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Mops und Möhren

Mops und Möhren

Titel: Mops und Möhren
Autoren: Silke Porath
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einfach nicht ist, denn sie müssen sich den Platz mit einem Rechen, einem Spaten und zwei Säcken Blumenerde teilen, für die beim besten Willen kein Platz mehr im Kofferraum ist. Ich wundere mich, dass ich beim Anfahren keinen Wheely mache, denn die acht weiteren Säcke voller Erde und Rindenmulch, die Großhandelspackungen an Blumensamen, Dünger und zwei nagelneuen Gießkannen drücken meinem alten Uno ganz schön den Hintern runter. So fest ich das Gaspedal auch durchtrete – die Weinsteige schaffen wir mit Höchsttempo 48. Statt der Tachonadel steigt die Temperaturanzeige. Und zwar stetig. Und schnell. Ich werfe einen besorgten Blick auf die Anzeige – noch vollkommen analog mit Zeiger, ohne hochtechnischen Schnickschnack. Chris und Rolf bemerken nichts – sie singen im Duett ›Veronika, der Lenz ist da!‹
    Beim dritten Mal ›… der Spargel wächst‹ erreicht die Temperaturanzeige den Anschlag. Mir wird heiß. Ich trete aufs Gaspedal, bis meine Turnschuhe qualmen. Der Schweiß tritt mir auf die Stirn und ich fixiere die Straße vor mir. Zwei Kurven noch. Zwei jämmerliche Kurven. Für einen Augenblick habe ich den widersinnigen Gedanken, dass ich nur schnell genug oben sein müsse, ehe das Kühlwasser zu kochen beginnt. Eine ähnliche Logik entwickele ich regelmäßig dann, wenn die Tankanzeige gen leer tendiert: Schneller fahren, damit man die nächste Zapfsäule erreicht, ehe kein Benzin mehr im Tank ist. Beim Benzin funktioniert es regelmäßig. Beim Kühlwasser – nicht. Als meine Jungs zum Doppeljaulen der Hunde ›die Mädchen singen tralala‹ intonieren, beginnt der Uno zu husten. Röchelt zwei Mal leise, dann einmal laut und schaltet mit einem Geräusch, das an Schluckauf erinnert, sich selbst den Motor ab. Rolf und Chris verstummen schlagartig. Der Wagen rollt noch ein paar Meter weiter den Berg hinauf. Dann ist Schluss.
    Hinter mir tritt ein Porschefahrer in die Eisen und wechselt mit einem halsbrecherischen Manöver auf die linke Spur. Zum Glück kommt uns gerade keiner entgegen. Der Typ zeigt mir einen ausgewachsenen Vogel.
    »Scheiße«, sagt Rolf und sieht mir gleichzeitig fasziniert dabei zu, wie ich mit dem allerletzten bisschen Schwung versuche, das Auto an den rechten Fahrbahnrand zu bugsieren. Es gelingt leidlich. Wenigstens würden wir nicht die Straße blockieren. Die Räder berühren mit Ach und Krach den Gehsteigrand.
    »Oh«, kommentiert Chris und schnallt sich ab. Synchron geschehen in der nächsten Sekunde mehrere Dinge. Chris und Rolf öffnen die Türen und schwingen ihre Astralkörper aus dem Auto. Mudel und Earl beginnen zu bellen und drücken die feuchten Schnauzen gegen die Scheiben. Aber auf einen Schmierstreifen mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an. Ich drücke den Knopf für die Warnblinkanlage und starre auf den weißen Nebel, den mein treues Wägelchen ausspuckt. In dicken Schwaden quillt der Dampf unter der Kühlerhaube hervor. Was eigentlich ganz schön aussieht – diese weißen Wattewölkchen gegen den perfekt blauen Himmel.
    »Das kocht«, konstatiert Rolf. »Mach mal die Haube auf.«
    Ich ziehe am Hebel links unterhalb des Steuers. Die Motorhaube klackt. Rolf hebt sie nach oben und ist gleich darauf im Nebel verschwunden.
    »Juhuuuuu!«, ruft Chris und hüpft auf und ab wie ein Kind, dem man einen Lolly vor die Nase hält. »Sieht das schön aus!«
    »Schöne Scheiße ist das.« Ich lasse das Gurtschloss schnappen und springe aus dem Auto. Wildes Hupen lässt mein Trommelfell schwingen wie ein gespanntes Kuhfell. Ein Lamborghini rast um Haaresbreite an mir vorbei. Ich könnte über das rot glänzende Metall streichen. Der Fahrer sieht ziemlich sauer aus, macht einen Schlenker und tritt aufs Gas. Rolf sieht dem Wagen sehnsuchtsvoll hinterher und beugt sich dann über den Motor des Fiat. Chris wedelt die Dampfschwaden zur Seite.
    »Wann hast du das letzte Mal Kühlwasser nachgefüllt?« Rolf sieht mich von oben herab an wie ein Vater seine siebenjährige Tochter, die den Kaninchenstall mal wieder nicht ausgemistet hat. Ich schaue Rolf an mit einem Blick, der ihn schmelzen lassen soll, mein Tanja-kann-kein-Wässerchen-trüben-Blick. Kühlwässerchen schon gar nicht.
    »Noch nie?«, sage ich kleinlaut und ziehe die Schultern ein wie die junge Diebin, die eine Ohrfeige erwartet. Oder zumindest eine Standpauke.
    »Ich kann das erklären«, sage ich. »Das war immer Marcs Aufgabe.«
    »Zwischen dir und Mr. Macho ist seit fast zwei Jahren Schluss.« Rolf
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