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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren
Autoren: Silke Porath
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beeindrucken. Schon gar nicht durch die Katerstimmung anderer Leute.
    Arne und ich nippen schweigend an unserem Koffeingebräu, während Rolf und Chris schäkern, sich Luftküsschen zuwerfen und die Glücksklee-Töpfchen auf dem Tisch hin und her schieben, als wollten sie einen Glücksklee-Wald zwischen den Marmeladegläsern bauen.
    Widerlich, diese gute Laune, denke ich.
    »Widerlich, diese gute Laune«, sagt Arne. Rolf und Chris verziehen die Gesichter.
    »Junge, wenn du saufen kannst, dann kannst du auch arbeiten, sagt meine Oma«, kommentiert Chris. »Und genau das werde ich jetzt auch tun. Kommst du?«
    Chris erhebt sich und zieht Rolf am Ärmel. »Wir wollen das schweigende Glück nicht weiter stören.« Ich werfe ihm einen bösen Blick zu – leider. Allein das Zusammenkneifen der Augen facht das Pochen und Wummern in meinem Kopf wieder an.
    »Wehe, ihr macht irgend welche Geräusche«, sage ich matt.
    »Huuuu, Prinzesschen!« Rolf schwingt sich in die Senkrechte und kneift Chris in den Po. Frisch verliebte Schwule sind eine Landplage!
    »Das Einzige, was ihr hören werdet, ist das Scharren des Bleistifts. Ehrenwort!« Rolf hebt die Hand zum Schwur. Arne sieht fragend von mir zu meinen Mitbewohnern und zurück. Scheinbar war der letzte Kleine Feigling gestern Nacht doch übers Verfalldatum, wenn er die Hirnzellen meines Liebsten dermaßen lahmlegen konnte.
    »Die Gartenplanung«, flüstere ich Arne zu. Der macht große Augen – und ich sehe, wie er sich allmählich erinnert: Chris. Rolf. Der Schrebergarten, den die beiden im letzten November gepachtet haben. Das nahende Frühjahr – so in drei, vier Monaten – , die drängende Frage, was gepflanzt werden soll – so in drei, vier Monaten. DAS Jahresprojekt meiner Mitbewohner. Und mir. Aus der Nummer komm ich nicht raus – mitgefangen, mitgehangen. Oder, wie Chris jüngst sagte: Mitgewohnt – mitgebuddelt.
    »Ich habe eine extrem süße Gartenlaube entdeckt«, schwärmt Chris und biegt mit Rolf um die Ecke. Ich ahne Schlimmes: Die nächsten Stunden wird der arme Rolf an der Seite seines Liebsten durch die virtuellen Schrebergärten der Republik surfen. Verschwommene Fotos von überladenen Lauben und prunkvollen Gärten taxieren. Berechnungen anstellen, wie viel Holz für diese oder jene Hütte im Baumarkt beschafft werden muss. Nur um dann von Chris am Ende eines langen Internettages zu hören, dass DIE Laube nun doch noch nicht dabei war.
    »Käffchen?« Arne hebt seine geschwollenen Lider einen Millimeter nach oben und schaut mich über die Kaffeekanne hinweg an.
    »Och, ich wüsste da was anderes«, flüstere ich.
    »Aber wehe, du machst irgendwelche Geräusche!« Arne zwinkert mir zu. Mein Schädel ächzt auf dem Hals, als ich aufstehe und ein bisschen mit den Hüften wackele.
    »Gehen wir zu mir oder zu dir?«
    »Bleiben wir hier, Süße, dein Bett ist noch warm.« Arne springt auf, nimmt mich in die Arme und drückt mir einen dicken, fetten Neujahrskuss auf den Mund. Dann gehen wir zu mir. Und wie! An meinen tiefroten Kontostand, an den neuen Job als Fahrerin der Tierrettung und an all das Grünzeug, das Chris mit seinem Floristenherz auf die Parzelle packen will, kann ich noch später denken. Das Jahr hat eben erst angefangen – und so betrachte ich meinen künftigen Chef lieber noch einmal ganz nah. Ohne seine, zugegeben: sehr knackige!, Tierretteruniform. Und so sagt sich Scarlett O’Hara: »Verschieben wir’s auf morgen. Auf morgen.«
     
    Ganz so lange schlafe ich nicht. Irgendwann wacht der tote Hamster in meiner Mundhöhle auf und kratzt an der Zunge. Der Durst treibt mich aus dem Bett und in die Küche. Nach zwei Gläsern ›Hahnenheimer Gold‹, frisch gezapft am Spülbecken, habe ich zwar noch keinen besseren Geschmack im Mund, dafür aber das Gefühl, den Neujahrskater so langsam zu besiegen. Arne scheint da bereits weiter fortgeschritten zu sein, denn mein Tierdoc ist spurlos verschwunden. Mittlerweile wundert mich das nicht mehr, der Kerl neigt dazu zu gehen, wann er mag. Und zwar in seine Wohnung. Die praktischerweise genau gegenüber liegt, getrennt von unserer WG nur durch zwei Meter abgetretenes Linoleum und zwei Fußmatten.
    Der Küchentisch ist komplett abgeräumt und blank gewienert. Noch so ein Vorteil, wenn frau mit zwei schwulen Männern unter einem Dach lebt: Tanja kann in aller Ruhe die Schlampe raushängen, denn Rolf ist die Ordnung in Person. Dass seine hausfraulichen Talente nichts, aber auch rein gar nichts mit seiner
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