksal. Vielleicht hatte Peggy ihre E-Mails abgerufen und dort einen Hilferuf vorgefunden. Mit ihrem modernen Telefon kein Problem.
    Kai van Harm löschte das Licht in der Gästewohnung und schloss dann die Tür hinter sich ab. Der kühle Nachtwind trocknete ein wenig den Angstschweiß, der sich auf seiner Stirn gebildet hatte. Auch das Hemd klebte ihm am Rücken und an der Brust. Solche Zufälle kamen ständig vor, dachte er noch einmal, diese außergewöhnlichen Verknüpfungen von Unwahrscheinlichkeiten.

Dunkel
    Das Erste, was Peggy spürte, als sie wieder zu sich kam, war ein enormer Druck auf den Augen. Und sie erinnerte sich: Genau das war auch das Letzte gewesen, was sie vor ihrer Ohnmacht gefühlt hatte.
    Sie hatte das Feuerzeug in die Dunkelheit gereicht, aus der sich langsam ein schwarzer Schemen geschält hatte und größer geworden war. Peggy hatte eine Hand erkannt, die in einem dicken schwarzen Fingerhandschuh aus einem stumpf glänzenden synthetischen Material steckte. Sie hatte der Handschuhhand das Feuerzeug reichen wollen, aber die Hand war über das Feuerzeug hinweggegangen, war näher gekommen, auf ihre Augen zu. Sie hatte instinktiv den Kopf weggedreht, aber da war es bereits zu spät gewesen: Die Handschuhfinger fassten direkt in ihr Gesicht und drückten ihr die Augen zu. So stark war der Druck gewesen, dass sie gefürchtet hatte, die Hand würde ihr die Augäpfel in den Schädel pressen. Weshalb sie versucht hatte, möglichst wenig Widerstand zu leisten. Den Kopf in die Richtung zu drehen, den der harte Griff der Hand vorgab. Doch noch bevor sie hatte aufstehen können, war Peggy ohnmächtig geworden.
    Durch den dünnen Frotteestoff ihrer Hose spürte sie nun den kalten, glatten Fußboden. Es roch komisch: abgestanden irgendwie, modrig, nach Keller. Wie in einem alten, aufgegebenen Schwimmbad.
    Peggy konnte Wassertropfen hören, die in regelmäßigen Abständen zu Boden fielen. Und sie hörte den Wind pfeifen, draußen, wo immer das war.
    Für Sekunden konzentrierte sie sich jetzt auf ihren Körper, um nach einem Schmerz zu suchen, nach irgendeinem Anzeichen einer Verletzung. Aber sie konnte nichts entdecken, lediglich
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